Biometrische Kontrollen im Luftverkehr
Erstellt am: 06.02.2018 | Stand des Wissens: 18.07.2023
Synthesebericht gehört zu:
Eine Entwicklungstendenz bei der Personenkontrolle ist die biometrische Authentifikation. Hierunter versteht man das automatische Erkennen von Personen anhand von Körpermerkmalen durch einen Vergleich mit hinterlegten biometrischen Daten [Gerd06]. Jeder Mensch verfügt über individuelle Eigenschaften, die mit biometrischen Merkmalen dargestellt werden können. Dabei ist zwischen passiven und aktiven Eigenschaften zu unterscheiden. Zu den passiven Eigenschaften zählen körperliche Merkmale wie Finger, Gesicht, Iris, Retina (Netzhaut) und Hand. Die aktiven Eigenschaften umfassen Bewegungen und Verhaltensmuster, wie den Gang und die Schreibdynamik. Die biometrischen Merkmale müssen folgende Anforderungen erfüllen, damit die eindeutige Identifizierung gewährleistet werden kann [MaPr07]:
- Universalität: Jeder Mensch muss das Merkmal zur Erfassung und Systemnutzung aufweisen.
- Einzigartigkeit: Die Merkmalsausprägung muss zur Unterscheidung von Individuen einmalig sein.
- Beständigkeit: Das Merkmal darf sich über die Zeit nicht ändern, damit das Verfahren weiterhin gültig ist.
- Erfassbarkeit: Das Merkmal muss für anschließende Messungen vom System erfasst werden können.
Es wird zwischen aktiver (Mitwirkung des Nutzenden) und passiver Erfassung (im Vorbeigehen) bei der Aufnahme biometrischer Daten unterschieden [Gerd06]. Für die Anwendung dieser Daten müssen folgende Komponenten vorhanden sein [MaPr07]:
- Sensor: Aufnahme des Merkmals.
- Verarbeitungseinheit: Die vom Sensor eingehenden Informationen werden extrahiert und für den Vergleichsvorgang bearbeitet.
- Vergleicher (Matching): Der bearbeitete Datensatz wird mit Datensätzen in der Datenbank verglichen.
- Ausgabeeinheit: Mitteilung über Identifizierung und Autorisierung des Datensatzes der Person.
- Datenbank: Speichern der komprimierten, biometrischen Benutzerdaten.
Zu den Basisfunktionen, also den Phasen, die bei jeder Benutzung durchlaufen werden, zählen:
- Enrollment: Registrierung der Person im System, Berechnung eines reduzierten Datensatzes (Template) mittels Algorithmus und anschließender Komprimierung aus Kapazitäts- und Sicherheitsgründen.
- Verifikation: Feststellung, ob nutzende gleich registrierte Person - dezentrale Speicherung biometrischer Personenmerkmale.
- Identifikation: Identität der Person wird mit in einer Datenbank gespeicherten Identitäten verglichen.
![Abb. 1: Systemarchitektur eines biometrischen Systems [Eintrag-Id:342150] Systemarchitektur.jpg](/servlet/is/478866/Systemarchitektur.jpg)
Biometrische Verfahren als Ersatz oder zumindest Ergänzung zu herkömmlichen Zugangskontrollsystemen wie Chipkarte und Passwort sind heute Stand der Technik. Zu den Methoden der biometrischen Zugangskontrollen zählen folgende Verfahren [Gerd06]:
Der Fingerprint Scan zeichnet sich durch eine gute Messbarkeit und eine zeitliche Konstante aus. Er eignet sich für Hochsicherheitsanwendungen und hat einen geringen Speicherbedarf. Da bisher keine zwei Menschen mit dem gleichen Fingerabdruck bekannt sind, eignet er sich gut zur eindeutigen Identifikation. Als nachteilig wirkt sich aus, dass etwa 2 Prozent der Personen keine Fingerabdrücke wegen Alter, Krankheit oder Ähnlichem abgeben können. Die Akzeptanz ist dadurch beeinträchtigt, dass Menschen mit der Abgabe von Fingerabdrücken eine Behandlung von Kriminellen assoziieren. Die False Rejection Rate (FRR) kann abhängig vom Geschlecht (weibliche Personen haben kleinere Finger als männliche) und vom Alter steigen. Zuletzt gibt es auch hygienische Vorbehalte.
![Verfahren beim Fingerprint Scan [Eintrag-Id:342142] FingerprintVerfahren.jpg](/servlet/is/478866/FingerprintVerfahren.jpg)
Das Verfahren der Gesichtserkennung ist kostengünstig und einfach zu bedienen. Es hat eine sehr gute Erfassungsleistung und der kontaktlose Sensor ist hygienisch. Als nachteilig wirkt sich die geringe Konstanz und Systemzuverlässigkeit aus. Es besteht eine Gefahr von Falscherkennungen (False Acceptance Rate, FAR, zwischen 0,5 Prozent bis 2 Prozent) und somit eine geringere Sicherheit für Hochsicherheitsanwendungen. Die Erkennung ist jedoch bei guter Ausleuchtung des Gesichts schon ausreichend zuverlässig für die Anwendung am Flughafen. Ansätze zur Gesichtserkennung sind: Template Matching, Hautfarbenerkennung, Elastic Bunch Graph Matching, Eigengesicht (englisch: eigenface) und dreidimensionale Bild-Generierung.
Seit der Verordnung Nummer 2252/2004 der Europäischen Gemeinschaft erfolgt die schrittweise Einführung von digitalen Gesichtsbildern und Fingerabdrücken nach vorgegebenem Qualitätsstandard in den Reisepässen auf Ebene der Europäischen Union (EU), um den Missbrauch von Pässen zu erschweren.
Weitere Verfahren zur Identifikation sind der Iris Scan und die Handgeometrie-Messung. Insbesondere der Iris-Scan wurde anfangs an Flughäfen verwendet. Die zusätzliche Anmeldung für das Programm, bei dem die notwendigen Daten aufgenommen und gespeichert wurden, war vielen Fluggästen zu umständlich. Es wurde auf die obenstehenden Verfahren umgestiegen, da mit den Daten des Reisepasses keine Anmeldung mehr nötig war.
Die EU-Richtlinie 95/46/EC, über den Schutz der Persönlichkeitsrechte bei der Erfassung und Verbreitung von Personendaten, lieferte den allgemeinen rechtlichen Rahmen für den Umsetzungsspielraum von biometrischen Kontrollsystemen. Für den Einsatz im Luftverkehr sind die Gesichtserkennung und der Fingerprint Scan relevant. Nur bei einer Durchsetzung international standardisierter, maschinenlesbarer Reisedokumente können diese Verfahren wirksam eingesetzt werden [ACI04a]. Die notwendigen internationalen Vereinheitlichungen sind über die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) oder internationale Normstellen wie die Internationale Organisation für Normung (ISO) zu betreiben. Die Systeme müssen so konzipiert sein, dass sie die Bewegung der Fluggastströme nicht übermäßig behindern. Verlässlichkeit und Einsatzmöglichkeiten der Systeme wurden anfänglich überzeichnet [ACI04a], sodass ihre zuverlässige Arbeitsweise noch nachgewiesen werden muss. Zur Finanzierung neuer Kontrolltechniken gibt es unterschiedliche Auffassungen. Verbände der Flughafenbetreiber sehen in der Personenkontrolle eine hoheitliche, staatliche Aufgabe, während sie von der Regierung als Teil der Eigensicherungspflicht des Flughafenbetreibers ausgelegt wird [BMI03].
Im öffentlichen Umfeld werden weltweit Projekte zu automatisierten, biometrie-gestützten Grenzkontrollen (ABG) realisiert. Statt manueller Passkontrolle werden an bereits acht Standorten in Deutschland Flugreisende mittels EasyPASS über den Abgleich eines maschinenlesbaren Passes mit einer biometrischen Frontalaufnahme durch Gesichtserkennung eindeutig identifiziert [EAPA23]. Die automatische Grenzkontrolle dauert ungefähr 18 Sekunden. [AIRL14b] Fast alle europäischen Länder nutzen die Gesichtserkennung. Während Spanien und Estland die Gesichtserkennung und den Fingerprint Scan verwenden, vergleicht man in Frankreich nur den Fingerabdruck [Clab17]. Neben der höheren Sicherheit durch eine eindeutige Identifikation wird der Durchgang am Flughafen beschleunigt und erleichtert. Die gesicherte Identität aller Reisenden wird die Voraussetzung dafür sein, dass die vom Europäischen Parlament verabschiedete Richtlinie 2016/681 zur Verwendung von Fluggastdaten (Passenger Name Record, PNR) und das deutsche Fluggastdatengesetz wirksam umgesetzt werden können. Weitere Verwendungen, wie zum Beispiel beim Boarding, werden zurzeit geprüft.Die EU-Richtlinie 95/46/EC, über den Schutz der Persönlichkeitsrechte bei der Erfassung und Verbreitung von Personendaten, lieferte den allgemeinen rechtlichen Rahmen für den Umsetzungsspielraum von biometrischen Kontrollsystemen. Für den Einsatz im Luftverkehr sind die Gesichtserkennung und der Fingerprint Scan relevant. Nur bei einer Durchsetzung international standardisierter, maschinenlesbarer Reisedokumente können diese Verfahren wirksam eingesetzt werden [ACI04a]. Die notwendigen internationalen Vereinheitlichungen sind über die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) oder internationale Normstellen wie die Internationale Organisation für Normung (ISO) zu betreiben. Die Systeme müssen so konzipiert sein, dass sie die Bewegung der Fluggastströme nicht übermäßig behindern. Verlässlichkeit und Einsatzmöglichkeiten der Systeme wurden anfänglich überzeichnet [ACI04a], sodass ihre zuverlässige Arbeitsweise noch nachgewiesen werden muss. Zur Finanzierung neuer Kontrolltechniken gibt es unterschiedliche Auffassungen. Verbände der Flughafenbetreiber sehen in der Personenkontrolle eine hoheitliche, staatliche Aufgabe, während sie von der Regierung als Teil der Eigensicherungspflicht des Flughafenbetreibers ausgelegt wird [BMI03].