Institutionelle Reformoptionen zur kommunalen Verkehrsinfrastrukturfinanzierung
Erstellt am: 07.01.2021 | Stand des Wissens: 07.01.2021
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Das aktuelle Finanzierungsregime im föderalen System basiert auf Zuweisungen von Haushaltsmitteln der zentralen Ebenen des Bundes und der Länder zur Kofinanzierung von Infrastrukturinvestitionen in den Kommunen. Da über die Höhe dieser Finanzmittel im Rahmen der Haushaltsplanung immer wieder neu entschieden wird, unterliegen sie konjunkturellen Schwankungen, während die effiziente Instandhaltung von Infrastruktur einen verstetigten Mitteleinsatz erfordert.
Der bis etwa 2013 vorherrschende Konsolidierungsdruck in den öffentlichen Haushalten, die Schuldenbremse des Bundes und die Konkurrenz zu anderen Aufgabenfeldern führten vor diesem Hintergrund zur Diskussion um institutionelle Reformoptionen für eine bedarfsgerechtere und nachhaltigere Finanzierung der kommunalen Verkehrsinfrastruktur. [Vesp15] Wenn in Zukunft die Haushalte des Bundes und der Länder wieder knapper werden sollten, werden sich diese institutionellen Fragen erneut stellen.
Die Darstellung der möglichen zusätzlichen Einnahmequellen der Kommunen zeigt, dass deren Spielraum für eigene Finanzierungsquellen gering ist. Kommunen unterliegen einem Steuerwettbewerb, der ihren individuellen Spielraum zur Erhöhung der kommunalen Grund- und Gewerbesteuern beschränkt. Dasselbe gilt auch für die möglichen verkehrsbezogenen (und für den Verkehr zweckgebundenen) Finanzierungsquellen wie City-Maut, Nutznießerabgaben oder Anleger- und Erschließungsbeiträge. Durch eine Erhöhung solcher Beiträge und Gebühren gefährdet eine Kommune ihren wirtschaftlichen Standortvorteil. Für große Städte oder andere Orte, die eine hohe intrinsische Attraktivität haben, sind diese Instrumente durchaus von Interesse, jedoch nicht für die große Zahl der kleineren Kommunen. Eine strukturelle Reform der kommunalen Verkehrsinfrastrukturfinanzierung bedarf daher einer Lösung, die bundes- oder landesweit orchestriert wird und sich entsprechender Instrumente bedient. Hierfür kommen die verschiedenen Formen der Straßennutzungsgebühren sowie eine Verteilung der Einnahmen aus der Energie- und Kraftfahrzeugsteuer in Frage.
Zur Sicherung und Verstetigung der kommunalen Verkehrsinfrastrukturfinanzierung wird darüber hinaus die Möglichkeit der Errichtung sogenannter Infrastrukturfonds und Verkehrsinfrastrukturgesellschaften erwogen. Diese stellen politische Instrumente dar, mit denen Mittel für bestimmte Zwecke reserviert werden können. Die Fonds sind als Kapitalsammelstellen zu verstehen und werden auch als Sondervermögen bezeichnet. Die hierbei erzielte umfassende Zweckbindung der Mittel sieht die Finanzverfassung weder für Steuereinnahmen noch für Gebühren (die meistens eine eng definierte Zweckbindung haben) vor. [Sieg14a]
Die stabile Widmung von Steuermitteln für den Verkehr kann durch einen langfristigen Vertrag zwischen Bund und der Verkehrsinfrastrukturgesellschaft geregelt werden. Das Muster hierfür stellt die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen (LuFV) zwischen Bund und der Deutschen Bahn AG zur Eisenbahninfrastrukturfinanzierung dar. Zudem könnte ein solcher Vertrag auch zur Steuerung des effizienten Einsatzes der Mittel eingesetzt werden.