Gestaltung und Durchsetzung von Vorschriften als intermodaler Einflussfaktor der Politik
Erstellt am: 26.03.2010 | Stand des Wissens: 12.06.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Die Politik kann durch die Gestaltung und Durchsetzung von Vorschriften erheblichen Einfluss auf die Leistungsparameter der Verkehrsträger und die tatsächlichen Verhältnisse im intermodalen Wettbewerb nehmen. Über die Erhebung von Infrastrukturbenutzungsgebühren (vergleiche geltende Maut-Tarife [ToCo20a]) hinaus stellen Vorschriften zu Lenk- und Fahrzeiten und zu Fahrzeugmaßen sowie die Häufigkeit von Kontrollen wesentliche Einflussfaktoren dar. Dabei lassen sich im intermodalen Vergleich beachtliche Unterschiede feststellen.
So sind beispielsweise die Lenk- und Fahrzeiten im Straßengüterverkehr sowohl auf Europäischer-Ebene als auch auf nationaler Ebene in eigenen Richtlinien genau geregelt [EG561/2006; BMVBS08a]. Neben Vorschriften zu Ruhezeiten des Fahrpersonals bestehen in Deutschland gemäß der Straßenverkehrsordnung Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen, wobei für den Vor- und Nachlauf im Kombinierten Verkehr Ausnahmen gelten. Dem gegenüber gelten für die anderen Landverkehrsträger im nationalen Bereich die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, das jedoch für die Binnenschifffahrt tarifvertraglich vereinbarte Abweichungen ausdrücklich zulässt. Für den Eisenbahnverkehr zwischen zwei europäischen Staaten ist eine europäische Richtlinie [RiL2005/47/EG] als strengere Norm maßgeblich. Weder der Schienenverkehr noch die Binnenschifffahrt werden durch Fahrverbote zu bestimmten Zeiten beschränkt.
Bei der Prüfung der Vorschriften fällt der intermodale Vergleich anders aus. Während der Straßengüterverkehr aufgrund technischer Gegebenheiten stichprobenweise kontrolliert wird, erfolgen Prüfungen im Schienengüterverkehr und der Binnenschifffahrt überwiegend regelmäßig und in institutionalisierter Form [Liec02, S. 21; BMVBS08]. Dies kann zu Diskrepanzen zwischen den aus den Gesetzen folgenden und den tatsächlichen Wettbewerbsverhältnissen führen. Ein wichtiger Aspekt ist die abschreckende Wirkung von Bußgeldern und anderen Konsequenzen [AbGr03].
Ein weiterer bedeutender Einflussfaktor sind Regelungen zu den Fahrzeugmaßen. Während bei der Eisenbahn maximale Zuglänge und höchstens zulässige Achslast, beim Binnenschiff Tiefgang und horizontale Maße von der Infrastruktur definiert werden, ist zumindest die Länge von Lkw eine politische Entscheidung. Seit einigen Jahren wird über die allgemeine Zulassung von längeren Lkw und solchen mit höherem zulässigem Gesamtgewicht kontrovers diskutiert, da mit deren Einsatz Auswirkungen sowohl auf Straßeninfrastruktur und andere Verkehrsteilnehmer [EG561/2006; BASt07c] als auch auf den intermodalen Wettbewerb und den Kombinierten Verkehr verbunden sind [TIM06; KuP06a]. Die EG-Richtlinie 96/53/EG stellt den Staaten der Europäischen Union frei, diese Fahrzeugkombinationen zu erlauben. Das EU-Parlament hat sich lediglich um die Freigabe in den einzelnen Ländern gekümmert und diese geregelt und sich gegen die Zulassung der Gigaliner im grenzüberschreitenden Verkehr ausgesprochen. In Deutschland dürfen Gigaliner zwar eine Länge von 25,25 Meter erreichen, das Gesamtgewicht darf jedoch 44 Tonnen im Kombinierten Verkehr beziehungsweise 40 Tonnen im normalen Ladungsverkehr nicht überschritten werden [BMVI17v].