Brandgefahr in Flugzeugkabinen
Erstellt am: 11.12.2003 | Stand des Wissens: 15.02.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Die Druckkabine eines Verkehrsflugzeuges ist zum Schutz der Insassen vor der umgebenden Atmosphäre konzipiert. Durch die technologisch und wirtschaftlich begrenzte Anzahl der Türen und Notausstiege kann die Evakuierungszeit unter ungünstigen Verhältnissen (große Rumpflänge, viele Passagiersitze) lebensgefährliche Ausmaße annehmen. Die Gefahren von Brand und Rauchentwicklung potenzieren sich durch den geschlossenen Druckkörper - der Sauerstoffverbrauch eines Feuers hat verglichen mit anderen Verkehrsmitteln oft verheerende Auswirkungen.
Mittlerweile ist das Rauchen an Bord von Flugzeugen auf allen kommerziellen Linienflügen untersagt. Brandgefahr kann in Passagierkabinen daher hauptsächlich durch elektrische Leitungen entstehen. Rauch- und Brandmelder sind auf alle Stationen einen Flugzeugs verteilt. Besonders die Toiletten werden bei den meisten Verkehrsflugzeugen aufgrund der erhöhten Feuergefahr besonders überwacht.
Die Gefahr durch ein Feuer ist insbesondere dann sehr groß, wenn der Brandherd nicht oder nur schwer zu lokalisieren ist und deshalb nicht bekämpft werden kann. Die Früherkennung eines Brandherdes im Flug ist deswegen so wichtig, weil eine Evakuierung erst nach der Landung erfolgen kann. Eine Studie der englischen Zivilluftfahrtbehörde stellt fest, dass der Zeitraum zwischen dem Bemerken eines Brandes und der Unüberlebbarkeit (durch tödliche Verletzungen, Rauchvergiftungen, et cetera) im Bereich von 20 Minuten liegt [CAA02a, S. 7]. Kann der Brand nicht kontrolliert beziehungsweise eingedämmt werden, ist nach kurzer Zeit mit einem Kontrollverlust über die Maschine zu rechnen und die Überlebenschancen sind entsprechend gering [FSF01].
Die verheerenden Katastrophen der Fluglinien Valujet und Swissair haben zu einer Neubewertung des Risikos geführt.
So führte bei dem Swissair Flug 111 (MD-11) ein fehlerhaftes Kabel des Inflight-Entertainment Systems zu einem Brand, welcher zunächst durch ein nicht ausreichend feuerfestes Dämmmaterial beschleunigt und anschließend zu spät von der Besatzung bemerkt wurde. Somit blieb der Besatzung zu wenig Zeit um das Flugzeug sicher zu landen [TSBC03].
Der katastrophale Flugverlauf von Valujet 592 wurde durch eine nicht ausreichend gesicherte Ladung verursacht. Dabei handelte es sich um alte Sauerstoffkerzen, welche normalerweise dazu dienen Sauerstoff für Passagiere im Fall eines Druckabfalls in der Kabine zu produzieren (die dabei stattfindende chemische Reaktion kann die Kerze auf bis zu 300°C erhitzen). Durch eben jene unzureichende Ladungssicherung wurden einige dieser Sauerstoffkerzen aktiviert, was schließlich zu einem Kabinenbrand führte, welcher den Absturz der Douglas DC-9 zur Folge hatte [NTSB97].
Einige Flugzeughersteller sehen Handlungsbedarf, die Sicherheitsmaßnahmen auf diesem Gebiet zu verbessern [Schm01a]. Über die rechtlichen Mindestanforderungen hinausgehend werden heute Feuerwarnsysteme im Avionikraum, in Schlafkabinen für Besatzungsmitglieder oder bei Inflight-Entertainment Anlagen eingebaut. Verbesserungsbedarf wird bei der Unbrennbarkeit von thermisch-akustischen Isoliermaterialien gesehen, da somit die Ausbreitung erschwert wird. Eine Studie der englischen Luftfahrtbehörde CAA [CAA03a] untersuchte den Einsatz von neuen Brandbekämpfungssystemen, vergleichbar mit einer Sprinkleranlage in der Flugzeugkabine. Eine verbesserte Durchbrennsicherheit der Flugzeugstruktur hilft ebenfalls die Gefahr durch externe Brandherde (beispielsweise am Triebwerk) zu mindern [CAA03a].
Feuerlöschanlagen (Fire suppression System)
Zur Bekämpfung von Bränden im Frachtraum von Flugzeugen kam bis Ende der 1990er Jahre das hoch wirksame aber für Mensch und Umwelt nicht ungefährliche Halon 1301 zur Verwendung. Obwohl der Luftverkehr als hoch sicherheitskritische Technologie vom Generalausstieg nach EU-Verordnung per Sonderausnahme nicht dazu verpflichtet ist, suchen die Hersteller nach einem geeigneten Alternativsystem, welches weder durch Kosten oder Gewichtserhöhung Nachteile bringt. Untersucht werden Brandbekämpfungsmittel auf Basis von Stickstoff.
Störlichtbogenfehler in Flugzeugkabeln
Für die elektrischen Systeme zur Energieversorgung und Informationsübertragung sind in einem modernen Transportflugzeug elektrische Kabel mit einer Gesamtlänge von mehreren Kilometern verlegt. Diese Kabel sind empfindlich bezüglich mechanisch dynamischer Belastung, oxidativer Korrosion und Altersermüdung mit zunehmend porösen und spröden Materialverhalten. Fehler bei der Erstinstallation der Kabel, unsachgemäße Behandlung bei Wartungsarbeiten sowie Umgebungseinflüsse können die Isolierung der Kabel angreifen und strukturell beschädigen. Die Folge kann ein Kurzschluss mit der Zündung eines Störlichtbogens zwischen benachbarten Leitern des Kabels sein.
Dieser Störlichtbogen, in der englischen Fachsprache auch als "Arc Tracking" bezeichnet, kann zu Bränden führen. Ein bekanntes Beispiel für einen Unfall, der durch die Bildung von Störlichtbögen und folgende Kabelbrände mitverursacht wurde, ist der Absturz eines Swissair-Flugzeuges vom Typ MD-11 in Kanada 1998 [TSB03; S. 233ff.].
Um derartige Unfälle zu vermeiden, war eine Weiterentwicklung der Materialien zur Kabelisolierung erforderlich. Weiterhin benötigen die Zulassungsbehörden geeignete Prüfverfahren, um solche Isoliermaterialien zertifizieren zu können. Zu diesem Zweck hat das BMVBW (Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen) ein Forschungsvorhaben beauftragt, dessen Ergebnis im Sommer 2003 vorgelegt wurde [WaHö03]. Kern des Ergebnisses ist ein innovatives Prüfverfahren, das die während des Flugbetriebes vorherrschenden Einflüsse (geringer Luftdruck, Wechselspannung mit 400 Hz) mit berücksichtigen kann. Das Prüfverfahren basiert auf Erkenntnissen zur Wirkung von Störlichtbögen auf Kunststoffen [Kalt99] sowie Untersuchungen an Kabeln für die Raumfahrt [Hans00]. Mit dem neuen Verfahren können Kabel unter realistischen Bedingungen im Labor getestet und somit ein Beitrag zur Verbesserung der Flugsicherheit geleistet werden.
Mittlerweile ist das Rauchen an Bord von Flugzeugen auf allen kommerziellen Linienflügen untersagt. Brandgefahr kann in Passagierkabinen daher hauptsächlich durch elektrische Leitungen entstehen. Rauch- und Brandmelder sind auf alle Stationen einen Flugzeugs verteilt. Besonders die Toiletten werden bei den meisten Verkehrsflugzeugen aufgrund der erhöhten Feuergefahr besonders überwacht.
Die Gefahr durch ein Feuer ist insbesondere dann sehr groß, wenn der Brandherd nicht oder nur schwer zu lokalisieren ist und deshalb nicht bekämpft werden kann. Die Früherkennung eines Brandherdes im Flug ist deswegen so wichtig, weil eine Evakuierung erst nach der Landung erfolgen kann. Eine Studie der englischen Zivilluftfahrtbehörde stellt fest, dass der Zeitraum zwischen dem Bemerken eines Brandes und der Unüberlebbarkeit (durch tödliche Verletzungen, Rauchvergiftungen, et cetera) im Bereich von 20 Minuten liegt [CAA02a, S. 7]. Kann der Brand nicht kontrolliert beziehungsweise eingedämmt werden, ist nach kurzer Zeit mit einem Kontrollverlust über die Maschine zu rechnen und die Überlebenschancen sind entsprechend gering [FSF01].
Die verheerenden Katastrophen der Fluglinien Valujet und Swissair haben zu einer Neubewertung des Risikos geführt.
So führte bei dem Swissair Flug 111 (MD-11) ein fehlerhaftes Kabel des Inflight-Entertainment Systems zu einem Brand, welcher zunächst durch ein nicht ausreichend feuerfestes Dämmmaterial beschleunigt und anschließend zu spät von der Besatzung bemerkt wurde. Somit blieb der Besatzung zu wenig Zeit um das Flugzeug sicher zu landen [TSBC03].
Der katastrophale Flugverlauf von Valujet 592 wurde durch eine nicht ausreichend gesicherte Ladung verursacht. Dabei handelte es sich um alte Sauerstoffkerzen, welche normalerweise dazu dienen Sauerstoff für Passagiere im Fall eines Druckabfalls in der Kabine zu produzieren (die dabei stattfindende chemische Reaktion kann die Kerze auf bis zu 300°C erhitzen). Durch eben jene unzureichende Ladungssicherung wurden einige dieser Sauerstoffkerzen aktiviert, was schließlich zu einem Kabinenbrand führte, welcher den Absturz der Douglas DC-9 zur Folge hatte [NTSB97].
Einige Flugzeughersteller sehen Handlungsbedarf, die Sicherheitsmaßnahmen auf diesem Gebiet zu verbessern [Schm01a]. Über die rechtlichen Mindestanforderungen hinausgehend werden heute Feuerwarnsysteme im Avionikraum, in Schlafkabinen für Besatzungsmitglieder oder bei Inflight-Entertainment Anlagen eingebaut. Verbesserungsbedarf wird bei der Unbrennbarkeit von thermisch-akustischen Isoliermaterialien gesehen, da somit die Ausbreitung erschwert wird. Eine Studie der englischen Luftfahrtbehörde CAA [CAA03a] untersuchte den Einsatz von neuen Brandbekämpfungssystemen, vergleichbar mit einer Sprinkleranlage in der Flugzeugkabine. Eine verbesserte Durchbrennsicherheit der Flugzeugstruktur hilft ebenfalls die Gefahr durch externe Brandherde (beispielsweise am Triebwerk) zu mindern [CAA03a].
Feuerlöschanlagen (Fire suppression System)
Zur Bekämpfung von Bränden im Frachtraum von Flugzeugen kam bis Ende der 1990er Jahre das hoch wirksame aber für Mensch und Umwelt nicht ungefährliche Halon 1301 zur Verwendung. Obwohl der Luftverkehr als hoch sicherheitskritische Technologie vom Generalausstieg nach EU-Verordnung per Sonderausnahme nicht dazu verpflichtet ist, suchen die Hersteller nach einem geeigneten Alternativsystem, welches weder durch Kosten oder Gewichtserhöhung Nachteile bringt. Untersucht werden Brandbekämpfungsmittel auf Basis von Stickstoff.
Störlichtbogenfehler in Flugzeugkabeln
Für die elektrischen Systeme zur Energieversorgung und Informationsübertragung sind in einem modernen Transportflugzeug elektrische Kabel mit einer Gesamtlänge von mehreren Kilometern verlegt. Diese Kabel sind empfindlich bezüglich mechanisch dynamischer Belastung, oxidativer Korrosion und Altersermüdung mit zunehmend porösen und spröden Materialverhalten. Fehler bei der Erstinstallation der Kabel, unsachgemäße Behandlung bei Wartungsarbeiten sowie Umgebungseinflüsse können die Isolierung der Kabel angreifen und strukturell beschädigen. Die Folge kann ein Kurzschluss mit der Zündung eines Störlichtbogens zwischen benachbarten Leitern des Kabels sein.
Dieser Störlichtbogen, in der englischen Fachsprache auch als "Arc Tracking" bezeichnet, kann zu Bränden führen. Ein bekanntes Beispiel für einen Unfall, der durch die Bildung von Störlichtbögen und folgende Kabelbrände mitverursacht wurde, ist der Absturz eines Swissair-Flugzeuges vom Typ MD-11 in Kanada 1998 [TSB03; S. 233ff.].
Um derartige Unfälle zu vermeiden, war eine Weiterentwicklung der Materialien zur Kabelisolierung erforderlich. Weiterhin benötigen die Zulassungsbehörden geeignete Prüfverfahren, um solche Isoliermaterialien zertifizieren zu können. Zu diesem Zweck hat das BMVBW (Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen) ein Forschungsvorhaben beauftragt, dessen Ergebnis im Sommer 2003 vorgelegt wurde [WaHö03]. Kern des Ergebnisses ist ein innovatives Prüfverfahren, das die während des Flugbetriebes vorherrschenden Einflüsse (geringer Luftdruck, Wechselspannung mit 400 Hz) mit berücksichtigen kann. Das Prüfverfahren basiert auf Erkenntnissen zur Wirkung von Störlichtbögen auf Kunststoffen [Kalt99] sowie Untersuchungen an Kabeln für die Raumfahrt [Hans00]. Mit dem neuen Verfahren können Kabel unter realistischen Bedingungen im Labor getestet und somit ein Beitrag zur Verbesserung der Flugsicherheit geleistet werden.