Forschungsinformationssystem des BMVI

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Informationsdienstleistungen im Rahmen des Verkehrsmanagements

Erstellt am: 25.10.2004 | Stand des Wissens: 24.10.2024

Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky

Über diverse Medien (Internet, Telefon, Radio, Informationspunkte) ist es möglich Informationen über die aktuelle Verkehrslage, aber auch Witterung und Zustände der Infrastruktur (Glätte, Fahrbahnzustand) zu erhalten, mit dem Ziel, dass der Nutzer seine zeitliche, räumliche oder modale Entscheidung entsprechend der aktuellen Lage anpasst.
Informationen über den Verkehrsablauf besitzen einen aktuellen (dynamischen) Bezug und üben im Gegensatz zu verkehrssteuernden Maßnahmen keinen Zwang auf die Verkehrsteilnehmer aus. Vielmehr beschreiben sie in der Regel lediglich Verkehrsstörungen und stellen es dem Nutzer frei, sein Verhalten entsprechend der Verkehrssituation anzupassen.
Informationen im Vorfeld der Fahrt (Pre-Trip) können dabei zeitliche, räumliche oder modale Verlagerungen oder sogar das Unterlassen dieser Fahrt bewirken.
Diese Informationen werden für den motorisierten Individualverkehr (MIV) heute üblicherweise über das Internet bereitgestellt. Beispiele sind hierfür:
  • Darstellung der aktuellen Verkehrslage: Bereitstellung der Verkehrsmeldungstexte, teilweise unterstützt durch eine Kartendarstellung mit Piktogrammen für Baustellen, Stau und anderes.
  • Multimediale Bereitstellung von Informationen zu Verkehrslage, Witterung, Zustand der Infrastruktur: Über diverse Medien (Internet, Telefon, Radio, Informationspunkte) ist es möglich Informationen über die aktuelle Verkehrslage, aber auch Witterung und Zustände der Infrastruktur (Glätte, Fahrbahnzustand) zu erhalten, mit dem Ziel, dass der Nutzer seine zeitliche, räumliche oder modale Entscheidung entsprechend der aktuellen Lage anpasst.
  • Übersicht der Baustellen auf Bundesautobahnen, zum Beispiel Baustelleninformationssystem auf der Internetseite des Bundesverkehrsministeriums.
  • Darstellung der prognostizierten Verkehrslage: Darstellung des voraussichtlichen Verkehrszustands um eine bestimmte Tageszeit auf Basis historischer Verkehrsdaten.
Informationen während der Fahrt (On-trip) können beim Verkehrsteilnehmer durch das Verändern der Routenwahl eine räumliche Verlagerung oder durch den Wechsel des Verkehrsmittels (zum Beispiel an Park und Ride-Anlagen) eine modale Verlagerung auslösen. Informationen für Nutzende des MIV während der Fahrt zur aktuellen Verkehrslage, zum Teil mit Umleitungsempfehlungen sind in der Regel erhältlich über:
  • Gesprochener Verkehrsfunk (meist nur halbstündlich im Rahmen des Radioprogramms)
  • Kontinuierliche Information über den digitalen Verkehrsfunk (zum Beispiel RDS/TMC), welcher beispielsweise von individuellen Navigationsgeräten für die Optimierung der Routenführung genutzt wird
  • Verkehrsinformationen auf Mobilfunkgeräte (SMS oder über Zugriff auf das Internet, unter anderem auch durch anonymisierte Daten von Smartphones) - diese sollten jedoch vom Fahrer während der Fahrt nicht benutzt werden
  • Straßenseitige, dynamische Anzeigen, wie Streckenbeeinflussungsanlagen (SBA) oder dynamische Wegweiser mit integrierten Stauinformationen (dWiSta) [BoDi12].

Auch ohne direkte Auswirkungen auf das Verkehrsverhalten erzielen zu müssen, besitzen Informationen über den Verkehrsablauf für den Verkehrsteilnehmer oftmals eine komfortsteigernde, stressreduzierende Wirkung [SchCl04].

Auch im öffentlichen Verkehr (ÖV) sind Informationen über den Verkehrsablauf heutzutage üblicherweise über das Internet abrufbar. Zusammen mit den Fahrgastinformationstafeln an Haltestellen und in den Bussen/Zügen handelt es sich dabei um die dynamische Fahrgastinformation für die Kunden des öffentlichen Verkehrs. Diese sollte folgende Aufgaben erfüllen [VDV7035]:
  • vorhandene statische Informationen in Fahrzeugen, an Haltestellen und in den Zugangsbereichen zu ergänzen und dem Fahrgast so eine kontinuierliche Information zur Reisebegleitung zur Verfügung zu stellen,
  • möglichst in Echtzeit über die nächsten Abfahrten, das Fahrziel, die Zwischenziele, besondere Betriebssituationen und besondere Verkehrsangebote zu informieren,
  • durch frühzeitige Hinweise vorab Informationen auf vorhersehbare und unerwartete Unregelmäßigkeiten, Umleitungsempfehlungen und zusätzliche Verkehrsangebote zu geben (Fahrgastlenkung) und
  • Anschlussinformationen für die Fahrgäste und das Fahrpersonal zu übermitteln.

Die Inhalte und die Art der Bereitstellung von dynamischen Informationen unterscheiden sich gegenwärtig noch erheblich zwischen den einzelnen Verkehrsbetrieben/-verbünden und Dienstanbietern.
Für eine bessere Koordination der Informationsbereitstellung bei den einzelnen Verkehrsbetrieben und -verbünden ist mit der Durchgängigen Elektronischen Fahrplaninformation DELFI eine bundesweite, gemeinsame Fahrgastinformationsplattform erstellt worden. Ab August 2024 werden die hier gebündelten Daten zusätzlich auf der vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr geschaffenen Mobilitätsdatenplattform mobilithek veröffentlicht [DELF12]. Mit der Entwicklung einer einheitlichen Referenzarchitektur für Intelligente Verkehrssysteme im öffentlichen Verkehr soll sichergestellt werden, dass die Bereitstellung von Informationen auf einem maximalen Qualitätsniveau ermöglicht wird, indem qualitätsgesicherte Daten den Diensteanbietern zur Verfügung gestellt werden [Kies13].
Grundvoraussetzung für die Bereitstellung aktueller Informationen über das Angebot des Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sind Echtzeitdaten und entsprechende Kommunikationseinrichtungen zur Informationsübermittlung an den Fahrgast sowie zu Fahrer und Leitstelle.
Eine dynamische Fahrgastinformation besteht grundsätzlich aus mehreren Komponenten, die Informationen zusammenstellen, auswerten und präsentieren. Aufgrund der hohen Komplexität der Anforderungen (Information über Fahrpläne, Streckenführung, aktuelle Fahrzeugbewegungen, verkehrsträgerübergreifende Umstiegsinformationen) werden hochentwickelte computergestützte Leitsysteme benötigt, die folgende Komponenten enthalten [Vier15]:
  • Bedienung: Das Personal muss in der Lage sein, aktuelle Informationen (Ausfälle, Fahrplanänderungen) zeitnah in das System einzupflegen
  • Datenerfassung: Diese Komponente sammelt alle benötigten Informationen (aktuelle Fahrzeugbewegung, aktualisierte Fahrplandaten), die für die Weiterverarbeitung benötigt werden
  • Datenverarbeitung: Die zu präsentierenden Informationen werden aus den gesammelten Informationen und Parametern extrahiert bzw. berechnet
  • Datenübertragung: Damit die Informationen zu allen Haltestellen, Fahrzeugen und Endgeräten übertragen werden können, benötigt es ein vielseitiges Netzwerk aus kabelgebundenen Trägern (elektrische oder optische Kabelwege) oder Funknetzen
  • Präsentation: Die Bereitstellung der Informationen erfolgt sehr vielseitig und reicht von elektronischen Anzeigetafeln, über akustische Durchsagen, bis hin zu Webseiten, Telefonansagen und Applikationen

Da sowohl die Fahrgastinformationssysteme des ÖPNV, als auch die Informationssysteme des MIV auch untereinander (Multimodale Mobilität) - immer vernetzter werden, ergibt sich daraus die Notwendigkeit nach standardisierten Schnittstellen, die mittlerweile viele Bereiche der Leitsysteme, Auskunft und Fahrgastinformation umfassen. Das BMDV hat daher eine Datenplattform - die mobilithek zum Austausch digitaler Informationen von Mobilitätsanbietern, Infrastrukturbetreibern und Verkehrsbehörden sowie Informationsanbietern, gegründet. Ziel ist es in der mobilithek alle mobilitätsrelevanten Daten Deutschlands zusammenzutragen und allen Nutzenden die Daten in Echtzeit zur Verfügung zu stellen [BMDV23r].
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Verkehrsträgerspezifische Maßnahmen und Instrumente des Verkehrsmanagements (Stand des Wissens: 22.10.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?33559
Literatur
[BMDV23r] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Faktenblatt Mobilithek, 2023/06/28
[BoDi12] Bogenberger Klaus, Dinkel Alexander, Totzke Ingo, Naujoks Frederik, Mühlbacher Dominik Sicherheitswirkungen von Verkehrsinformationen, veröffentlicht in Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Unterreihe Fahrzeugsicherheit, Ausgabe/Auflage F 84, Mai 2012, Wirtschaftsverlag NW/Bremerhaven, 2012/05
[DELF12] Deutsche Bahn AG Konzern, Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH DELFI: Durchgängige ELektronische FahrgastInformation, 2012
[Kies13] Wolfgang Kieslich, Hanfried Albrecht, Alexander Dinkel, Tobias Henninger, Dr.-Ing. Martian Rose, Michael Weber Entwicklung einer ÖV-IVS-Rahmenarchitektur in Deutschland unter Einbindung Europäischer IVS-Richtlinien mit ÖV-Relevanz, 2014/03
[SchCl04] Schmidt-Clausen, Riclef Verkehrstelematik im internationalen Vergleich - Folgerungen für die deutsche Verkehrspolitik, veröffentlicht in Europäische Hochschulschriften - Reihe V, Volks- und Betriebswirtschaft, Ausgabe/Auflage Bd. 3080, Peter Lang GmbH Europäischer Verlag der Wissenschaften Frankfurt/Main, 2004, ISBN/ISSN 3-631-52838-8
[VDV7035] VDV, BMWI (Hrsg.) VDV-Mitteilung 7035 Nutzerorientierte Gestaltungsprinzipien für mobile Fahrgastinformation, 2014/09
[Vier15] Viergutz, Kathrin Strategie für die Echtzeitdaten-Fahrgastinformation der RNV Rhein-Neckar-Verkehr GmbH, 2015/10/02
Glossar
ÖV
Der öffentliche Verkehr (ÖV) ist sowohl im Personen-, Güter- sowie Nachrichtenverkehr für jeden Nutzer in einer Volkswirtschaft öffentlich zugänglich. Dazu zählen sowohl die öffentliche Personenbeförderung, der öffentliche Gütertransport als auch die öffentlichen Telekommunikations- und Postdienste. Der ÖV wird dabei von Verkehrsunternehmen nach festgelegten Routen, Preisen und Zeiten durchgeführt. Der ÖV ist somit im Gegensatz zum Individualverkehr (IV) örtlich und zeitlich gebunden.
Vor dem Hintergrund der verkehrspolitisch geförderten Multimodalität wird der ÖV zunehmend breiter definiert, indem auch alternative Bedienformen, Taxen bis hin zu öffentlichen Fahrrädern und öffentlichen Autos als Teil eines neuen individualisierten ÖV gesehen werden.
Motorisierter Individualverkehr Als motorisierter Individualverkehr (MIV) wird die Nutzung von Pkw und Krafträdern im Personenverkehr bezeichnet. Der MIV, als eine Art des Individualverkehrs (IV), eignet sich besonders für größere Distanzen und alle Arten von Quelle-Ziel-Beziehungen, da dieser zeitlich als auch räumlich eine hohe Verfügbarkeit aufweist. Verkehrsmittel des MIV werden von einer einzelnen Person oder einem beschränkten Personenkreis eingesetzt. Der Nutzer ist bezüglich der Bestimmung von Fahrweg, Ziel und Zeit frei (örtliche, zeitliche Ungebundenheit des MIV).
ITS Intelligent Transportation Systems (ITS) ist der Oberbegriff für Transportsysteme, die Informations- und Kommunikationstechnologie zur Unterstützung des Betriebes einsetzen. ITS-Funktionen unterstützen den Fahrer eines Transportmittels, sie sind damit deutlich von automatischen Transportsystemen zu differenzieren, die auf einen fahrerlosen Betrieb abstellen. Die wichtigsten neuen und zum Teil noch in Entwicklung befindlichen Anwendungsfelder zielen auf (1) Verkehrs- und Transportmanagement (Verkehrsinformationen, Verkehrslenkung, Verkehrs- und Parkleitsysteme, automatische Unfallmeldungen, Meldesysteme zum Gefahrgutmonitoring); (2) Elektronische Systeme zur Gebührenerhebung; (3) Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel (dynamische Fahrgastinformationen, Reservierung, spezifische Informationssysteme für Fahrradfahrer und Fußgänger, Steuerung individueller öffentlicher Verkehrsmittel); (4) Systeme zur Unterstützung der Fahrzeugsicherheit (Kollisionsdetektoren, Sektorisierung von Verkehrswegen).
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Radio Data System Radio Data System (RDS) ist ein Verkehrsinformationsdienst, welcher mehrere Kanäle für Zusatzinformationen zu den jeweiligen Radioprogrammen zur Verfügung stellt. Der sog. Traffic Message Channel (TMC) überträgt bspw. mit Hilfe von RDS nach einem spezifischen Protokoll digital codierte Verkehrsinformationen, die im Radiodisplay angezeigt werden. Durch Nutzung einer entsprechenden Chipkarte wird eine Sprachunabhängigkeit erreicht, d. h. die Informationen werden unabhängig vom augenblicklichen Aufenthaltsort in der Sprache des jeweiligen Benutzers dargestellt.
Traffic Message Channel Traffic Message Channel (TMC) ist ein Verkehrsinformationsdienst, welcher auf Radio Data System (RDS) beruht, das mehrere Kanäle für Zusatzinformationen zu den jeweiligen Radioprogrammen zur Verfügung stellt. TMC überträgt nach einem spezifischen Protokoll digital codierte Verkehrsinformationen, die im Radiodisplay angezeigt werden. Die Nutzung von TMC ist sprachunabhängig, das heißt die Informationen werden unabhängig vom augenblicklichen Aufenthaltsort in der Sprache des jeweiligen Benutzers dargestellt.
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?116963

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 15:54:29