Chancen des Nichtmotorisierten Verkehrs zur Kostenreduktion für kommunale Verkehrsinfrastrukturen
Erstellt am: 25.09.2003 | Stand des Wissens: 01.12.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
Ein Großteil des Kfz-Verkehrs auf den innerstädtischen Straßen wird auf Distanzen von unter 5 Kilometer abgewickelt. Dabei kann von einem Verlagerungspotenzial von Pkw-Fahrten auf den Nichtmotorisierten Verkehr (NMV) von 15 Prozent bis 30 Prozent des derzeitigen Pkw-Aufkommens ausgegangen werden [BMVBW98h]. In Zeiten leerer Kassen in den Kommunen liegen die Vorteile der Förderung von Maßnahmen für den Nichtmotorisierten Verkehr (NMV) auf der Hand. Es gibt keine effektivere und kostengünstigere Fortbewegungsart für den Nahbereich in Kommunen [HKV10].
Aus diesen Gründen lassen sich mit dem Radverkehr gleiche Mobilitätsanforderungen bei gleichzeitig geringeren Investitions- und Betriebskosten als die durch den Kfz-Verkehr verursachten erreichen. Hieraus können sich für die Kommunen interessante Perspektiven ergeben, da die Investitionskosten etwa 10 Prozent bis 20 Prozent unter denen für vergleichbar lange Kfz- beziehungsweise Verkehrsanlagen für den Öffentlichen Verkehr (ÖV) liegen. Ferner verursachen Radverkehrsanlagen weniger Betriebskosten als Kfz- und ÖV-Verkehrsanlagen [BMVBW98h].
Gleichzeitig stellt die Flächeninanspruchnahme für Anlagen des Motorisierten Verkehrs einen hohen Ressourceneinsatz für Kommunen dar. Die Fläche, die man dort einspart, kann man für andere wertschöpfende Prozesse einsetzen. Besonders in größeren Städten und Stadtstaaten in Deutschland liegt die Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsfläche bei über 50 Prozent [Stei05].
Weiterhin können durch Kooperationen mit Nachbarkommunen durch gemeinsame Raumnutzungskonzepte wie beispielsweise die Ausweisung gemeinsamer Gewerbeflächen nicht nur Verkehrs-, sondern zum Beispiel auch Erschließungskosten deutlich niedriger ausfallen [UBA10o].
Die wirtschaftlichen Vorteile des Nichtmotorisierten Verkehrs (NMV) für Kommunen konnten in verschiedenen Anwendungen des "Least Cost Transportation Planning" (LCTP) deutlich gemacht und quantifiziert werden. Dieser Ansatz zur Systemkostenbewertung beinhaltet eine Vorab-Prüfung der langfristigen Kosten bzw. des Kosten-Wirksamkeits-Verhältnisses von Investitions- und Planungsvorhaben. Er berücksichtigt auch Folgekosten von Investitionen (Betriebskosten, Instandhaltung) [HKV10].
Der Forschungsbericht des Umweltbundesamtes zur LCTP [UBA02g] weist das Fahrrad für die Kommunen als das Verkehrsmittel mit den geringsten spezifischen Kosten aus; der zur Förderung notwendige Aufwand ist vergleichsweise gering. Auch die für den Nutzer anfallenden Kosten (Anschaffung, Instandhaltung, gegebenenfalls Gebühren) sind gering.
Das zeigt sich beispielsweise in einer Testanwendung in Freiburg. Während im Untersuchungsjahr 19 Prozent der Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt wurden, umfassten die privaten Kosten der Fahrradnutzung nur 3 Prozent der Verkehrsausgaben der Haushalte. Die kommunalen Ausgaben für den Radverkehr betrugen nur 1 Prozent der gesamten Verkehrsausgaben der Stadt. Für die Erschließung eines Industriegebietes ergab die Variante "RadMax" zur Optimierung der Fahrraderreichbarkeit (in Kombination mit dem Schienenverkehr) die geringsten Kosten. Gegenüber der Haupterschließung mit Bussen beziehungsweise S-Bahnen konnten 8 Prozent (circa 280.000 Euro) beziehungsweise 3 Prozent (circa 90.000 Euro) Kosteneinsparungen ermittelt werden [UBA02g].