Forschungsinformationssystem des BMVI

zurück Zur Startseite FIS

Deutsche Nord- und Ostseehäfen

Erstellt am: 16.01.2023 | Stand des Wissens: 25.01.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn

Die wichtigsten deutschen Nordseehäfen sind die Universalhäfen Hamburg und Bremen/Bremerhaven. Beide Häfen zeichnen sich durch Überseeverkehre mit einem hohen Anteil an Containerverkehren aus. Als zentraler deutscher Rohölimporthafen und Tiefwasserhafen für Containerschiffe ist außerdem der Standort Wilhelmshaven von Bedeutung.
Der Hafen Hamburg ist der größte deutsche Seehafen mit einem Gesamtgüterumschlag von 128,7 Millionen Tonnen im Jahr 2021. Mit einem Umschlag von 8,7 Millionen TEU ist er gleichzeitig der größte Containerhafen Deutschlands und der drittgrößte Containerhafen Europas hinter Rotterdam und Antwerpen [HHM22a].
Nach rund 20 Jahren Realisierungszeit wurde im Frühjahr 2022 die neunte Elbvertiefung abgeschlossen. Die aktuelle Ausbaustufe war notwendig geworden, um die Schifffahrt von Hamburg bis zur Elbmündung bei Cuxhaven weiterhin zu ermöglichen. Aufgrund der immer weiter fortschreitenden Schiffsgrößenentwicklung konnten nicht mehr alle Schiffe rund um die Uhr voll beladen den Hamburger Hafen anlaufen. Mit der aktuellen Vertiefungsstufe können zukünftig Schiffe mit bis zu 13,80 Meter Tiefgang im Vergleich zum vorherigen Tiefgang von 12,80 Metern tidenunabhängig in den Hamburger Hafen einlaufen [HHM22b].
Die Bremischen Häfen als Zusammenschluss der Häfen Bremen und Bremerhaven bilden zusammen den zweitgrößten deutschen Seehafen. Der Güterumschlag im Jahr 2021 belief sich auf 69,7 Millionen Tonnen. Mit 5,2 Millionen umgeschlagenen TEU rangieren die Bremischen Häfen auf Platz 2 hinter Hamburg [SWH22]. Die Bremischen Häfen gliedern sich in eine Vielzahl von Hafenbereichen und Terminals auf. In Bremerhaven befinden sich die Containerterminals, der Autoterminal und der Fruchtterminal, wohingegen in Bremen vornehmlich der Umschlag nicht containerisierter Stückgüter, Massengüter und Projektladung erfolgt [BP21].
Der Hafen Wilhelmshaven ist der wichtigste deutsche Ölimporthafen. Insgesamt wurden 2021 30,84 Millionen Tonnen umgeschlagen [NPo22]. Davon entfielen 22 Millionen Tonnen auf den Import von Rohöl aus Übersee. Damit wurden ungefähr 26 Prozent aller Rohölimporte Deutschlands über Wilhelmshaven abgewickelt. 83 Prozent des in Wilhelmshaven angelandeten Rohöls werden per Pipeline in das Hinterland zur weiterverarbeitenden Industrie, wie Raffinerien und der chemischen Industrie, transportiert [Dest22u]. Neben dem Rohölumschlag werden in Wilhelmshaven außerdem Stückgüter und Massengüter umschlagen.
Mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Nordseehäfen im Containerverkehr zu sichern und Kapazitätsengpässe in Hamburg und Bremen/Bremerhaven zu vermeiden, wurde in Wilhelmshaven ein neuer Containerterminal, der Jade-Weser-Port Wilhelmshaven, gebaut und im September 2012 eröffnet. Herausstellendes Merkmal des Jade-Weser-Ports ist, dass er der einzige deutsche Containerterminal mit Tiefwasserzugang ist. Im Jahr 2021 betrug der Containerumschlag 0,7 Millionen TEU [NPo22].
Weitere Häfen mit regionaler Bedeutung sind Emden, Brake, Stade, Brunsbüttel und Cuxhaven. Sie sind spezialisiert auf Massengüter, Projektladung oder den Umschlag von Kraftfahrzeugen. In der folgenden Abbildung 1 ist eine Übersicht der bedeutendsten Nord- und Ostseehäfen Deutschlands zu entnehmen.
Die Häfen der deutschen Ostseeküste sind überwiegend durch den ostseeinternen Fähr- und RoRo-Verkehr und den Umschlag von Massengütern geprägt. Anders als in den Nordseehäfen spielt der Containerverkehr hier eine untergeordnete Rolle. Die wichtigsten deutschen Ostseehäfen sind Rostock, Lübeck und Puttgarden [IHKSH20, S. 7]. Knapp 40 Prozent des deutschen RoRo-Verkehrs werden über Lübeck abgewickelt und jeweils 25 Prozent über Rostock und Puttgarden [ZDS20a, S. 60].
Dabei sind die wichtigsten Relationen des Fährverkehrs jene mit Dänemark, Schweden und Finnland [IHKSH20, S. 22].
Der Rostocker Hafen ist mit einer Fläche von 750 Hektar der größte Universalhafen der deutschen Ostseeküste und auch abseits des Fährverkehrs der dominierende Umschlagplatz von flüssigen und schüttbaren Massengütern [Dest22u].
Insgesamt weist der Hafen von Rostock 47 Schiffsliegeplätze auf, darunter 25 Spezialliegeplätze. Im Jahr 2020 wurden in Rostock 25,1 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen. Davon entfielen 6,8 Millionen Tonnen auf trockenes und 2,4 Millionen Tonnen auf flüssiges Massengut. Zudem wurden 513.315 Fähr-/RoRo-Einheiten umgeschlagen. [RoPo21 , Dest22u].
Der Lübecker Hafen gliedert sich in fünf Hafenteile mit einer Gesamtfläche von 155 Hektar und 24 Schiffsanlegern [LAP22]. Im Jahr 2021 wurden im Lübecker Hafen insgesamt 23,7 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen [Dest22u]. Neben dem Import von Fähr- und RoRo-Ladungseinheiten zeichnet sich der Hafen Lübeck insbesondere durch den Import von forstwirtschaftlichen Produkten wie Papier und Zellulose aus [IHKSH20, S. 11].
Der Seehafen Kiel bietet auf einer Fläche von 64 Hektar 20 Liegeplätze. Das Kerngeschäft des Kieler Hafens liegt im Fährverkehr mit Schweden und Norwegen. Im Jahr 2021 wurden in Kiel 7,3 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen, wovon 6,3 Millionen Tonnen auf den Umschlag von Fähr- und RoRo-Gütern und 1,2 Millionen Tonnen auf den Umschlag von Massengütern entfielen [PoK21].
Der Fährhafen Puttgarden bietet über die Ostsee die kürzeste Verbindung von Deutschland nach Dänemark. Puttgarden ist, bezogen auf die Anzahl beförderter Passagiere, der größte norddeutsche Fährhafen. Im Jahr 2019 wurden dort über 5,5 Millionen Passagiere befördert [GvSH22].
Weitere Häfen mit regionaler Bedeutung sind in Abbildung 1 dargestellt. Dazu zählen unter anderem die Häfen von Flensburg, Wismar, Stralsund und Sassnitz, die auf Massen- oder Massenstückgüter spezialisiert sind.
Nordsee_Ostssehaefen.pngAbbildung 1: Seehäfen der Deutschen Nordsee- und Ostseehäfen (Eigene Darstellung nach [ZDS16])
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Funktionen und Zukunftsperspektiven von Seehäfen im Kontext maritimer Lieferketten (Stand des Wissens: 18.01.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?50780
Literatur
[BP21] BremenPorts GmbH & Co. KG, , Die Senatorin für Wissenschaft und Häfen (Hrsg.) Hafenspiegel Bremische Häfen 2021, 2021
[Dest22u] Statistisches Bundesamt (Destatis) (Hrsg.) Empfang und Versand von Gütern bzw. Ladeeinheiten (Seegüterumschlag deutscher Häfen): Bundesländer mit Seehäfen, Monate, Güterabteilungen, Ladungsarten, 2022
[GvSH22] Gesamtverband Schleswig-Holsteinischer Häfen e.V. (Hrsg.) Puttgarden, 2022
[HHM22a] Hafen Hamburg Marketing e.V. (Hrsg.) Containerumschlag, 2022
[HHM22b] Hafen Hamburg Marketing e.V. (Hrsg.) Die Fahrrinne ist bereit für tiefergehende Schiffe, 2022
[IHKSH20] IHK Schleswig-Holstein (Hrsg.) Verkehrsmarkt Ostsee: Aktuelle Zahlen und Daten für die Ostseeregion - Stukturdaten 2020, 2020
[LAP22] CONVOTIS Lübeck GmbH (Hrsg.) Lübecker Häfen - Vielfältige Hafenumschlagfazilitäten und Logistikzentrum, 2022
[NPo22] NPorts (Hrsg.) Wilhelmshaven - Deutschlands Hafen am Tiefwasser, 2022
[PoK21] SEEHAFEN KIEL GmbH & Co. KG (Hrsg.) Statistik - Port of Kiel 2021, 2021
[RoPo21] ROSTOCK PORT GmbH (Hrsg.) Hafenentwicklung in Rostock: Seehafengutachten bewertet geeignete Gebiete für eine Flächenvorsorge, 2021
[SWH22] Senatorin für Wissenschaft und Häfen (Hrsg.) Hafenbilanz: Jahresumschlag 2021 gegenüber 2020 deutlich verbessert, 2022
[ZDS16] Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) Offshore-Hafenatlas, 2016
[ZDS20a] Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe e.V. ZDS JAHRESBERICHT 2019/2020, 2020
Glossar
Twenty-foot equivalent unit Zwanzig-Fuß-Äquivalente-Einheit (Twenty-foot Equivalent Unit). Eine statistische Hilfsgröße auf der Basis eines 20-Fuß-ISO-Containers (6,10 m Länge) zur Beschreibung von Verkehrsströmen oder -kapazitäten. Ein genormter 40'-ISO-Container der Reihe 1 entspricht 2 TEUs.
Hinterland Das Hinterland eines Seehafen ist das landeinwärts hinter dem Hafen liegende Territorium, welches durch die Herkunfts- und Bestimmungsorte der im Hafen abzufertigen Güter und Passagiere begrenzt wird. Seine Grenzen hängen von den Hinterlandverkehrsanbindungen ab und variieren nach Gutarten, den Umschlagkapazitäten, dem Schiffstyp und der Verkehrsinfrastruktur. Das Vorland eines Seehafens ist das seewärts vor dem Hafen liegende Territorium, welches durch die überseeischen Herkunfts- und Bestimmungsorte der Güter begrenzt wird.
Universalhafen
Hafen, der nicht auf eine Umschlagsgutart spezialisiert ist. Neben z.B. dem Containerumschlag können in einem Universalhafen auch Saug-, Flüssig-, Greif- und Schüttgüter sowie Projektladung verladen werden. Ein Beispiel für einen Universalhafen ist der Hamburger Hafen.
Seehafenterminal
In einem Containerterminal erfolgt der Umschlag von Containern, Wechselbehältern, Wechselbrücken oder Sattelaufliegern und ähnlichen Ladeeinheiten im Hafen. Weiterhin kann auch Projektgeschäft, z.B. übergroße Ladungen, umgeschlagen werden.
Zusätzlich zu den Containerterminals umfasst der Begriff des Seehafenterminals auch andere Ladungs- und Terminalarten, wie z.B. Massengutterminals oder Flüssiggutterminals.
Charakteristisch für Seehafenterminals ist die Anbindung an das Wasser und mindestens einen weiteren Verkehrsträger.
Rollende Landstraße
Die Rollende Landstraße (RoLa) ist ein Produkt im Bereich des Schienengüterverkehrs. Sie stellt eine spezifische Form des begleiteten Kombinierten Verkehrs dar. Dabei werden Lastkraftwagen bzw. Sattelzüge mit Hilfe der Roll-On/Roll-Off-Technik auf einen Güterzug aus durchgehenden Niederflurwagen verladen und über eine bestimmte Strecke transportiert. Die Fahrer begleiten ihre Fahrzeuge i. d. R. in einem mitgeführten Reisezugwagen. In Europa wird die RoLa z. B. für alpenquerende Verkehre angeboten. Sie kann eine betriebswirtschaftliche und/oder ökologische Alternative zum Straßengütertransport sein.
Ro/Ro Abkürzung für "Roll on/Roll off" - beschreibt im Seeverkehr den rollenden Ladungsumschlag über schiffseigene und/oder landseitige Rampen; im Kombinierten Verkehr die horizontale Verladung rollender oder rollbar gemachter Ladeeinheiten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?564406

Gedruckt am Samstag, 27. April 2024 14:01:30