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Gesetzliche Anreizsetzung

Erstellt am: 29.08.2012 | Stand des Wissens: 20.09.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. T. Blecker
Technische Universität Hamburg - Institut für Logistik und Unternehmensführung

Die Herausforderung einer gesetzlichen Regelung des Rampenmanagements besteht darin, die Gesetzeslage so zu gestalten, dass der bürokratische Aufwand nicht erhöht und Kompetenzen klar strukturiert zugeteilt werden, sodass die Effizienz der Zusammenarbeit der Akteure an der Rampe gesteigert wird. Ein zu geringes Ausmaß an gesetzlicher Regelung lässt den Transportunternehmen eventuell einen zu großen Freiraum, der es erlaubt, den Vorgaben nicht zwingend zu folgen. Viele Gesetze schränken wiederum die Unternehmen in ihren Handelsspielräumen ein, was zu einem Verlust der Marktattraktivität führen kann.

Gesetzliche Rahmenbedingungen sollen eindeutige Leistungsverpflichtungen der einzelnen Akteure definieren, um wiederum Anreize für eine bessere Koordinierung der Prozessbeteiligten und eine effizientere Kommunikation zwischen ihnen zu schaffen [BAG11, S.22]. Die gilt insbesondere in den Bereichen, in denen Zuständigkeiten und gegenseitige Ansprüche unklar sind. Dies trifft beispielsweise auf die Zuständigkeiten beim Be- und Entladen an der Rampe sowie die Berechnung von Standgeldern zu [BAG11, S.3].

Ein zentrales Thema stellen die Kompensationszahlungen dar, die im Falle von unplanmäßigen Wartezeiten und Verspätungen fällig werden. Der Paragraph 412, Abschnitt 3 HGB legt fest, dass dem Frachtführer ein Anspruch auf eine angemessene Vergütung entsteht, wenn aufgrund vertraglicher Vereinbarungen oder aus Gründen, die nicht in seinem Risikobereich liegen, er über die Lade- und Entladezeit hinaus warten muss. In der Praxis wird dieser Anspruch oftmals aufgrund von Auftrags- oder Kundenverlustängsten nicht eingefordert. [BAG11, S.22].
Um einen wahren Anreiz zu schaffen, müsste das Gesetz dahingehend weiterentwickelt werden, dass es sowohl den Zeitraum, als auch die Höhe des fälligen Standgeldes benennt. Die Aufgabe des Gesetzgebers besteht daher darin, die Regularien zu konkretisieren und eine praxisgerechte Lösung zu schaffen. Eine Möglichkeit der Umsetzung besteht in der Formulierung von Musterklauseln, die in den Lieferverträgen und Beförderungsverträgen zwischen den Akteuren verwendet werden sollen. So werden die Kompensationszahlungen vertraglich fixiert, wenn die vereinbarten Be- und Entladezeiten nicht eingehalten werden. Durch die Musterklauseln soll ein notwendiger Druck auf die Empfänger zur schnelleren Abfertigung an der Rampe ausgeübt und die Verhandlungsmacht der Speditionen und Frachtführer gestärkt werden. [HaCo12]

Eine weitere Verbesserung würde möglicherweise eine Mautstaffelung bewirken, die eine Glättung der Aufkommensspitzen auf den Straßen und eine Entlastung von staukritischen Teilen der Autobahnen zur Folge hätte. Diese könnte beispielweise so gestaltet werden, dass räumlich und zeitlich differenzierte Bundesautobahn-Mautsätze für schwere Lkw festgelegt werden. Denkbar wäre eine Vergünstigung der Maut für die Nachtstunden, beziehungsweise eine Verteuerung der Maut am Tag. Würde der Transport zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr günstiger sein als am Tag, wird Untersuchungen zufolge die Verlagerung des Schwerverkehrs auf diese Zeiten und damit eine Entlastung der Infrastruktur erreicht [BAG11, S.31].

Ein weiterer Anreiz wäre die Änderung der Gesetzeslage für die Lenk- und Ruhezeiten. Es wird vorgeschlagen, die Wartezeiten an der Rampe nicht als Bereitschaftszeit zu werten, sondern als Lenkzeitunterbrechung. In diesem Fall könnte sich der Fahrer völlig individuell die Wartezeit als Erholungspause anrechnen lassen [BAG11, S.31]. Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass die Fahrer sich aufgrund des hohen Zeitdrucks Pausen anrechnen, die sie nicht durchgeführt haben und dass sich somit die Unfallgefahr durch Übermüdung erhöht.
Eine Möglichkeit, die Wartephase als Ruhezeit zu nutzen, ist durch den Einsatz von sogenannten Pagern. Weiterführende Informationen zum Thema Einsatz von Pagern siehe Synthesebericht "Kommunikation und IT".
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. T. Blecker
Technische Universität Hamburg - Institut für Logistik und Unternehmensführung
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Rampenmanagement (Stand des Wissens: 09.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?397693
Literatur
[BAG11] Bundesamt für Logistik und Mobilität (Hrsg.) Marktbeobachtung Güterverkehr, Sonderbericht zur Situation an der Laderampe, 2011/01
[HaCo12] Hassa, E., Cordes, M., Kranke, A. BMVBS-Untersuchung Lagerrampe: Schluss mit der ewigen Warterei, Ausgabe/Auflage 28/2012, 2012
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Transporteur Transporteure (auch Frachtführer genannt) führen den physischen Transport aus.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?397522

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 20:58:03