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Auswirkungen von Lastzugkombinationen auf die Befahrbarkeit von Kreisverkehren

Erstellt am: 02.10.2007 | Stand des Wissens: 03.01.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten

Beim Befahren von Kreisverkehren mit Lastzügen führen bereits kleine Abweichungen von der Leitlinie zur Flächeninanspruchnahme außerhalb der befestigten Fahrbahn. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurde aufgezeigt, dass mit den herkömmlichen Bemessungsfahrzeugen Sattelzug und Lastzug eine uneingeschränkte Befahrbarkeit ohne Überstreichen der Seitenräume nicht möglich ist [Schn01a; FGSV01b; BASt07c, S. 73]. In Anbetracht dessen ist im Frühjahr 2007 ein Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren erschienen, in dem sowohl die Fahrstreifenbreiten in den Zu- und Ausfahrten als auch die Ausrundungsradien angepasst worden sind [FGSV06c].

Auf Grundlage dieses neuen Merkblatts wurde in der Studie der Bundesanstalt für Verkehrswesen (BASt) exemplarisch ein kleiner Kreisverkehrsplatz mit einem Außenradius von 35 m auf die Befahrbarkeit durch neue Lastzugkombinationen ohne Nachlauflenkachse mittels Simulation überprüft [FGSV06c, S. 85]. Es zeigte sich, dass alle vier untersuchten Lastzugkombinationen den Kreisverkehr bedingt befahren könnten, wobei die Variante 1 sowohl in der Zu- als auch in der Ausfahrt Flächen im Seitenraum auf der Kurveninnenseite überführe. Die Varianten 2, 3 und 4 würden nur in der Ausfahrt Flächen außerhalb der Fahrbahn überfahren (vgl. Abbildung 1) [BASt07c, S. 74].
Tabelle_Flaechenueberschreitung___236940.pngAbb. 1: Zusätzliche Flächeninanspruchnahme auf den Kurveninnenseiten bei der Befahrung mit neuen Lastzugkombinationen (Angaben in Meter) [BASt07c, S. 74] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Zusätzlich dazu wurden die Schleppkurven für das Befahren eines kleinen Kreisverkehres mit einem Außendurchmesser von 40 dargestellt (Abbildung 1) [BASt07c]. Im direkten Vergleich ist bei den Schleppkurven der drei Fahrzeugtypen ein großer Unterschied auszumachen. Der Deckungsgleichheit am kurvenäußeren Rand stehen große Abweichungen im kurveninneren Bereich gegenüber. "Das Maß des Kurvenschneidens des kurveninneren Rades steht dabei in Abhängigkeit der Länge des Anhängers oder Aufliegers" [BASt07c]. Der Lastzug mit Drehschemelanhänger "besteht mechanisch betrachtet aus drei gelenkig miteinander verbundenen Elementen" [BASt07c, S. 109].
 
Vergleich der Schleppkurven unterschiedlicher FahrzeugtypenAbb. 2: Vergleich der Schleppkurven unterschiedlicher Fahrzeugtypen [BASt14, S. 58] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)

Die untersuchte Lastzugkombination mit Nachlauflenkachse konnte beim Befahren des Kreisverkehres (mit den gleichen Trassierungsparametern) diese zwar befahren, jedoch nur ohne Bewegungsspielräume und unter sehr geringer Mitbenutzung von Flächen im Seitenraum [BASt07c, S. 83]. In dem Pilotprojekt in Niedersachsen wurden zwar keine Kreisverkehre befahren, der im Juni 2007 mit einer im Kurvenverlauf mitlenkenden Dollyachse versehene GigaLiner der Firma Hellmann wäre dazu aber in der Lage gewesen [IVH07, S. 19].

Der Abschlussbericht des BAST aus dem Jahr 2016 stellte fest, dass die bisherigen Ausfahrquerschnitte an Kreisverkehren für Lastzugkombinationen nicht ausreichen. Es wurde daher empfohlen für Kreisverkehre mit Außendurchmessern von 35 bis 40 m eine Vergrößerung der Kreisfahrbahnbreite von BK = 7,00 m (exkl. 0,50 m Randstreifenbreite) gemäß den Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (alle Lang-Lkw wären damit abgedeckt) [Bast16f, S. 106] zu erwirken. Um den verfügbaren Bewegungsspielraum zu erweitern, wird die Verbreiterung der Ausfahrquerschnitte auf BA = 4,3 m empfohlen. Alternativ kann eine Vergrößerung der Eckausrundung (Ausfahrt) mit einem Radius von R = 14 m auf R = 16 m erfolgen [Bast16f, S. 106].



Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Auswirkungen von Lastzugkombinationen auf die Befahrbarkeit von Verkehrsanlagen (Stand des Wissens: 23.12.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?232959
Literatur
[BASt07c] Glaeser, Klaus-Peter, Dr., Kaschner, Rolf, Lerner, Markus, Roder, Kurt, Weber, Roland, Wolf, Andreas, Zander, Ulf , Weber, Roland, Dr.-Ing. Auswirkungen von neuen Fahrzeugkonzepten auf die Infrastruktur des Bundesfernstraßennetzes, Ausgabe/Auflage Schlussbericht, Langfassung (2. Auflage), 2006/11
[BASt14] Friedrich, Bernhard, Hoffmann, Stephan, Axer, Steffen, Niemeier, Wolfgang, Tengen, Dieter, Adams, Christian, Santel, Gerko Überprüfung der Befahrbarkeit innerörtlicher Knotenpunkte mit Fahrzeugen des Schwerlastverkehrs, 2014
[Bast16f] Marco Irzik, Thomas Kranz und Jan-André Bühne, Klaus-Peter Glaeser, Sigrid Limbeck, Jost Gail und Wolfram Bartolomaeus, Andreas Wolf, Christof Sistenich und Ingo Kaundinya, Ilja Jungfeld, Uwe Ellmers und Janine Kübler, Hardy Holte, Rolf Kaschner Feldversuch mit Lang-Lkw , 2016
[FGSV01b] Schnüll, R., Prof. Dr.-Ing. Bemessungsfahrzeuge und Schleppkurven zur Überprüfung der Befahrbarkeit von Verkehrsflächen, Ausgabe/Auflage [FGSV-Nr. 287], 2001
[FGSV06c] Arbeitsgruppe Straßenentwurf, Arbeitsausschuss: Stadtstraßen, Arbeitskreis: Kreisverkehre (FGSV) Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren, Ausgabe/Auflage 2006, FGSV-Nr. 242, FGSV-Verlag, Köln, 2006, ISBN/ISSN 3-937356-83-5
[IVH07] Hoffmann, Stephan, Dr.-Ing., Bräckelmann, Frank, Dipl.-Ing. , Friedrich, Bernhard, Prof. Dr.-Ing. Auswertung des niedersächsischen Pilotprojektes zum Einsatz von "GigaLinern", Ausgabe/Auflage Schlussbericht, 2007/08
[Schn01a] Hoffmann, S. , Kölle, M., Engelmann, F., Dr.-Ing., Schnüll, R., Prof. Dr.-Ing. Grundlagen für die Bemessung von fahrgeometrischen Bewegungsräumen für Nutzfahrzeuge mit mehr als 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht, veröffentlicht in Schriftenreihe Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Ausgabe/Auflage Heft 827, 2001/11
Weiterführende Literatur
[VDA06a] VDA EuroCombi: Mehr Güter - Weniger Verkehr, 2006
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
BASt Bundesanstalt für Straßenwesen

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?236940

Gedruckt am Dienstag, 19. März 2024 11:54:15