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Definitionen von Nachhaltigkeit

Erstellt am: 19.12.2019 | Stand des Wissens: 15.01.2025

Synthesebericht gehört zu:

Die Nachhaltigkeitsdebatte wird auf internationaler Ebene seit dem späten 20. Jahrhundert geführt. Als wegweisend gilt die 1983 einberufene Kommission der Vereinten Nationen (UN) zu Umwelt und Entwicklung. Der Bericht der Kommission Our Common Future setzte 1987 einen Meilenstein in der globalen Umwelt- und Entwicklungspolitik. [PUFE2014]
Das Dreieck der nachhaltigen Entwicklung geht aus diesem Bericht hervor. Es enthält die drei Dimensionen eines zukunftsorientierten (globalen) Zusammenlebens Ökonomie, Ökologie und Soziales und stellt schematisch dar, wie sie in Verhältnis zueinander stehen sollen: als sich überschneidende Sphären menschlichen Handelns sowie als Instanzen, die in politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen gleichberechtigt zueinander stehen und gleichermaßen handlungsleitend sein sollen. Nach der Vorsitzenden der wegweisenden UN-Kommission wird das Dreieck der nachhaltigen Entwicklung auch als Brundtland-Ansatz bezeichnet (siehe Abbildung 1, linkes Modell). Kritik am Dreiecksmodell wird von einigen Akteuren in Bezug auf dessen Priorisierung geübt. Sie zielt darauf, dass die natürlichen globalen Ressourcen in Wahrheit den Rahmen und somit auch die Grenzen für alles menschliche Handeln setzen. Dieses Handeln, so die Kritik, werde in der politischen Realität aber von der Dimension Ökonomie dominiert. Das Alternativkonzept der eingebetteten Nachhaltigkeit (nested sustainability) modelliert daher die drei Dimensionen ineinander verschachtelt: Die Ökonomie wird als Teilmenge der sozialen Dimension betrachtet, die wiederum in eine Umwelt mit naturwissenschaftlich definierbaren ökologischen Grenzen eingebettet ist (siehe Abbildung 1, rechtes Modell). [SCOT09]
Definition von Nachhaltigkeit_Abb1.pngAbb. 1: Schematische Darstellung des Brundtland-Ansatzes und des Nested sustainability-Ansatzes. TUHH, 2018, angelehnt an [SCOT09]
Ein Konzept, das diese ökologischen Grenzen zu definieren versucht, ist das Modell der planetaren Belastungsgrenzen (planetary boundaries), das nach der Jahrtausendwende entwickelt wurde. Es benennt neun menschengemachte Belastungen, denen das Erdsystem seit Beginn der Industrialisierung ausgesetzt ist (siehe Abbildung 2). [RSNP09, SRRC15]
Nach Einschätzung der Forschenden sind bereits sechs der Belastungsgrenzen überschritten (Klimawandel; die Überladung mit neuartigen Stoffen; die Veränderung von Süßwassersystemen; die Änderung der Landnutzung und Zustand der Biosphäre), während drei Grenzen (noch) nicht erreicht wurden. [BMUV24a]
Planetare Grenzen.pngAbb. 2: Schematische Darstellung der Belastungsgrenzen des Erdsystems (Planetary Boundaries), nach [Helmholtz22] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Auf die planetaren Belastungsgrenzen beziehen sich diverse zivilgesellschaftliche, öffentliche und zwischenstaatliche Institutionen. Die Vereinten Nationen (United Nations, UN) nutzen das Konzept beispielsweise als Grundlage, um den Fortschritt beim Erreichen der Nachhaltigkeitsziele zu diskutieren [UNGA10]. Auch der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen der deutschen Bundesregierung beruft sich in seinem Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation auf den Ansatz der planetary boundaries [WBGU11].
Um die wissenschaftlichen Modelle politisch umzusetzen, hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2015 die Agenda 2030 beschlossen und 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) formuliert [BPBI15].
Für den Verkehrssektor in Deutschland lassen sich fünf der 17 SDG als direkt relevant bezeichnen:
  • Ziel 3 Gesundes Leben für alle
  • Ziel 7 Nachhaltige und moderne Energie für alle
  • Ziel 10 Ungleichheit verringern
  • Ziel 11 Nachhaltige und inklusive Städte und Siedlungen
  • Ziel 13 Sofortmaßnahmen gegen den Klimawandel und seine Auswirkungen
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Soziale Dimension von Mobilität und Verkehr (Stand des Wissens: 16.01.2025)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?507232
Literatur
[BMUV24a] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (Hrsg.) Planetare Belastbarkeitsgrenzen, 2024/03/06
[BPBI15] Bundeszentrale für politische Bildung Die neuen Ziele der Vereinten Nationen, bpb. Bundeszentrale für politische Bildung, 2015
[Helmholtz22] Thomas Krautwig, Anja Krieger Planetare Grenzen: Neun Leitplanken für die Zukunft, 2022/07/26
[PUFE2014] Pufé, Iris Was ist Nachhaltigkeit? Dimensionen und Chancen, 2014
[RSNP09] Rockström, Johan, Steffen, Will, Noone, Kevin, Persson, Åsa, Chapin III, F. Stuart, Lambin, Eric , et al. Planetary boundaries. Exploring the safe operating space for humanity, veröffentlicht in Ecology and society, Ausgabe/Auflage 14 (2), 2009
[SCOT09] Scott Cato, Molly Green economics. An introduction to theory, policy, and practice, London u.a.: Earthscan, 2009
[SRRC15] Steffen, Will, Richardson, Katherine, Rockström, Johan, Cornell, Sarah E., Fetzer, Ingo, Bennett, Elena M. , et al. Planetary boundaries. Guiding human development on a changing planet, veröffentlicht in Science, Ausgabe/Auflage 347 (6223), 2015
[UNGA10] UN General Assembly Implementation of Agenda 21, the Programme for the Further Implementation of Agenda 21 and the outcomes of the World Summit on Sustainable Development. Report of the Secretary-General, 2010
[WBGU11] WBGU - Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen Welt im Wandel. Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation; [Hauptgutachten], Ausgabe/Auflage 2. veränd. Aufl., Berlin: Wiss. Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), 2011

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?507125

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 09:54:22