Forschungsinformationssystem des BMVI

zurück Zur Startseite FIS

Rechtliche Rahmenbedingungen im Kontext des Verkehrsmanagements

Erstellt am: 22.09.2004 | Stand des Wissens: 28.10.2024

Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky

Die sachlichen Zuständigkeiten und die Konzeption einer Organisationsstruktur im Rahmen des Verkehrsmanagements sind in Deutschland größtenteils über den gültigen Rechtsrahmen (Bund, Länder) geregelt. Artikel 90 Grundgesetz [GG14] sieht folgende Verteilung vor:
  1. Der Bund bleibt Eigentümer der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs. Das Eigentum ist unveräußerlich.
  2. Die Verwaltung der Bundesautobahnen wird in Bundesverwaltung geführt. Der Bund kann sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen. Diese Gesellschaft steht im unveräußerlichen Eigentum des Bundes. Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Gesellschaft und deren Tochtergesellschaften ist ausgeschlossen. Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften (Public-Private-Partnerships (PPP)) ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
  3. Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften verwalten die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrage des Bundes
  4. Auf Antrag eines Landes kann der Bund die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs, soweit sie im Gebiet dieses Landes liegen, in Bundesverwaltung übernehmen.

Zum Teil spiegelt diese Reglung jedoch noch nicht die aktuellen Fragestellungen und Probleme im Bezug auf den Einsatz intelligenter Verkehrs- oder Fahrerassistenzsystemen (FAS) wider. Durch Kleinteiligkeit und Föderalismus wurden Insellösungen erzeugt und damit die Errichtung eines ganzheitlichen Verwaltungssystems erschwert. Somit betreibt jedes Bundesland sein eigenes Verkehrsmanagementsystem.

Im Folgenden wird ein Auszug einschlägiger Gesetze und Verordnungen gegeben, auf Länderebene exemplarisch jene für das Land Hessen. Neben dem Beispiel für die Zuständigkeiten in Hessen existieren für fast alle Bundesländer, der Straßenverkehrsordnung (StVO) untergeordnete, Zuständigkeitszuordnungen auf Länderebene. Bezüglich der Inhalte der Vorgaben wird auf die genannten Gesetzestexte verwiesen.

Straßenverkehr
  • Straßenverkehrs-Ordnung [StVO]; legt die Regeln für sämtliche Teilnehmer am Straßenverkehr fest
  • Straßenverkehrsgesetz [StVG]; regelt unter anderem die Zuständigkeit für entstehende Kosten
  • Bundesfernstraßengesetz [FStrG]; regelt die Einteilung der Bundesfernstraßen - Bundesautobahnen und Bundesstraßen mit den Ortsdurchfahrten
  • Hessisches Straßengesetz [HStrG]; regelt die Rechtsverhältnisse der öffentlichen Straßen in Hessen ohne Bundesfernstraßen
  • Verordnung zur Bestimmung von verkehrsrechtlichen Zuständigkeiten [StVRZustV HE 2007]; regelt die verkehrsrechtlichen Zuständigkeiten auf Straßen in Hessen
Für die Einhaltung der oben genannten Gesetze im Straßenverkehr sorgt der Bußgeldkatalog [BKatV] mit zusätzlicher Punktbewertung. Dieser Katalog ahndet Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr durch Geldbußen oder Fahrverbote.

Öffentlicher Personenverkehr
  • Allgemeines Eisenbahngesetz [AEG]; dient der Gewährleistung eines sicheren Betriebs und eines attraktiven Verkehrsangebotes auf der Schiene sowie der Sicherstellung eines wirksamen Wettbewerbs
  • Personenbeförderungsgesetz [PBefG]; regelt die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, mit Oberleitungsomnibussen (Obussen) und mit Kraftfahrzeugen
  • Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen [ÖPNVGhe]; regelt die Rahmenbedingungen für die Planung, Organisation und Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs in Hessen.
    Weitere wichtige Vorgaben im Rahmen des Verkehrsmanagements:
  • Betriebsrelevante Gesetze der Verkehrsträger, zum Beispiel Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung [EBO]; Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen [BOStrab], ecetera
  • Datenschutzrecht / Vorgaben für die Datenüberlassung,zum Beispiel Hessisches Datenschutzgesetz [HDSG]; oder Verordnung [VO (EG) 45/2001]
  • Bundesfernstraßenmautgesetz [BFStrMG11] für schwere Nutzfahrzeuge; regelt die Mauterhebung im Zuge der Benutzung der Bundesautobahnen (-fernstraßen) mit Kraftfahrzeugen oder Fahrzeugkombinationen
  • Bundes-Immissionsschutzgesetz [BImSchG]; mit rechtlich bindenden Immissionsgrenzwerten zum Beispiel für Luftschadstoffe oder Lärm
  • Raumordnungsgesetz [ROG] und Hessisches Landesplanungsgesetz [HLPG]; mit verkehrspolitischen Leitbilder
  •  Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz [GVFG]; zur Finanzierung von Telematikdiensten müsstengegebenenfalls bestehende Förderrichtlinien angepasst werden
  • Rahmenrichtlinie für den Verkehrswarndienst [RVWD]; beschreibt die Aufgaben des Verkehrswarndienstes im Rahmen des Straßenverkehrs.
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Sicherung der Mobilität durch Verkehrsmanagement (Stand des Wissens: 22.10.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?33546
Weiterführende Literatur
[SchCl04] Schmidt-Clausen, Riclef Verkehrstelematik im internationalen Vergleich - Folgerungen für die deutsche Verkehrspolitik, veröffentlicht in Europäische Hochschulschriften - Reihe V, Volks- und Betriebswirtschaft, Ausgabe/Auflage Bd. 3080, Peter Lang GmbH Europäischer Verlag der Wissenschaften Frankfurt/Main, 2004, ISBN/ISSN 3-631-52838-8
[KeKä01] Keller, Hartmut, Prof. Dr./UCB, Kämpf, Klaus Wirkungspotentiale der Verkehrstelematik zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur- und Verkehrsmittelnutzung, Prognos AG, Basel, 2001/07
[AEG] Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)
[BFStrMG11] Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG)
[BImSchG] Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)
[BKatV] Verordnung über die Erteilung einer Verwarnung, Regelsätze für Geldbußen und die Anordnung eines Fahrverbots wegen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr (Bußgeldkatalog-Verordnung)
[BOStrab] Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung - BOStrab)
[EBO] Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO)
[FStrG] Bundesfernstraßengesetz (FStrG)
[GG14] Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
[GVFG] Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG)
[HDSG] Hessisches Datenschutzgesetz
[HLPG] Hessisches Landesplanungsgesetz
[HStrG] Hessisches Straßengesetz
[ÖPNVGhe] Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen
[PBefG] Personenbeförderungsgesetz (PBefG)
[ROG] Raumordnungsgesetz (ROG)
[RVWD] Richtlinie für den Verkehrswarndienst
[StVG] Straßenverkehrsgesetz (StVG)
[StVO] Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)
[StVRZustV HE 2007] Verordnung zur Bestimmung von verkehrsrechtlichen Zuständigkeiten
[VO (EG) 45/2001] Verordnung (EG) Nr. 45/2001
Glossar
Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) ist eine Verordnung für den Bau und Betrieb regelspuriger Eisenbahnen in Deutschland. Sie gilt nicht für den Bau, den Betrieb oder die Benutzung der Bahnanlagen eines nichtöffentlichen Eisenbahninfrastrukturunternehmens.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Personenbeförderungsgesetz
Das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) regelt die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Oberleitungsbussen (Obussen) oder Kraftfahrzeugen im Linien- und Gelegenheitsverkehr. Die Novelle des PBefG schafft einen Rechtsrahmen für neue digitale Mobilitätsangebote und berücksichtigt stärker die Belange des Klimaschutzes, der Verkehrseffizienz und die Erreichbarkeit im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse. Des Weiteren sind im PBefG Vorgaben zur Wahrung von sozialen Standards zugunsten der Beschäftigten verankert.
StVO Die Straßenverkehrsordnung  legt Regeln für sämtliche Straßenverkehrsteilnehmer fest und bildet somit eine Rechtsverordnung der Bundesrepublik Deutschland.
Allgemeines Eisenbahngesetz
Das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) regelt eine Vielzahl von Einzelheiten des öffentlichen Eisenbahnverkehrs und gilt für Eisenbahnen, nicht jedoch für Magnetschwebebahnen, Straßenbahnen und die nach ihrer Bau- oder Betriebsweise ähnlichen Bahnen (zum Beispiel Bergbahnen).
PPP Public Private Partnership beschreibt Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen. Normalerweise findet diese über eine Kapitalverflechtung bei den auszuführenden Projekten statt. Eine Gewinnerzielung ist durchaus erwünscht, um Anreize für das private Unternehmen zu schaffen.
FAS Fahrerassistenzsysteme (FAS; engl.: Advanced driver assistence system (ADAS)) sind technische Ausstattungen im Fahrzeug, welche das Ziel haben, die Sicherheit, die Leistungsfähigkeit des Straßenverkehrs oder den Komfort des Fahrzeugführers zu verbessern. Dazu wird durch Informationen oder Warnungen auf den Fahrer Einfluss genommen oder den Willen des Fahrers unterstellend durch Interventionen in das Fahrzeugverhalten eingegriffen. Dabei kann auch Telematik zum Einsatz kommen.
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz
Das 1971 in Kraft getretene Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) regelt die Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden. Gefördert werden verschiedene Baumaßnahmen von Bahnen (besonders Eisenbahnen, Straßenbahnen, Hoch- und Untergrundbahnen), wobei diese dem öffentlichen Personennahverkehr dienen müssen. Voraussetzung für die Förderung ist vor allem ein Kosten-Nutzen-Faktor über 1,0 im Rahmen der Standardisierten Bewertung.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?109173

Gedruckt am Samstag, 22. Februar 2025 10:04:40