Kapazitätsengpässe der Schienenwege als Hindernis für den Kombinierten Verkehr
Erstellt am: 30.03.2010 | Stand des Wissens: 06.11.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Der Bundesverkehrswegeplanung 2030 weist im Prognoseszenario eine Steigerung des Transportaufkommens um 18 Prozent und der Transportleistung um 38 Prozent des Güterverkehrs im Vergleich zum Stand im Jahr 2010 auf [BMVI16d]. Bei der Betrachtung des Transportaufkommens auf der Schiene wird eine Steigerung von etwa 24 Prozent im selben Zeitraum erwartet. Zusätzlich wird prognostiziert, dass die Transportleistung durch die wachsenden Transportentfernungen auf der Schiene um 43 Prozent steigen wird [ITP14b, S. 9]. Allerdings geht die Prognose ohne weitere Prüfung davon aus, dass das Schienennetz die notwendigen Kapazitäten zur Verfügung stellen kann.
Trotz der bis 2015 umgesetzten Infrastrukturmaßnahmen auf den wichtigsten europäischen Eisenbahn-Korridoren existieren dort nach wie vor Kapazitätsengpässe [UIC04; GéTe08; PLANCO07a]. Die vom Welteisenbahnverband UIC initiierten Studien identifizieren selbst bei Realisierung aller derzeit geplanten Infrastrukturmaßnahmen Einschränkungen auf den wichtigsten europäischen und deutschen Transportachsen. Diese Infrastrukturknappheit ist unter anderem auf das prognostizierte Wachstum im Containerverkehr zurückzuführen.
Neben der Beseitigung der vorhandenen Infrastrukturengpässe werden folgende Maßnahmen zur Steigerung der Streckenkapazität empfohlen [UIC04; BMBF03; BMVBS08d]:
- Harmonisierung der Geschwindigkeiten von Güter- und Personenzügen,
- Entmischung von Güter- und Personenverkehr auf hoch belasteten Abschnitten,
- Ausweitung der möglichen Zuglänge für Güterzüge,
- Einführung der Leit- und Sicherungstechnik ETCS Level 3 ("Moving Block"),
- Ausweitung des Lichtraumprofils auf den wichtigsten Europäischen Strecken, so dass der Transport von intermodalen Ladeeinheiten ohne Höheneinschränkungen durchgängig möglich wird.
Laut einer Studie im Auftrag des BMVI können nach Winkler et al. [BMVI16s, S. 46f.] hauptsächlich folgende Schienenkorridore mit Engpässen identifiziert werden, die somit Einfluss auf die Durchführung des Kombinierten Verkehrs haben können:
- Nord-Süd-Strecke zwischen Bebra und Würzburg sowie die Verlängerungsstrecken nach Ansbach und über Nürnberg und Passau nach Österreich (Zuordnung zum Skandinavien-Mittelmeer-Korridor)
- Mittelrheinachse-Rhein/Main-Rhein/Neckar mit dem bereits inbegriffenen Mittelrhein-Korridor als Entlastungsstrecke (Zuordnung zum Rhein-Alpen-Korridor)
- Korridor Braunschweig-Magdeburg-Falkenberg (Elster) (Zuordnung zum Nord-Ostsee-Korridor)
- Verbindungskorridor zwischen dem Rhein-Alpen-Korridor und dem Skandinavien-Mittelmeer-Korridor im Bereich Hanau/Fulda/Mottgers/Aschaffenburg/Gemünden
Das BMVI erarbeitete 2017 gemeinsam mit Allianz pro Schiene, BDI, DB AG, DSLV, DVF, kombiverkehr, NEE, SGKV, Wirtschaftsvereinigung Stahl, VDB, VDV und VPI den Masterplan Schienengüterverkehr. Darin werden unter anderen Lösungsansätze vorgestellt, die Kapazitätseinschränkungen im Bereich der Automatisierung, der Digitalisierung und des Zugangs zur Schiene abbauen sollen [BMVI17j].