Deutsche Ostseehäfen
Erstellt am: 29.10.2003 | Stand des Wissens: 08.11.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Die Häfen der deutschen Ostseeküste sind überwiegend durch den ostseeinternen Fähr- und Ro/Ro-Verkehr und den Umschlag von Massengütern geprägt. 11,4 Prozent des Welthandelsaufkommens (Import und Export) entfallen auf die Ostseeanrainerstaaten [IHKSH24]. Anders als in den Nordseehäfen spielt der Containerverkehr hier eine untergeordnete Rolle. Die wichtigsten deutschen Ostseehäfen sind Rostock und Lübeck. Der Fährhafen Puttgarden bietet über die Ostsee die kürzeste Verbindung von Deutschland nach Dänemark, hat aber seit Öffnung der festen Querung des Großen Beltes und der Einstellung des Eisenbahngüterfährverkehrs an Bedeutung eingebüßt. Allerdings gilt Puttgarden als der größte norddeutsche Fährhafen bezogen auf die Anzahl beförderter Passagiere, 2023 wurden dort über 4,2 Millionen Passagiere befördert [IHKSH24]. In Kiel ist der Fährverkehr mit Skandinavien das Kerngeschäft, es werden aber auch Massengüter umgeschlagen. In Sassnitz-Mukran dominiert der Fährverkehr mit Schweden und Litauen. Flensburg, Wismar, Stralsund, Wolgast und weitere kleine Häfen sind spezialisiert auf Massengüter beziehungsweise bestimmte Massenstückgüter und haben insbesondere regionale oder lokale Bedeutung.
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Der Seehafen Rostock ist der größte Hafen an der deutschen Ostseeküste. Der Hafen bietet eine Fläche von 750 Hektar und eine Kailänge von 11 Kilometer mit 47 Schiffsliegeplätzen, von denen 25 Spezialliegeplätze sind [RoPo19]. Der Güterumschlag im Seehafen Rostock wird vom Fähr- und RoRo-Verkehr mit dem Ostseeraum geprägt. Wichtigster Korrespondenzhafen ist Trelleborg. Im Jahr 2023 wurden in Rostock 32,2 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen. Außerdem fuhren 2023 2,54 Millionen Schiffsreisende von oder nach Rostock, was Rostock zum zweitgrößten deutschen Fähr- und Kreuzfahrthafen macht [RoPo23]. Im Jahr 2018 wurde beschlossen, der Hafen solle in den nächsten fünf Jahren umfangreich ausgebaut werden, hierzu wurde eine Rekordsumme von 250 Millionen Euro festgelegt. Im Zuge des Ausbaus wird das Hafenbecken auf 14,5 Meter vertieft, damit Massengutschiffe bis 250 Meter Länge anlegen können. Weiterhin soll in Warnemünde ein neues Kreuzfahrtterminal gebaut werden, sowie das Hafenbecken 23 generalüberholt. Zuletzt wird ein 170 Meter hoher Verladekran errichtet [NDR18g].
Lübeck ist der zweitgrößte deutsche Ostseehafen und nach Hamburg und Bremen/Bremerhaven drittgrößter Universalhafen Deutschlands und in 2020 der umschlagsstärkste RoRo-Hafen der gesamten Ostsee [IHKSH24]. Er gliedert sich in 5 Hafenteile mit einer Gesamtfläche von 155 Hektar und 24 Schiffsanlegern. 2023 wurden 22,2 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen. Die Zahl der Passagiere im Reiseverkehr lag im Jahr 2023 bei mehr als 500.000 [HL23]. Ein Großteil des Lübecker Hafenumschlags entfallen auf den Fähr- und RoRo-Verkehr. Über eine starke Position verfügt der Hafen im Import von Forstprodukten wie Papier und Zellulose. Wichtigster Hafenbereich ist der Skandinavienkai, der mit neun Anlegern, von denen drei über Gleisanschlüsse verfügen, der größte Fährhafen Europas ist. Pro Woche finden hier etwa 80 Abfahrten statt, von rund 120 Abfahrten, die der Lübecker Hafen insgesamt anbietet [BREM14a, S. 4]. Der Containerumschlag im Hafen Lübeck belief sich im Jahr 2023 auf 100.075 TEU [IHKSH24].
Der Seehafen Kiel bietet eine Kailänge von 5.030 Metern mit 20 Liegeplätzen. Der größte Hafenbereich ist der Ostuferhafen, in dem RoRo-Verkehre mit den Staaten Osteuropas und Skandinaviens dominieren. Im Jahr 2023 wurden in Kiel 7,9 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen. Das Passagieraufkommen im Fährverkehr belief sich 2023 auf 2,82 Millionen Passagiere [SK23]. Kerngeschäft ist hier der Fährverkehr mit Skandinavien. Nachdem im Jahr 2019 der Güterumschlag des Seehafens leicht gesunken war, wird für die kommenden Jahre wieder ein Anstieg erwartet, durch die Fertigstellung des Ausbaus des Güterbahnhofs in Kiel-Meimersdorf mit einem Gleis von 700 Metern Länge statt bisher 550 Metern, aber auch durch den Einsatz eines neuen Frachtschiffes [SK20].
Der Fährhafen Sassnitz liegt an der Ostseite der Insel Rügen unmittelbar an der offenen See und ist Deutschlands größter Eisenbahnfährhafen und die kürzeste Seeverbindung von Deutschland nach Skandinavien und das Baltikum. Der maximale Tiefgang beträgt 10,5 Meter (Neuer Liegeplatz mit 12,5 Meter Tiefgang befindet sich im Bau). Auf einer Kailänge von knapp 3000 Meter sind 12 Liegeplätze verfügbar, darunter 6 für RoRo-, Passagier- und Eisenbahnfährverkehr sowie Kreuzfahrtschiffe, darunter zwei mit russischer Breitspur (1.524 mm). Es ist Europas einziger Hafenstandort mit Möglichkeiten zum Umschlag von Eisenbahnwaggons finnischer und russischer Breitspur. Hauptgeschäftsfelder sind Fähr-und RoRo-Verkehre und in den letzten Jahren zunehmend Offshore-Industrie (Pipeline-Bau, Windkraft). Insgesamt ist der Umschlag in Sassnitz allerdings stark rückläufig. 2021 wurden insgesamt 1,36 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen. 2005 waren es noch etwa 5 Millionen Tonnen, die großteils aus Röhren für den Pipelinebau von/nach Russland resultierten [THB16a].
Der Hafen Wismar verfügt auf einer Kailänge von 2,8 Kilometer über 17 Liegeplätze, darunter eine Ro-Ro-Rampe. Der maximale Tiefgang beträgt 8,50 Meter. Die Gesamtfläche beträgt 70,7 Hektar, davon 60,7 Hektar Landfläche. Gedeckte Lagerflächen von 90.500 Quadratmeter und offene von 115.000 Quadratmeter werden angeboten [SWG20], darunter befindet sich eine spezialisierte Anlage für Salz und Torf. Derzeit befindet sich eine Hafenerweiterung im Bau, die 2018 fertiggestellt sein soll. 2021 wurden im Kaiumschlag 2,7 Millionen Tonnen bewegt. Die Hafen-Fahrrinne soll in den kommenden Jahren auf 11,5 Meter vertieft werden. Zum Einen um das Anlegen von Schiffen der Panamax-Klasse zu ermöglichen, zum Anderen um Schwierigkeiten beim Manövrieren für die in Wismar gebauten Kreuzfahrtschiffe der Global-Class auszuräumen [NDR19b].
Die gesamte Umschlagleistung der deutschen Ostseehäfen (netto / ohne Eigengewicht der RoRo-Transportmittel) ist in den letzten Jahren im Wesentlichen unverändert geblieben, auch wenn im Jahr 2020 ein Rückgang durch die Coronapandemie zu erkennen ist (dargestellt in Abbildung 1). Der Umschlag der deutschen Ostseehäfen wird vom Fähr- und Ro/Ro-Verkehr dominiert. Zu nennen sind hier insbesondere Lübeck und Rostock. Knapp 40 Prozent des Ro/Ro-Verkehrs wird über Lübeck abgewickelt [ZDS20a, S. 60]. Die wichtigsten Verkehrsrelationen sind die mit Schweden und Finnland. In Sassnitz dominiert der unter unbegleitetem Verkehr erfasste Eisenbahnfährverkehr. Der Anteil des Massengutumschlags am Gesamtumschlag der deutschen Ostseehäfen ist im Vergleich zu den Nordseehäfen gering, er entwickelt sich schwächer als der Gesamtumschlag. Dominierender Umschlagplatz ist Rostock mit Flüssiggütern im Im- und Export, Getreideex- und -import sowie Kohleimport als Hauptgutarten.