Barrierefreie Gestaltung von Haltestellen des ÖPNV
Erstellt am: 28.01.2003 | Stand des Wissens: 22.08.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Von Planern und Betreibern wird häufig angestrebt, Maßnahmen, die mobilitätseingeschränkten Menschen dienen, gleichzeitig zur Attraktivitätssteigerung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) für alle zu nutzen. So ist die stufenlose Erreichbarkeit von Haltestellen für Rollstuhlfahrer unerlässlich, bedeutet für Personen mit Kinderwagen und für ältere Menschen eine Reduzierung von Nutzungsschwierigkeiten und ist für die übrigen Nutzer eine Komfortsteigerung [Blen03a].
Die Gestaltung und Ausstattung von Haltestellen soll sich im Rahmen der baulich-technischen und ökonomischen Bedingungen an den Interessen und Bedürfnissen aller Kunden orientieren [BMVBW97].
Bei einer Befragung älterer Autofahrer und Verkehrsexperten [BMFSFJ02] nannten zum Beispiel über 80 Prozent von älteren Autofahrern einen verbesserten Witterungsschutz am Bahnhof/an der Haltestelle als eine wichtige Verbesserungsmöglichkeit des Öffentlichen Verkehrs (ÖV) (siehe Abbildung 1).
Ein ähnliches Bild präsentiert sich bei der Beurteilung von Haltestellen bezüglich von Sitzgelegenheiten. Für circa 60 Prozent der älteren Autofahrer sind Sitzgelegenheiten bedeutsam (siehe Abbildung 2) [BMFSFJ02].
Folgende Anforderungen an barrierefreie Haltestellen sind zu stellen [BMVBW92a, BMVBW97, BMVBW00d, DIN 18040-1, DIN 18040-3]:
- Höhenunterschiede dürfen für die Fahrgäste nicht zu einem Hindernis werden, sondern sind durch Aufzüge oder Rampen auch für mobilitätsbehinderte Personen überwindbar zu gestalten.
- Statische Richtungs- und Informationsanzeigen gehören zur Grundausstattung einer Haltestelle. Die Fahrgastinformationen müssen barrierefrei auffindbar sein. Dynamische Anzeigen erhöhen den Komfort und erleichtern die Entscheidung der Fahrgäste. Informationen sollen nach Möglichkeiten sowohl in visueller als auch in taktiler und akustischer Form dargeboten werden. Der Haltestellenname und gegebenenfalls die Linienführung sollte in Blindenschrift am Haltestellenmast angebracht werden.
- Breite der Haltestellenwartefläche soll ausreichend Bewegungsmöglichkeiten für Rollstühle und Kinderwagen bieten (kleiner als 2,50 Meter). Auf Haltestellenwarteflächen muss es mindestens eine Bewegungsfläche für eine 180-Grad-Wende mit dem Rollstuhl geben.
- Materialien für den Boden sollen mit Rollstühlen und Kinderwagen bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen leicht befahrbar und rutschhemmend sein. Einige Materialien (zum Beispiel für taktile Bodenelemente) sollen zugleich Orientierungshilfe bieten (beispielsweise markierte Einstiegshilfen). Bodenmaterialien und Materialien für Möblierung sowie Informationselemente sollen sich kontrastreich von der Umgebung abheben.
- Freistehende oder vorstehende Einbauten sollen gegebenenfalls durch Sockel oder Querstangen in Bodennähe gesichert werden, damit sie beim Benutzen eines Blindenstocks erfasst werden.
- Ein gedämpfter Geräuschpegel erleichtert die akustische Verständigung und die Informationsaufnahme. Schwer hörgeschädigten, stark sehbehinderten und älteren Personen wird durch Lärmreduzierung die Orientierung deutlich erleichtert.
- WC-Einrichtungen sind so zu gestalten, dass sie auch von Menschen mit Behinderung genutzt werden können. An stark frequentierten Haltestellen sind WC-Einrichtungen mit Baby-Wickelräumen hilfreich.
- Bordsteine sollen dort, wo es für das Erreichen von Haltestellen notwendig ist, auf drei Zentimeter abgesenkt werden, damit Rollstuhlfahrer eine bewältigbare Zufahrt sowie Blinde und sehbehinderten Personen trotz Bordsteinabsenkung eine taktile Orientierung geboten wird.
- Bei der Begrünung sollen keine Pflanzen verwendet werden, die eine hohe allergene Potenz oder eine toxische Wirkung haben. Die Begrünung soll so angelegt und gepflegt werden, dass die Sicht von kleinwüchsigen Menschen und von Kindern nicht beeinträchtigt wird.
- Rollstuhlfahrern muss durch eine behindertengerechte Haltestellenumgebung in Form von abgesenkten Bordsteinen oder Rampen, deren Neigung kleiner als sechs Prozent betragen sollte, der Zugang zu den Haltestellen erleichtert werden.
- Die Anordnung der Radfahrwege und -steifen ist so zu gestalten, dass zwischen Wartefläche und Radverkehrsanlagen ein ausreichender Schutz- und Wartestreifen für Fahrgäste vorhanden ist.
- Eine ausreichende Beleuchtung zur Verbesserung der Orientierung für sehbehinderte Personen sowie ein Witterungsschutz und Sitzgelegenheiten gehören zur Grundausstattung von Haltestellen.