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Beschleunigung des ÖPNV als Mittel des Verkehrsmanagements

Erstellt am: 12.02.2004 | Stand des Wissens: 28.10.2024

Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky

Maßgebliche Ziele von Beschleunigungsmaßnahmen im Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) sind die Erhöhung der Reisegeschwindigkeit und die Harmonisierung von Fahrtabläufe. Dies soll zu einer Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Verkehrs (ÖV) beitragen, welche sich modal verkehrsverlagernd auf das gesamte Verkehrssystem auswirken soll. Als Ziele der Maßnahmen sind zu nennen [FGSV99]:
  • Erhöhung der Pünktlichkeit,
  • Verbesserung der Regelmäßigkeit,
  • Erhöhung des Fahrkomforts (Annehmlichkeit),
  • Verbesserung der Erreichbarkeit,
  • Steigerung der Wirtschaftlichkeit.
Störeinflüsse auf den Betriebsablauf des ÖPNV beziehungsweise vermeidbar lange Reisezeiten können unterschiedliche Ursachen haben. [FGSV99] differenziert dabei zwischen den Komponenten:
  • Betrieb (Netzgestaltung, Fahrplan, Fahrzeuge),
  • Haltestellen (Lage, Gestaltung, Verkehrsorganisation),
  • freie Strecke (Fahrweg, Verkehrsführung, Verkehrsorganisation, Verkehrsablauf),
  • Knotenpunkte ohne Lichtsignalanlage (LSA) (Gestaltung, Verkehrsorganisation, Verkehrsablauf) und
  • Knotenpunkte mit LSA (Gestaltung, Verkehrssteuerung, Verkehrsablauf).
Anhand von Messfahrten zweier Buslinien in Berlin hat [Hoff03] auftretende Störungen und Verlustzeiten lokalisiert. Dabei konnte festgestellt werden, dass Behinderungen an LSA üblicherweise über die Hälfte aller Reisezeitverluste verursachen. Damit stehen Maßnahmen zur Beschleunigung des ÖPNV an signalisierten Knotenpunkten im besonderen Fokus. [Hoff03] verweist darauf, dass Maßnahmen zum Abbau einzelner Behinderungen ineinandergreifen und möglichst die Gesamtsituation in einem räumlichen Bereich berücksichtigen müssen - unter Beachtung der Belange aller Verkehrsteilnehmer.
Der Planungsablauf von Beschleunigungsmaßnahmen erstreckt sich über die folgenden fünf Stufen [FGSV99, Hoff03]:
  • Vorbereitung: Entscheidung über Durchführung, Abgrenzung, Finanzierung, Projektmanagement
  • Analyse: Bestandsaufnahme, Reisezeitmessungen, Behinderungsanalyse, begleitend Verkehrserfassungen, Schwachstellenanalyse
  • Maßnahmenkonzeption: Ziele, Bewertungskriterien, Abstimmung mit Beteiligten, Entwurf, Kosten, Wirkungsprognosen, Beschlüsse, Förderanträge
  • Umsetzung: Ausführungsplanung, Zeitplanung, Abstimmung, Anordnung, Vergabeverfahren, Ausführung, Abnahme
  • Systempflege: Nachher-Untersuchungen, Anpassung und Optimierung, Effizienzkontrolle, laufende Datenerfassung, Pflege und Weiterentwicklung
Um die Pünktlichkeit und Leistungsfähigkeit des ÖPNV zu erhöhen, besteht die Möglichkeit der ÖPNV-Beschleunigung. Dies geschieht zumeist durch Bevorrechtigung des ÖPNV an Lichtsignalanlagen, sodass Busse und Bahnen schnellere Durchlaufzeiten und höhere Fahrplantreue erreichen und somit die Attraktivität des Angebots steigt. Zudem verkürzen gesondert ausgewiesene Busspuren die Reisezeiten der Busse und verhindern, dass diese durch den gestauten motorisierten Individualverkehr (MIV) blockiert werden.
So sind Beschleunigungsmaßnahmen durch den Einsatz von Telematik beispielsweise die Freigabeanforderung an signalgesteuerten Knotenpunkten sowie die Anschlusssicherung im ÖPNV. Ein Eingriff in die Signalsteuerung setzt flexible Steuerungsverfahren und geeignete Detektions-/Kommunikationssysteme voraus. Es sind jene Steuerungsverfahren am besten geeignet, bei denen eine möglichst große Zahl von Signalprogrammparametern (Freigabezeit, Phasenzahl, Phasenfolge, Umlaufzeit) online gebildet werden können. Als Anforderungssysteme kommen vor allem Bakensysteme (mit Leitung oder Funk), aber auch induktive Systeme zum Einsatz [FGSV99].

Die Thematik der Beschleunigung des ÖPNV wird mit dem Fokus auf weitere Gesichtspunkte auch in der Wissenslandkarte "Beschleunigung des ÖPNV" behandelt.
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Verkehrsträgerübergreifende Maßnahmen und Instrumente des Verkehrsmanagements (Stand des Wissens: 22.10.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?33575
Literatur
[FGSV99] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. (Hrsg.) Merkblatt für Maßnahmen zur Beschleunigung des öffentlichen Personennahverkehrs mit Straßenbahnen und Bussen, Ausgabe/Auflage FGSV-Nr. 114, FGSV Verlag, Köln, 1999
[Hoff03] Hoffmann, Jürgen Busbeschleunigung aus Sicht des Planungsingenieurs - Systematische Umsetzung von Maßnahmenpaketen im Zuge eines umfangreichen Beschleunigungsprogramms, veröffentlicht in Der Nahverkehr, Ausgabe/Auflage 9/2003, Alba Fachverlag, Düsseldorf, 2003, ISBN/ISSN 0722-8287
Glossar
ÖV
Der öffentliche Verkehr (ÖV) ist sowohl im Personen-, Güter- sowie Nachrichtenverkehr für jeden Nutzer in einer Volkswirtschaft öffentlich zugänglich. Dazu zählen sowohl die öffentliche Personenbeförderung, der öffentliche Gütertransport als auch die öffentlichen Telekommunikations- und Postdienste. Der ÖV wird dabei von Verkehrsunternehmen nach festgelegten Routen, Preisen und Zeiten durchgeführt. Der ÖV ist somit im Gegensatz zum Individualverkehr (IV) örtlich und zeitlich gebunden.
Vor dem Hintergrund der verkehrspolitisch geförderten Multimodalität wird der ÖV zunehmend breiter definiert, indem auch alternative Bedienformen, Taxen bis hin zu öffentlichen Fahrrädern und öffentlichen Autos als Teil eines neuen individualisierten ÖV gesehen werden.
LSA Lichtsignalanlagen LSA (umgangssprachlich: Ampeln) dienen der Steuerung des Straßenverkehrs, indem mittels Lichtsignalen ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer angeordnet wird.
Telematik Der Begriff Telematik ist aus den Worten Telekommunikation und Informatik zusammengesetzt und bezeichnet Technologien, die Datenverarbeitung und Nachrichtentechnik miteinander verknüpfen.
Motorisierter Individualverkehr Als motorisierter Individualverkehr (MIV) wird die Nutzung von Pkw und Krafträdern im Personenverkehr bezeichnet. Der MIV, als eine Art des Individualverkehrs (IV), eignet sich besonders für größere Distanzen und alle Arten von Quelle-Ziel-Beziehungen, da dieser zeitlich als auch räumlich eine hohe Verfügbarkeit aufweist. Verkehrsmittel des MIV werden von einer einzelnen Person oder einem beschränkten Personenkreis eingesetzt. Der Nutzer ist bezüglich der Bestimmung von Fahrweg, Ziel und Zeit frei (örtliche, zeitliche Ungebundenheit des MIV).
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
LSA Lichtsignalanlagen (LSA) dienen der Steuerung des Straßenverkehrs. Sie ordnen für Verkehrsteilnehmer ein bestimmtes Verhalten an, indem sie gesteuerte Signale abgeben. Umgangssprachlich werden sie auch häufig Ampeln genannt.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?74692

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 09:31:56