Ausweichverkehre durch Lkw-Maut
Erstellt am: 25.03.2010 | Stand des Wissens: 10.12.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics
Unter Mautausweichverkehren wird die Verlagerung des Verkehrs von mautpflichtigen zu mautfreien Strecken verstanden. Bereits vor Beginn der Mauterhebung trat die Befürchtung auf, dass verstärkt mautfreie Straßen (damals insbesondere Bundesstraßen) von mautpflichtigen Lkws genutzt werden, um die Mautpflicht zu umgehen. Hierzu veröffentlichte der Deutsche Bundestag am 30. November 2016 einen Bericht über die Verkehrsverlagerungen von Lkw-Verkehren auf das nachgeordnete Straßennetz in Folge der Lkw-Maut [DeBu16d].
Eine unmittelbare Erhebung der Ausweichverkehre ist schwierig, so dass auf eine Kombination aus Modellrechnungen und Auswertungen automatischer Dauerzählstellen zurückgegriffen wurde. Es zeigt sich, dass die Mautausweichverkehre kein flächendeckendes Problem darstellen. Ausweichverkehre finden insbesondere auf Strecken statt, die gut ausgebaut sind und auch schon vor der Einführung einer Lkw-Maut überdurchschnittlich hoch belastet waren. Für über 95 Prozent der Lkw-Fahrten mit schweren Lkw ist die Benutzung von nachgelagerten Straßen anstatt der mautpflichtigen Autobahnen nicht kostengünstiger [DeBu16d]. Speditionen sind sich der Ineffizienz von Mautausweichverkehren bewusst (höherer Kraftstoffverbrauch durch Umwege, geringere Geschwindigkeiten, höherer Verschleiß, vermehrter Zeitbedarf, et cetera) und halten ihre Fernfahrer dazu an, den direkten Weg über die Bundesautobahnen auch weiterhin zu wählen.
Zum 1. Juli 2018 ist das Vierte Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes in Kraft getreten [ÄBFMG17]. Mit diesem Gesetz wurde die Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ausgeweitet, wodurch die Diskussion über unerwünschte Ausweichverkehre weiter abgeschwächt wurde. Laut dem Bericht des Deutschen Bundestages [DeBu16d] hat sich herausgestellt, dass auch die Einführung einer Bundesstraßenmaut auf 98,5 Prozent der gesamten Bundes- und Landesstraßen zu keinen signifikanten Verlagerungen führte. Mit der Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes ist es dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mit Zustimmung des Bundesrates außerdem möglich, die Mautpflicht auf bestimmte Abschnitte von Landesstraßen auszuweiten, um Ausweichverkehre zu verhindern.
Neben Ausweichverkehren auf das nachgelagerte Straßennetz führte die Lkw-Maut lange dazu, dass Transporte mit leichteren, nicht-mautpflichtigen Fahrzeugen (unterhalb von 7,5 Tonnen technisch zulässiger Gesamtmasse) durchgeführt wurden. Mit der Ausweitung der Maut auf alle Fahrzeuge mit über 3,5 Tonnen dürften jene unerwünschten Verdrängungseffekte seit 1. Juli 2024 nachgelassen haben [BFStrMG23].