Verkehrssicherheitsarbeit bei unter 17-Jährigen
Erstellt am: 25.02.2003 | Stand des Wissens: 01.11.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Die Sicherheit von Kindern ist für Eltern, aber auch für die Gesellschaft im Ganzen ein besonders wichtiges Thema, vor allem im jungen Alter sind Kinder kaum in der Lage, ohne fremde Hilfe für Ihre eigene Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen.
Die Ursachen für ihre besondere Gefährdung sind [Limb00]:
- das Anfängerrisiko, da sie erst vor kurzer Zeit gelernt haben, ein Fahrrad oder Moped zu fahren,
- das jugendtypische Risikoverhalten, das sich in Selbstüberschätzung und Unterschätzung der Gefahren im Straßenverkehr ausdrückt.
- Mutproben im Straßenverkehr (zum Beispiel Autobahnen knapp vor herannahenden Autos überqueren, Car-Rafting, heimliches Motorrad- oder Autofahren ohne Führerschein)
Im Jahr 2021 verunglückten insgesamt 22.272 Kinder unter 15 Jahren im Straßenverkehr, 0,8 Prozent weniger als 2018. Davon getötet wurden 49 Personen, eine Person mehr als 2020 [Stat23a]. Eine ähnliche Entwicklung ist bei 15- bis 17-jährigen Jugendlichen zu beobachten [Stat21].
Die Anzahl der im Straßenverkehr verunglückten Kinder im Alter bis fünf Jahre ist in den letzten Jahren zurückgegangen [Dest16g], auch die Anzahl an verunglückten und getöteten Kindern sinkt generell (siehe Abbildung 1 und Abbildung 2) [Stat21]. Betrachtet man den Anteil der im Verkehr aller getöteten Kinder bis unter 15 Jahre gegenüber allen Altersklassen, so ist dieser mit nur 1,6 Prozent im Jahr 2021 verhältnismäßig gering [Stat21n]. Diese Entwicklung lässt allerdings nicht unmittelbar den Schluss zu, dass sich die Sicherheit von Kindern im Straßenverkehr deutlich verbessert hat. Vielmehr müssen die Veränderungen im Mobilitätsverhalten und die Entwicklung der absoluten Anzahl der Kinder dieser Altersgruppe in die Bewertung mit einfließen.
Dennoch wird von einer echten Verbesserung der Sicherheit von Kindern ausgegangen. Die Faktoren, die für eine Verbesserung sprechen, sind die Verkehrssicherheitsarbeit im Elternhaus und Kindergarten [Limb00] sowie das vorsichtigere Verhalten von Autofahrern gegenüber Kindern [Dest16g]. Auch Faktoren, die Ausdruck eines geänderten Mobilitätsverhaltens sind und daher keine Verbesserung der Sicherheit von Kindern beschreiben, sind zu berücksichtigen. Hierunter fällt die geringere Aufenthaltsdauer der Kinder im Verkehrsraum. Dieser Trend ist darauf zurückzuführen, dass Eltern ihre Kinder häufiger zur Schule oder zu anderen Zielen fahren [Limb00 S.41]. Im Gegensatz zu den älteren Kindern über sechs Jahren werden Kinder bis zu ihrem fünften Lebensjahr im Auto meist altersgerecht gesichert [BMVBW05e].
Ungeachtet der positiven Entwicklung der Unfallzahlen ist die Anzahl der verunglückten Kinder dieser Altersgruppe immer noch besorgniserregend hoch.
Dennoch wird von einer echten Verbesserung der Sicherheit von Kindern ausgegangen. Die Faktoren, die für eine Verbesserung sprechen, sind die Verkehrssicherheitsarbeit im Elternhaus und Kindergarten [Limb00] sowie das vorsichtigere Verhalten von Autofahrern gegenüber Kindern [Dest16g]. Auch Faktoren, die Ausdruck eines geänderten Mobilitätsverhaltens sind und daher keine Verbesserung der Sicherheit von Kindern beschreiben, sind zu berücksichtigen. Hierunter fällt die geringere Aufenthaltsdauer der Kinder im Verkehrsraum. Dieser Trend ist darauf zurückzuführen, dass Eltern ihre Kinder häufiger zur Schule oder zu anderen Zielen fahren [Limb00 S.41]. Im Gegensatz zu den älteren Kindern über sechs Jahren werden Kinder bis zu ihrem fünften Lebensjahr im Auto meist altersgerecht gesichert [BMVBW05e].
Ungeachtet der positiven Entwicklung der Unfallzahlen ist die Anzahl der verunglückten Kinder dieser Altersgruppe immer noch besorgniserregend hoch.
Das Unfallgeschehen und das Risiko für Kinder im Verkehrsraum zu minimieren, ist das Ziel der Verkehrssicherheitsarbeit.
Zu den bekannten Programmen der Verkehrssicherheitsarbeit gehören unter anderem: "Kind und Verkehr", "FIT - Fahrrad im Trend", "Schülerlotsen", "Kind im Straßenverkehr", "Mofakurse in der Schule" (Deutsche Verkehrswacht), das "Jugendverkehrsabzeichen" (Arbeitsgemeinschaft deutscher Erzieher); "Achtung Auto" (ADAC) und "Zweiradtraining - 125 Kubik" (ACE Auto Club Europa e.V.).
Das Fundament der Verkehrssicherheitsarbeit dieser Zielgruppe ist das Programm: "Kind und Verkehr". Es wird seit 1980 unter Federführung des DVR durchgeführt und soll in Elternveranstaltungen:
Das Fundament der Verkehrssicherheitsarbeit dieser Zielgruppe ist das Programm: "Kind und Verkehr". Es wird seit 1980 unter Federführung des DVR durchgeführt und soll in Elternveranstaltungen:
- erwachsenen Verkehrsteilnehmern über Verhaltensweisen von Kinder im Straßenverkehr aufklären und rücksichtsvolles Verhalten fördern und
- Eltern veranlassen, ihre Kinder vor den Gefahren des Straßenverkehrs zu schützen und auf die selbstständige Verkehrsteilnahme hinzuführen.
Die Initiatoren geben an, circa 20 Prozent der Elternschaft eines Kindergartenjahrgangs über dieses Programm zu erreichen, so dass ein ausreichend großer Wirkungskreis erschlossen wird, um die vorgesehenen, pädagogischen Ziele zu erreichen [Will00].
Im Grundschulalter verändern sich das Mobilitätsverhalten von Kindern und somit auch die damit zusammenhängenden Unfallzahlen.
Werden Todesursachen von 0 bis Unter-5-jährigen Kindern verglichen, kommt dem Verkehr eine große Rolle zu: Fast ein Viertel, also 24,4 Prozent der Unfalltoten in diesem Alter sind 2021 auf Verkehrsunfälle zurückzuführen [Stat21n]. In diesem Bereich besteht also großer Handlungsbedarf bei der Verkehrssicherheitsarbeit für Kinder ab sechs Jahren und deren Eltern. Insgesamt ist für diese Gruppe das Risiko (Verunglückte pro 1 Millionen Kilometer Verkehrsleistung) als Fahrradfahrer zu verunglücken am höchsten. An zweiter Stelle steht das Risiko als Fußgänger einen Unfall zu erleiden. Wird die absolute Zahl an Unfällen betrachtet, ist diese mit dem Pkw am höchsten (circa ein Drittel), gefolgt vom Fahrrad [Stat21].
Insgesamt ist für diese Gruppe das Risiko (Verunglückte pro 1 Millionen Kilometer Verkehrsleistung) als Fahrradfahrer zu verunglücken am höchsten. An zweiter Stelle steht das Risiko als Fußgänger einen Unfall zu erleiden. Wird die absolute Zahl an Unfällen betrachtet, ist diese mit dem Pkw am höchsten (circa ein Drittel), gefolgt vom Fahrrad [Dest16g].
Die Verkehrssicherheitsprogramme dieser Zielgruppe beschäftigen sich inhaltlich überwiegend mit dem Schulweg und dem Fahrrad als Verkehrsmittel. Die Programme sind der "Schulwegratgeber" (ADAC), "Radfahren in der Schule" (Deutsche Verkehrswacht e.V.) und die Aktion "Move it" (Deutsche Verkehrswacht e.V.). Darüber hinaus findet für die Kinder im Grundschulalter für fast 95 Prozent aller Viertklässler die Radfahrprüfung in den Jugendverkehrsschulen statt, wobei jedoch in den letzten Jahren deutliche Probleme betreffend des Fahrkönnens der Kinder beobachtet wurden, was mit dem steigenden Anteil an Elterntaxis zusammenhängt [ADAC18c], [Limb00 S.41]. Die Broschüre "Schulwegsicherung - Informationen für Eltern" (GDV) gibt den Eltern wichtige Ratschläge, die bei dem Weg zwischen zu Hause und Schule beachtet werden sollten. [UDV17b]
Der Anteil, den die genannten Programme an der Erhöhung der Sicherheit besitzen, kann nicht genau quantifiziert werden, da die Wirksamkeit dieser Programme nur über "weiche" Bewertungsmethoden (verwendete Lernmethoden, Dauer, Teilnehmerzahlen) ermittelt werden kann [Cold01].
Im Grundschulalter verändern sich das Mobilitätsverhalten von Kindern und somit auch die damit zusammenhängenden Unfallzahlen.
Werden Todesursachen von 0 bis Unter-5-jährigen Kindern verglichen, kommt dem Verkehr eine große Rolle zu: Fast ein Viertel, also 24,4 Prozent der Unfalltoten in diesem Alter sind 2021 auf Verkehrsunfälle zurückzuführen [Stat21n]. In diesem Bereich besteht also großer Handlungsbedarf bei der Verkehrssicherheitsarbeit für Kinder ab sechs Jahren und deren Eltern. Insgesamt ist für diese Gruppe das Risiko (Verunglückte pro 1 Millionen Kilometer Verkehrsleistung) als Fahrradfahrer zu verunglücken am höchsten. An zweiter Stelle steht das Risiko als Fußgänger einen Unfall zu erleiden. Wird die absolute Zahl an Unfällen betrachtet, ist diese mit dem Pkw am höchsten (circa ein Drittel), gefolgt vom Fahrrad [Stat21].
Insgesamt ist für diese Gruppe das Risiko (Verunglückte pro 1 Millionen Kilometer Verkehrsleistung) als Fahrradfahrer zu verunglücken am höchsten. An zweiter Stelle steht das Risiko als Fußgänger einen Unfall zu erleiden. Wird die absolute Zahl an Unfällen betrachtet, ist diese mit dem Pkw am höchsten (circa ein Drittel), gefolgt vom Fahrrad [Dest16g].
Die Verkehrssicherheitsprogramme dieser Zielgruppe beschäftigen sich inhaltlich überwiegend mit dem Schulweg und dem Fahrrad als Verkehrsmittel. Die Programme sind der "Schulwegratgeber" (ADAC), "Radfahren in der Schule" (Deutsche Verkehrswacht e.V.) und die Aktion "Move it" (Deutsche Verkehrswacht e.V.). Darüber hinaus findet für die Kinder im Grundschulalter für fast 95 Prozent aller Viertklässler die Radfahrprüfung in den Jugendverkehrsschulen statt, wobei jedoch in den letzten Jahren deutliche Probleme betreffend des Fahrkönnens der Kinder beobachtet wurden, was mit dem steigenden Anteil an Elterntaxis zusammenhängt [ADAC18c], [Limb00 S.41]. Die Broschüre "Schulwegsicherung - Informationen für Eltern" (GDV) gibt den Eltern wichtige Ratschläge, die bei dem Weg zwischen zu Hause und Schule beachtet werden sollten. [UDV17b]
Der Anteil, den die genannten Programme an der Erhöhung der Sicherheit besitzen, kann nicht genau quantifiziert werden, da die Wirksamkeit dieser Programme nur über "weiche" Bewertungsmethoden (verwendete Lernmethoden, Dauer, Teilnehmerzahlen) ermittelt werden kann [Cold01].
![Abbildung 1: Verunglückte 15- bis 17-Jährige bei Straßenverkehrsunfällen [Eintrag-Id:514889, S. 32] Verunglueckte_15-17_2020.png](/servlet/is/35981/Verunglueckte_15-17_2020.png)
![Abbildung 2: Getötete 15- bis 17-Jährige bei Straßenverkehrsunfällen [Eintrag-Id:514889, S. 33] Getoetete_15-17_2020.png](/servlet/is/35981/Getoetete_15-17_2020.png)
Auch in der Altersgruppe der 15- bis 17-jährigen Jugendlichen sind die Zahlen der Verunglückten bei Straßenverkehrsunfällen in den vergangen Jahren rückläufig (siehe Abbildung 1). Für Jugendliche ist das Risiko im Verkehr zu verunglücken jedoch deutlich höher als für Kinder [StBu17h]. Vor allem für diese Altersgruppe ist somit eine wirkungsvolle und nachhaltige Verkehrserziehung von großer Bedeutung.
Die Verkehrserziehung von Jugendlichen wird in Deutschland flächendeckend durch die schulische Erziehung umgesetzt. In allen Schulformen ist die Verkehrserziehung in den Lehrplänen integriert.
Der schulischen Verkehrserziehung liegen dabei die folgenden Zielsetzungen zu Grunde:
Die Verkehrserziehung von Jugendlichen wird in Deutschland flächendeckend durch die schulische Erziehung umgesetzt. In allen Schulformen ist die Verkehrserziehung in den Lehrplänen integriert.
Der schulischen Verkehrserziehung liegen dabei die folgenden Zielsetzungen zu Grunde:
- sicherheitserzieherische Zielsetzung: Lernziel ist es, Kindern im Grundschulalter Handlungsoptionen aufzuzeigen, um Verkehrssituationen sicher und selbständig zu bewältigen.
- sozialerzieherische Zielsetzung: Lerninhalt ist die Entwicklung von Kompetenzen, die die Voraussetzung für eine Teilnahme am Straßenverkehr bilden. Dazu zählen Mitverantwortung, Rücksichtnahme und die Fähigkeit, auf Vorrechte verzichten zu können.
- umwelterzieherische Zielsetzung: In diesem Bereich werden den Schülerinnen und Schülern Kenntnisse über verschiedene Faktoren von Umweltbelastungen und -zerstörungen durch den Verkehr vermittelt. Dabei sollen sich die Schülerinnen und Schüler mit ihrem eigenen Verkehrsverhalten und dem der erwachsenen Verkehrsteilnehmer auseinandersetzen und Alternativen zum bestehenden Verkehrsverhalten und zur Verkehrsgestaltung entwickeln.
- gesundheitserzieherische Zielsetzung: Hierunter versteht man die Förderung der psychomotorischen Grundlagen für die Teilnahme am Straßenverkehr. Dazu zählt die Entwicklung des Bewegungs-, Wahrnehmungs-, Anpassungs- und Reaktionsvermögens. Berührungspunkte zwischen Gesundheitserziehung und Verkehrserziehung ergeben sich durch die gemeinsamen Ziele Lärm- und Stressvermeidung im Straßenverkehr, Stressbewältigung, Vermeidung von unnötigem Autoverkehr, Gesundheitsförderung durch Radfahren und Drogenprophylaxe.
Zur Situation der Verkehrserziehung in der Sekundarstufe an Schulen in Deutschland wurde eine Erhebung bei Schulleitern, Lehrern und Schülern durchgeführt. Ebenso wurden Lehrpläne, Unterrichtsmaterialien, Fort- und Weiterbildungsangebote für Lehrer analysiert. Die Situation der Verkehrserziehung ist sehr unterschiedlich und hängt unter anderem von der Schulart, der Jahrgangsstufe, der Größe der Schule und der Bevölkerungsdichte ab. Die Verkehrserziehung in der Sekundarstufe spielt im Denken vieler Lehrer keine Rolle und sollte nach deren Meinung Experten wie beispielsweise der Polizei vorbehalten sein. Bislang findet die Verkehrserziehung meist im Klassenraum nach herkömmlichen Unterrichtsmethoden statt und nur seltener im Verkehrsraum selbst. Der bei der Erhebung durchgeführte Wissenstest zeigte gravierende Mängel bei den Verkehrserkenntnissen der Schüler und somit noch großes Verbesserungspotential der Verkehrssicherheitsarbeit [BASt04f].