Potenziale und Hemmnisse für eine Neuverteilung des öffentlichen Raums in Städten
Erstellt am: 27.02.2025 | Stand des Wissens: 27.02.2025
Synthesebericht gehört zu:
Die Europäische Union (EU) verfolgt die Förderung einer nachhaltigen urbanen Mobilität [EUKo09; EUKo11; EUKO13g]. In Deutschland sind die Ziele einer nachhaltigen und gerechten Raum- und Mobilitätsentwicklung im Raumordnungsgesetz (ROG) [ROG] und in den Entwicklungszielen der Bundesregierung fest verankert [BMDV23b; Bund22a]. Allerdings kann eine mangelnde oder fehlende politischer Unterstützung auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene die Umsetzung von Maßnahmen zur Neuverteilung des Raums behindern.
Erkenntnisse aus Studien und Evaluationen von (temporären) Maßnahmen einer Neuverteilung des Raums und insbesondere zur Beschränkung des Kfz-Verkehrs, zum Beispiel durch Temporeduktionen an Hauptverkehrsstraßen [UBA16j] und in Geschäftsbereichen [FGSV00a], zeigen, dass in den untersuchten Fällen befürchtete Störungen des Verkehrsflusses oder Umsatzrückgänge nicht eingetreten sind. Mit temporären Verkehrsproblemen müsse jedoch gerechnet werden, da den Verkehrsteilnehmenden eine Umgewöhnungszeit an veränderte Verkehrsführungen eingeräumt werden müsse [UBA16j]. Allerdings sind bisherige Maßnahmen in der Regel punktuell angelegt und räumlich sehr begrenzt, sodass die Wirkungen einer stadtweiten Neuverteilung des öffentlichen Raums und von Verkehrsflächen derzeit noch nicht absehbar sein.
Erkenntnisse aus Studien und Evaluationen von (temporären) Maßnahmen einer Neuverteilung des Raums und insbesondere zur Beschränkung des Kfz-Verkehrs, zum Beispiel durch Temporeduktionen an Hauptverkehrsstraßen [UBA16j] und in Geschäftsbereichen [FGSV00a], zeigen, dass in den untersuchten Fällen befürchtete Störungen des Verkehrsflusses oder Umsatzrückgänge nicht eingetreten sind. Mit temporären Verkehrsproblemen müsse jedoch gerechnet werden, da den Verkehrsteilnehmenden eine Umgewöhnungszeit an veränderte Verkehrsführungen eingeräumt werden müsse [UBA16j]. Allerdings sind bisherige Maßnahmen in der Regel punktuell angelegt und räumlich sehr begrenzt, sodass die Wirkungen einer stadtweiten Neuverteilung des öffentlichen Raums und von Verkehrsflächen derzeit noch nicht absehbar sein.
Die oftmals komplexen Planungs- und Genehmigungsverfahren sind in der Regel zeitintensiv und können aufgrund ihrer langfristigen Ausrichtung nur mit zusätzlichem Aufwand an neue Rahmenbedingungen angepasst werden. Planungen für eine Neuverteilung des Raumes müssen zudem interdisziplinär, intersektoral (unter anderem Politik, Verwaltung, Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger) und teilweise auch auf unterschiedlichen Steuerungsebenen (Gesamtstadt, Stadtteile, Quartier) erarbeitet werden. Neben der Komplexität der Planung erfordert die Umgestaltung des öffentlichen Raums zudem oft erhebliche finanzielle Mittel. Auch die laufende Unterhaltung neu geschaffener Infrastruktur erzeugt Kosten. Knappe Haushaltsmittel können hier ein Hindernis sein.
Ein großes Potenzial für die strategische, kostenbewusste Ausrichtung und Priorisierung von Maßnahmen bietet die Aufstellung eines Verkehrsentwicklungsplans (VEP). Ein Verkehrsentwicklungsplan ist ein strategisches Planungsinstrument, das von Städten, Gemeinden oder Regionen entwickelt wird, um die langfristige Entwicklung des Verkehrssystems zu steuern. Ein solcher Plan berücksichtigt alle Verkehrsträger und Formen der Mobilität. Er kann auch Aspekte der Verkehrsinfrastruktur, Verkehrsregelungen, Umweltverträglichkeit, Nachhaltigkeit und Verkehrsmanagement beinhalten. Ziel eines Verkehrsentwicklungsplans ist es, eine langfristige Vision für den Verkehr in einer bestimmten Region zu schaffen, die sowohl wirtschaftliche als auch soziale Bedürfnisse berücksichtigt und dabei eine nachhaltige und effiziente Mobilität gewährleistet [Ahrens08, S. 147]. Zudem ermöglicht ein VEP durch seine kontinuierliche Anpassung die Beachtung der sich dynamisch verändernden Randbedingungen, wie zum Beispiel des demographischen Wandels, des Klimawandels, zunehmender Multi- und Intermodalität, des zunehmenden Wirtschaftsverkehrs oder der materiellen und personellen Ressourcenknappheit der öffentlichen Verwaltung [FGSV13, S. 3]. Bei einer bundesweiten Umfrage des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu), an der 71 Kommunen teilnahmen, gaben zwei Drittel an, ein stadtweites Gesamtverkehrskonzept erarbeitet zu haben [DiFu19a, S. 3]. Neben der Fördervoraussetzung für Zuwendungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) [BT20; GVFG] wird zunehmend die integrative Planung und Koordination der vielen Fachplanungen mit Verkehrsrelevanz per Gesetz vorgeschrieben. Nur durch einen VEP ist es möglich, verkehrsträgerübergreifende Maßnahmen mit einem vorausschauenden Planungshorizont zu entwickeln, welche sowohl mit den parallelen und übergeordneten Planwerken (beispielsweise Raumordnungspläne) als auch mit benachbarten Kommunen und allen Beteiligten abgestimmt sind [FGSV18b, S. 11]. Die Berücksichtigung der Integrationsansprüche moderner Verkehrsentwicklungsplanungen erhöht die Chancen auf eine sachgerechte Maßnahmenfindung mit breiter Akzeptanz.
Auch wenn die Neuverteilung des Raumes mithilfe integrierter Planungsansätzen und einer Beteiligung und Berücksichtigung aller betroffenen Akteure und Akteurinnen ein Höchstmaß an Zufriedenheit gewährleisten soll, werden nicht alle Interessen gleichermaßen in die Planung einfließen können. Projekte mit Vorteilen für die Gesamtgesellschaft dürfen nach Auffassung des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesverkehrsministers jedoch nicht an Einzelinteressen scheitern [WiBMDV21, S. 19]. Um in der Bevölkerung eine breite Akzeptanz von Maßnahmen zur Neuverteilung des Raums zu schaffen, gilt es zunächst, bestehende Verhaltensmuster, Routinen, Wahrnehmungsmuster und Denkstrukturen bezüglich Mobilität und Flächennutzung im urbanen Raum aufzubrechen, sodass eine dauerhafte Änderung des Mobilitätsverhaltens in der Gesellschaft erreicht werden kann.
Ein weiterer Zielkonflikt, der sich durch Neuverteilung des Raums ergeben kann, ist die Behinderung von Einsatzkräften (Rettungswagen, Feuerwehr und Polizei) und städtischen Diensten (Müllabfuhr, Straßenreinigung). Einerseits verlängern sich Anfahrten durch Umwege, andererseits werden die Fahrzeuge der Notfalldienste durch Aufpflasterungen, Schwellen oder ähnliche bauliche Maßnahmen gezwungen, ihre Geschwindigkeit deutlich zu verringern [Leven03]. Auch im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) kann es durch geschwindigkeitsreduzierende Maßnahmen zu Fahrtzeitverlängerungen kommen. Grund hierfür sind neben der Reduzierung der Fahrzeuggeschwindigkeit vor allem die Vorfahrtsregelungen. Auch für mobilitätseingeschränkte Personen müssen neue Infrastrukturen und Angebote so geschaffen werden, dass sie barrierefrei sind und ihnen müssen ebenso wie Krankentransporten, Taxis und Lieferverkehren Sonderrechte für die Nutzung autofreier Bereiche gewährt werden.