Auswirkungen von Lastzugkombinationen auf die Verkehrssicherheit
Erstellt am: 24.07.2007 | Stand des Wissens: 03.01.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Im Jahr 2022 ereigneten sich in Deutschland circa 290.000 Straßenverkehrsunfälle mit Personenschaden. Die Anzahl der Verkehrstoten ist seit 30 Jahren rückläufig [Stat19j; Stat23e]. Eine Erhöhung der Fahrzeuggewichte und der Fahrzeuglängen könnte sich auf die Unfallschwere beziehungsweise die Unfallhäufigkeit negativ auswirken. Die Bundesanstalt für Straßenwesen kommt in einer Studie aus dem Jahr 2006 [BASt07c, S. 97-99] dabei unter anderem zu folgenden Ergebnissen:
- Die größeren Fahrzeuglängen der neuen Lastzugkombinationen können zur Folge haben, dass es im Bereich von Ein- und Ausfahrten sowie im Verflechtungsbereich von Autobahnanschlussstellen und -knoten zu kritischen Verkehrssituationen kommen kann.
- Es kann davon ausgegangen werden, dass im Bereich von Einmündungen und Kreuzungen bei längeren Fahrzeugen die Anzahl der kritischen Situationen beim Einbiegen, Kreuzen und Abbiegen zunehmen und die Zahl der Unfälle steigen wird. Dies gilt vor allem an nicht signalisierten Knotenpunkten, da bei signalisierten Knotenpunkten die Steuerung auf die längeren Räumzeiten der neuen Lastzugkombinationen abgestimmt werden könnten.
- Vergleichbares gilt bei Unfällen an Bahnübergängen. Die größeren Fahrzeuglängen haben zur Folge, dass sich die Räumzeiten für den Gleisbereich entsprechend länger gestalten. Dahingehend sollte die vorhandene Signalisierung und Schrankensteuerung darauf abgestimmt werden. Unbeschrankten Bahnübergängen müssen dementsprechend mit einer höheren Sichtweite konstruiert werden.
- Aufgrund der größeren Fahrzeuglänge ist bei einem Überholvorgang mit einem höheren Zeitbedarf zu rechnen, wodurch die Gefahr der Fehleinschätzung erheblich höher anzunehmen ist.
Ein besonderes Risikopotenzial in Bezug auf den Einsatz von Lang-Lkw birgt die Gefahr des Durchbruchs der Schutzeinrichtung im Mittelstreifen auf Autobahnen (und autobahnähnlichen Straßen) infolge der höheren Fahrzeugmassen und/oder Mehrgliedrigkeit des Anpralls. Die besondere Schwere solcher Unfälle ergibt sich dadurch, dass wenn ein Fahrzeug die Schutzeinrichtung durchbricht, dabei mit Fahrzeugen aus dem Gegenverkehr kollidiert [BASt07c, S. 99f.]. Derzeit sind die Rückhaltesysteme für maximal 38-Tonnen-Fahrzeuge verfügbar. Eine Entwicklung solcher Systeme für Gewichte bis 60 Tonnen werden als schwierig und kostenintensiv betrachtet [BASt07c, S. 99f.]. Es existieren zudem weitere Risikobereiche gemäß der BASt [BASt07c], die nachfolgend aufgeführt werden:
- Im Bereich von Arbeitsstellen können durch die höheren Flächenanforderungen bei Kurvenfahrten in Überleitungsbereichen kritische Situationen auftreten. Eine bislang ungeklärte Frage ist die Spurhaltefähigkeit der neuen Lastzugkombinationen, was für die beengte Verkehrsführung in Arbeitsstellen von besonderer Bedeutung ist.
- Durch den höheren Flächenbedarf bei Kurvenfahrt - vor allem beim Rechtsabbiegen - sowie der größeren Fahrzeuglänge ist die Übersicht des Fahrers über den Aktionsradius seines Fahrzeuges in geringerem Maße gegeben, was ein größeres Unfallpotenzial mit ungeschützten Verkehrsteilnehmern, insbesondere innerorts, darstellt (Tote-Winkel-Unfälle).
- Aufgrund des größeren Gewichtes der neuen Lastzugkombinationen ist insbesondere bei Auffahrunfällen am Stauende mit erheblich höheren Unfallfolgen der ohnehin schon meist schweren Unfälle auszugehen. Aber auch bei Auffahrunfällen im fließenden Verkehr sowie bei Zusammenstößen mit entgegenkommenden Fahrzeugen wirkt sich das höhere Fahrzeuggewicht negativ auf die zu erwartenden Unfallfolgen aus [BASt07c]. Auch Ergebnisse einer Ananlyse aus dem Jahr 2021 deuten darauf hin, dass Länder, die Megatrucks erlauben, höhere Unfallletalitätsraten aufweisen [caca21].
Vor allem die Verbände, die für eine Einführung von Lastzugkombinationen plädieren, wie zum Beispiel der Verband der Automobilindustrie (VDA), führen dagegen an, dass sich durch eine Einführung die Verkehrssicherheit nicht verschlechtern, sondern eher noch verbessern würde. Begründet wird dies hauptsächlich damit, dass die derzeit getesteten Lastzugkombinationen bezüglich der aktiven und passiven Sicherheitstechnik über den neuesten Stand verfügen. So seien die Fahrzeuge beispielsweise mit elektronisch gesteuerten Bremsen (EBS) mit Antiblockiersystem (ABS), Antriebsschlupfregelung (ASR), Bremsassistent, Spurassistent und radargesteuertem Abstandsregeltempomat (ACC) ausgerüstet. Sollte eine Lastzugkombination an ein Stauende heranfahren und der Fahrer nicht eingreifen, so würden ihn "die elektronischen Assistenzsysteme unmissverständlich dazu auffordern" [VDA06a, S. 16].
Laut dem Ergebnis eines 2010 veröffentlichten Dokuments der OECD werden Fahrzeuge, mit höheren Kapazitäten (Maße und Gewichte), eine gleiche beziehungsweise sogar bessere aktive Sicherheit als herkömmliche LKW aufweisen können. Hier wirkt sich eine bessere Lastverteilung auf mehrere Achsen (z.B. auf den Bremsweg) positiv aus [VDA06a, S. 16]. In dem Dokument wird allerdings auch darauf eingegangen, dass der Wille, Systeme zur Erhöhung der aktiven Sicherheit freiwillig einzubauen, derzeit noch fehlt [OECD10]. Auf diese Entwicklung hatte die BASt bereits 2007 in einer Studie aufmerksam gemacht. Die BASt weist 2010 in ihrer Stellungnahme zum Dokument der OECD darauf hin, dass an dieser Stelle insbesondere der Gesetzgeber gefragt ist, um eine erfolgreiche Umsetzung der Sicherheitssysteme zu gewährleisten. Die BASt hob zudem mehrfach die fahrzeugseitige Überwachung der Achslasten (und somit auch des zul. Gesamtgewichtes) als ein Mittel gegen Vermeidung von Überladung hervor [BASt10a, S. 6].
Ferner wird angeführt, dass die Sichtbarkeit der Straßenbeschilderung durch Lastzugkombinationen nicht wesentlich stärker beeinträchtigt wird, als durch herkömmliche Lastzüge, da die "gute und tief gestaffelte Beschilderung der Autobahnen ein gänzliches Verdecken der Verkehrsschilder durch einen EuroCombi verhindert" [VDA06a, S. 17].
Was die in der BASt-Studie angesprochene Gefahr durch die höheren Flächenanforderungen bei Kurvenfahrten und die "bislang ungeklärte Frage der Spurhaltefähigkeit der neuen Lastzugkombinationen" angeht, so wird argumentiert, dass die Ausstattung mit der bestmöglichen Sicherheitstechnik in Verbindung mit entsprechend erfahrenen und qualifizierten Fahrern (wie zum Beispiel im niederländischen Test (mindestens fünf Jahre im Besitz des Führerscheins, in den letzten drei Jahren unfallfrei, Teilnahme an einem besonderen Fahrertraining [DVS10]) das Unfallrisiko minimiere. Schwedischen Tests zufolge sollen die Schleudereigenschaften beim EuroCombi besser sein als bei den in Deutschland verbreiteten Motorwagen-Anhänger-Kombinationen [BGA06a]. Von den Befürwortern der Lastzugkombinationen wird auch auf die jahrelangen Erfahrungen aus Skandinavien und den Niederlanden verwiesen, bei denen "keinerlei nachteilige Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit" bekannt geworden seien [BGA06a].
In einer weiteren Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) aus dem Jahr 2014 wurden Sicherheitsrisiken beim Einfahren von Lang-LKW auf Autobahnen untersucht, allerdings keine Gefährdung der Verkehrssicherheit festgestellt. Der Studie zufolge lässt sich das Verhalten von Lang-LKW, in diesem Fall, mit den herkömmlichen Gliederzügen vergleichen [KaRo14].
Laut dem Ergebnis eines 2010 veröffentlichten Dokuments der OECD werden Fahrzeuge, mit höheren Kapazitäten (Maße und Gewichte), eine gleiche beziehungsweise sogar bessere aktive Sicherheit als herkömmliche LKW aufweisen können. Hier wirkt sich eine bessere Lastverteilung auf mehrere Achsen (z.B. auf den Bremsweg) positiv aus [VDA06a, S. 16]. In dem Dokument wird allerdings auch darauf eingegangen, dass der Wille, Systeme zur Erhöhung der aktiven Sicherheit freiwillig einzubauen, derzeit noch fehlt [OECD10]. Auf diese Entwicklung hatte die BASt bereits 2007 in einer Studie aufmerksam gemacht. Die BASt weist 2010 in ihrer Stellungnahme zum Dokument der OECD darauf hin, dass an dieser Stelle insbesondere der Gesetzgeber gefragt ist, um eine erfolgreiche Umsetzung der Sicherheitssysteme zu gewährleisten. Die BASt hob zudem mehrfach die fahrzeugseitige Überwachung der Achslasten (und somit auch des zul. Gesamtgewichtes) als ein Mittel gegen Vermeidung von Überladung hervor [BASt10a, S. 6].
Ferner wird angeführt, dass die Sichtbarkeit der Straßenbeschilderung durch Lastzugkombinationen nicht wesentlich stärker beeinträchtigt wird, als durch herkömmliche Lastzüge, da die "gute und tief gestaffelte Beschilderung der Autobahnen ein gänzliches Verdecken der Verkehrsschilder durch einen EuroCombi verhindert" [VDA06a, S. 17].
Was die in der BASt-Studie angesprochene Gefahr durch die höheren Flächenanforderungen bei Kurvenfahrten und die "bislang ungeklärte Frage der Spurhaltefähigkeit der neuen Lastzugkombinationen" angeht, so wird argumentiert, dass die Ausstattung mit der bestmöglichen Sicherheitstechnik in Verbindung mit entsprechend erfahrenen und qualifizierten Fahrern (wie zum Beispiel im niederländischen Test (mindestens fünf Jahre im Besitz des Führerscheins, in den letzten drei Jahren unfallfrei, Teilnahme an einem besonderen Fahrertraining [DVS10]) das Unfallrisiko minimiere. Schwedischen Tests zufolge sollen die Schleudereigenschaften beim EuroCombi besser sein als bei den in Deutschland verbreiteten Motorwagen-Anhänger-Kombinationen [BGA06a]. Von den Befürwortern der Lastzugkombinationen wird auch auf die jahrelangen Erfahrungen aus Skandinavien und den Niederlanden verwiesen, bei denen "keinerlei nachteilige Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit" bekannt geworden seien [BGA06a].
In einer weiteren Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) aus dem Jahr 2014 wurden Sicherheitsrisiken beim Einfahren von Lang-LKW auf Autobahnen untersucht, allerdings keine Gefährdung der Verkehrssicherheit festgestellt. Der Studie zufolge lässt sich das Verhalten von Lang-LKW, in diesem Fall, mit den herkömmlichen Gliederzügen vergleichen [KaRo14].