Forschungsinformationssystem des BMVI

zurück Zur Startseite FIS

Praxisbeispiele urbaner Staugebühren

Erstellt am: 18.04.2012 | Stand des Wissens: 25.09.2024

Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics

Viele Großstädte leiden unter einem zu großen Verkehrsaufkommen und den daraus resultierenden Stauproblemen. Um diesen Stauproblemen entgegenzuwirken, wurde in vielen Städten eine Straßennutzungsgebühr für den Innenstadtbereich eingeführt. Beispielsweise wurde in Städten wie Durham (Nordengland), Göteborg, London, Oslo, Singapur oder Stockholm eine Straßennutzungsgebühr für den Innenstadtbereich implementiert [Samme12].
Als zwei Beispiele mit positiven Erfahrungen gelten London und Stockholm. In der Regel soll die Staugebühr die Verkehrsüberlastung vor allem in den Innenstadtbereichen reduzieren. Mit Einführung der Gebühr reduzierte sich der Verkehr in beiden Städten stärker als erwartet [Miets07]. In norwegischen Städten wie Oslo und Trondheim wurde die Gebühr beispielsweise lediglich zur Generierung von Einnahmen erhoben und hatte nur geringe Auswirkungen auf den Verkehr. Insbesondere verlagerte sich der Verkehr auf die Zeiten außerhalb der bemauteten Zeiten [Miets07; AlBel09; DIW07].

In London erfolgt die Bemautung mit dem sogenannten flächenabhängigen area licensing scheme. In Singapur startete bereits in den 1970er Jahren ein solches Mautsystem [HaRe19, S. 22]. Ein sogenanntes cordon pricing System, bei dem das Ein- und Ausfahren eines bestimmten Gebiets Staugebühren verursacht, gibt es in Stockholm [AlBel09; Miets07]. Oftmals variieren die Gebühren zeitlich, nach Nutzergruppen oder nach Fahrzeugarten. Bei einer zeitlichen Differenzierung fallen die Gebühren in der Regel montags bis freitags an und werden nach Tageszeiten unterschiedlich hoch angesetzt. Des Weiteren können verschiedene Personengruppen unterschiedlich bepreist werden.

In Stockholm änderte sich die Akzeptanz im Zeitablauf zugunsten der Citymaut. Gründe für die gestiegene Akzeptanz waren [Elia14, S. 30f.]:
  1. die tatsächlich geringere finanzielle Belastung als vor Einführung der Maut von der ortsansässigen Bevölkerung befürchtet wurde und
  2. die merklich gestiegene Lebensqualität durch die Verkehrsentlastung.
In London ergaben Umfragen, dass die Wohnbevölkerung der westlichen Gebührenzone zu 86 Prozent gegen die Staugebühr war. Infolgedessen wurde die Gebührenerhebung in diesem Stadtgebiet im Januar 2011 wieder aufgehoben. Oftmals scheiterte die Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr schon vor Einführung an der mangelnden Akzeptanz der Bevölkerung. So scheiterte die Einführung einer Citymaut weltweit bislang in über 20 Städten, darunter New York City, San Francisco, Edinburgh, Manchester, Kopenhagen und Rom [Samme12].
Ansprechperson
M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Erhebung von Staugebühren zum Management knapper Kapazitäten (Stand des Wissens: 26.09.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?388207
Literatur
[AlBel09] Albalate, D.; Bel, G. What Local Policy Makers Should Know about Urban Road. Charging: Lessons from Worldwide Experience, 2009
[DIW07] Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin, Kloas, J.; Voigt, U. Erfolgsfaktoren von City-Maut-Systemen, Ausgabe/Auflage Wochenbericht Nr. 9/2007, 2. Bericht, DIW, Berlin, 2007/09
[Elia14] Jonas Eliasson The Stockholm congestion charges: an overview, Ausgabe/Auflage CTS Working Paper 2014:7, Centre for Transport Studies Stockholm, 2014
[HaRe19] Tobias Hagen, Monika Reining Übersicht über mögliche ökonomische Auswirkungen von City-Mauts, 2019/10/17
[Miets07] Mietsch, F. City-Maut - Internationale Erfahrungen, Perspektiven für Deutschland, Berlin, 2007, ISBN/ISSN 978-3-89892-839-7
[Samme12] Sammer, G. Wirkungen und Risiken einer City-Maut als zentrale Säule eines städtischen Mobilitätskonzepts., 2012
Weiterführende Literatur
[CaKn20] Canzler, Weert, Knie, Andreas Die Citymaut. Neuer Freiraum für die Verkehrspolitik in Zeiten des Wandels, oekom Verlag/München, 2020, ISBN/ISSN 978-3-96238-268-1
Glossar
City Der in der Stadtforschung und im allgemeinen Sprachgebrauch für die Kennzeichnung des Stadtzentrums meist größerer Städte verwendete Begriff City ist nicht eindeutig, da er im Englischen eine völlig andere Bedeutung hat. Im englischen Sprachgebrauch kann der Begriff City für drei verschiedene Varianten stehen:
  1. allgemein für eine Großstadt,
  2. für eine historische Stadt mit Bischofssitz und Kathedrale,
  3. für eine Stadt mit königlicher Urkunde und zeremoniellen Privilegien.
Der deutsch Begriff der City leitet sich aus der frühen Konzentration von Bürofunktionen in der historischen City of London ab, da sich dort bereits im 18. Jahrhundert mit dem aufkommenden und rasch entfaltenden Banken- und Versicherungswesen der neue Typ des Bürohauses herausbildete, der den Prozess der Citybildung enorm beschleunigte. In erster Linie ist City ein Funktionsbegriff. Die City ist der zentralst gelegene Teilraum einer größeren Stadt mit einer räumlichen Konzentration hochrangiger zentraler Funktionen des tertiären und quartären Sektors.
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?388112

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 10:00:07