Grenzüberschreitender Schienenverkehr aus Sicht der Verkehrssicherheit
Erstellt am: 28.11.2003 | Stand des Wissens: 05.03.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Das europäische Eisenbahnsystem stellt zurzeit ein aus nationalen Schienennetzen zusammengesetztes Konstrukt dar, dessen Schnittstellen geprägt sind von technischen, betrieblichen und organisatorischen Inkompatibilitäten. Die historisch gewachsene, isolierte nationale Ausrichtung der einzelnen Bahnsysteme ist zurückzuführen auf die lange andauernde Dominanz von Staatsbahnen in Europa, die sich noch vor etwa zwei Jahrzehnten fast ausschließlich auf den eigenen nationalen Markt konzentrierten und dabei für sämtliche Prozesse und Ressourcen im Zusammenhang mit der Güter- und Personenbeförderung zuständig waren. [Pach00, S. 725; ScMi04, S. 832] Auch im Bereich der Sicherheit zeigt sich die historisch weitgehend unabhängig voneinander verlaufende Entwicklung der nationalen Bahnsysteme. So entstanden die jeweiligen Sicherheitsphilosophien auf Basis regionaler Erfahrungen, weshalb sich die daraus resultierenden Sicherheitskonzepte sowohl in ihrem Ansatz als auch in ihren Zielen und der Methodik unterscheiden. [Hods02, S. 686; EUKOM03ae, S. 8 ff.; ScMi04, S. 832]
Die Europäische Eisenbahnagentur (ERA) mit Standorten in Lille und Valenciennes, Frankreich, wurde gegründet, um die Interoperabilität und Sicherheit des Eisenbahnnetzes in der europäischen Union (EU) zu verbessern. Obwohl die Agentur selbst keine Entscheidungsbefugnisse hat, spielt sie eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Vorschlägen für die EU-Kommission bezüglich des europäischen Eisenbahnnetzes und gemeinsamer Sicherheitsziele. Gemäß der Verordnung (EU) [2016/796/EU] ist die ERA nun die einzige Behörde, die Fahrzeuggenehmigungen und einheitliche Sicherheitsbescheinigungen für grenzüberschreitend tätige Eisenbahnunternehmen erteilen darf. Ihr Ziel ist es, einen einheitlichen europäischen Eisenbahnraum zu schaffen, die Sicherheit und Interoperabilität zu gewährleisten und die Wettbewerbsfähigkeit der Eisenbahn zu verbessern.
So soll ein Europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystems (ERTMS) eingeführt werden, welches die unterschiedlichen Signalgebungssysteme im europäischen Schienenverkehr durch ein einheitliches System ersetzt [EuRe17]. Gemäß des Europäische Rechnungshofs liegt die vollständige Einführung des ERTMS im Kernnetz hinter dem Zeitplan und wird voraussichtlich nicht bis 2030 abgeschlossen sein. Dies ist hauptsächlich auf mangelnde Koordination zwischen den Mitgliedstaaten zurückzuführen. Als Reaktion darauf hat der Rechnungshof Empfehlungen zur Behebung dieser Probleme herausgegeben.