Konzepte zum Umwelt- und Klimaschutz
Erstellt am: 18.01.2023 | Stand des Wissens: 30.08.2024
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Entsprechend zur Vielzahl direkter und indirekter Umweltwirkungen des Hafenbetriebs gibt es ein breites Spektrum an Konzepten zum Klima- und Umweltschutz in Seehäfen [Bje19; ESPO21]. Häufig werden Maßnahmen des Umweltschutzes gleichzeitig mit digitalen Technologien eingeführt [NonS21]. Aufgrund der Vielzahl von Lösungen werden im Folgenden nur ausgewählte Lösungen dargestellt.
Konzepte zum Klima- und Umweltschutz können häufig nicht allein von der Hafenbehörde umgesetzt werden und hängen vom Managementmodell des Hafens ab. Grundsätzlich liegt die Verantwortung bei einem Akteur (beispielsweise Spediteur, Terminalbetreiber und andere), durch Interdependenzen mit vielen anderen Akteuren im Hafen ist es aber durchaus sinnvoll, dass die Hafenbehörde eine treibende Kraft ist und gegebenenfalls auch eine vermittelnde Rolle übernimmt.
Hafenverbände wie die International Association of Ports and Harbors (IAPH) und die European Sea Port Organization (ESPO) haben das Ziel, ihre Mitglieder zu vertreten und Orientierungshilfen zu geben. Um den Umweltschutz unter ihren Mitgliedern zu fördern, wurden entsprechende Ausschüsse gegründet: die World Ports Climate Initiative (WPCI) der IAPH und die EcoPorts Foundation der ESPO [Berg19]. Um den Status eines EcoPorts zu erlangen, muss die jeweilige Hafenbehörde die Self-Diagnosis Method (SDM)-Checkliste ausfüllen, um Potenzial für Umweltschutz zu identifizieren. Diese Checkliste muss jährlich aktualisiert werden. Ergänzt wird die SDM um das Port Environmental Review System (PERS), das Hafenbehörden bei der Einführung von Umweltmanagementsystemen unterstützen soll [Zis19]. Mit dem Port Emission Toolkit [GEF18; GEF18a] gibt es einen Leitfaden, wie die Hafenemissionen gemessen und Strategien zu deren Reduktion entwickelt werden können.
Ein wichtiges Thema beim Umweltschutz in Seehäfen sind die Emissionen . Üblicherweise werden gemessene Emissionen in Kohlenstoffdioxid-Äquivalente (CO2e) angegeben. CO2e entspricht der Summe aller Treibhausgas-Emissionen auf das Treibhauspotenzial von Kohlenstoffdioxid (CO2) verrechnet. Bei den CO2e -Emissionen gibt es zwei wesentliche Ansätze: den Energieeinsatz reduzieren oder die bislang verwendeten Technologien zu elektrifizieren, um Strom aus erneuerbaren Trägern nutzen zu können [IrLa19]. Die Reduktion des Energieverbrauchs kann durch technische oder operative Lösungen gelingen. Dabei können die Ersetzung oder Modernisierung bestehenden Equipments durch effizienteres Equipment, die Änderung von Beleuchtungsmitteln in Terminals, Gebäuden und Fahrzeugen mit LED [EURO18b, S. 11; RPort20, S. 30] und die Anpassung der Servertechnik [BP20a] zu den technische Lösungen gezählt werden. Operative Lösungen fokussieren sich auf die Effizienzsteigerung von Prozessen. Mögliche Ansatzpunkte wären der Schleusenbetrieb [BMVI21q], die Einführung von Zeitfensterbuchungsverfahren für die Lkw-Abfertigung an Terminals [HPA19a, S.23], koordinierte Schiffsanläufe [HPA19a, S. 24] oder situative Abfertigungskonzepte in Fährhäfen [RPort20, S. 33; BMVI19be]. Auch bei der Elektrifizierung und der Nutzung von erneuerbaren Energien gibt es bereits eine Vielzahl von Konzepten: Einsatz von elektrischen Fahrzeugen und Equipment [HHLA20a, S. 10; nport21, S. 24; BMVI21ac; RPort20, S. 48] und auch die Adaption des Energieverbrauchs an die Bereitstellung von Wind- und Sonnenenergie zur Integration der erneuerbaren Energieträger [BESIC16; BP21b; EuCO19].
Ein nennenswerter Teil der Emissionen im Hafen wird von Schiffen verursacht. Styhre et al. [Sty17] diskutieren vier verschiedene Maßnahmen zur Emissionsreduzierung: eine reduzierte Geschwindigkeit in den Fahrrinnen, eine Landstromversorgung, eine Verkürzung der Liegezeiten und alternative Kraftstoffe. Das Potenzial zur Emissionsreduzierung im Hafen hängt davon ab, wie oft ein Schiff einen Hafen anläuft. Je häufiger ein Schiff einen Hafen anläuft, umso wirtschaftlich sinnvoller ist es, Maßnahmen für Schiffe umzusetzen. Dies kann mit den vergleichsweise hohen Investitionskosten begründet werden. Daher wurden Landstromlösungen (World Port Climate Initiative 2021) zum Beispiel zuerst in Fährhäfen umgesetzt, in denen nur wenige Schiffe, diese jedoch mit vielen Anläufen anlegen. In Häfen mit Anläufen von vielen verschiedenen Schiffen lassen sich hingegen Maßnahmen wie Geschwindigkeitsreduktionen oder auch eine Reduzierung der Hafengebühren abhängig von der Umweltfreundlichkeit des jeweiligen Schiffs leichter umsetzen. So können Häfen eine Reduktion der von Schiffen zu entrichtenden Hafengebühren vom ESI-Score eines Schiffs abhängig machen. Der Environmental Ship Index (ESI) identifiziert Seeschiffe, die bei der Reduzierung von Luftschadstoffemissionen besser abschneiden, als es die aktuellen Emissionsnormen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) vorschreiben. Der ESI bewertet die Menge an Stickoxiden (NOX) und Schwefeloxiden (SOX), die von einem Schiff freigesetzt werden, umfasst ein Berichtssystem für die Treibhausgasemissionen des Schiffes und berücksichtigt die Installation einer Landstromvorrichtung [WPSP21].
Auch Lärm und Licht haben einen negativen Einfluss auf die Umwelt und Artenvielfalt im Hafen. Daher konzentrieren sich Projekte wie Obelisk (Lichtemissionen auf Containerterminals, [BMVI20bc]), LA-RoRo (Lärmemissionen im Fähr- und RoRo-Verkehr, [BMVI20bb]) und NEPTUNES (Lärmemissionen von Seeschiffen, Nep21) auf die Reduktion dieser Emissionen.
Um entgegenzuwirken, dass Schiffe Abfälle auf dem Meer entsorgen, werden in den Häfen entsprechende Entsorgungseinrichtungen vorgehalten. In europäischen Häfen sind die Nutzungsentgelte dafür direkt nutzungsunabhängig in die Hafengebühren einberechnet, um einen Anreiz zu schaffen, diese auch zu nutzen [EPREU19]. Der Hafen von Stockholm ergänzt diesen Anreiz durch eine Reduktion des Hafenentgelts für Kreuzfahrtschiffe, die Abfälle sortiert im Hafen entsorgen [PoS21].
Beim Ausbau und der Unterhaltung von Seehäfen sind oft umfangreiche Nassbaggerarbeiten zur Herstellung und Sicherung der erforderlichen Wassertiefen erforderlich, welche das Ökosystem zusätzlich belasten. In ruhigen Zonen der Häfen lagert sich feinkörniges und damit auch teilweise belastetes Material an ("Hafenschlick"), meist Sedimente und Schadstoffe aus dem Oberlauf des Flusses, aber auch mit dem Tidestrom flussaufwärts verfrachtete Sedimente. Die nachhaltige Ablagerung oder Wiederverwendung sind oft aufwendig. Strategien setzen unter anderem an bei der Verminderung der Schadstoffbelastung der Sedimente durch Gewässerreinhaltung und der Verminderung der Sedimentablagerungen durch Beeinflussung der Strömungsverhältnisse und die Errichtung von Sedimentfallen [BP20a, S. 63; HPA19a, S. 57].
Langfristig wirksam wird eine belastungsvermeidende und -abbauende Hafenplanung und -entwicklung. Sie muss in den weiteren Kontext eines integrierten Küstenzonenmanagements und einer Umweltaspekte integrierenden Stadtentwicklung [Daa07] eingeordnet werden. Ein Beispiel ist der Neubau des Hafens Helsinki-Vuosaari, der umweltbelastende Aktivitäten aus dem Stadtzentrum heraus in das Umland verlagert und bei seiner Planung auf die Minimierung der Belastungen am neuen Standort ausgerichtet ist. Die HHLA (Hamburger Hafen und Logistik AG) reduziert den Flächenverbrauch pro Container auf dem Terminal Burchardkai, indem das Layout der Lagerfläche umgestaltet wurde, sodass auf derselben Fläche die doppelte Zahl Container gestaut werden kann [HHLA20a]. Den gleichen Ansatz der effizienteren Flächennutzung wird mit dem Parkplatz am Cruise Center Steinwerder in Hamburg verfolgt: In der anlauffreien Zeit soll dieser für parkende Lkw zur Verfügung gestellt werden.