Verkehrsmittelwahl bei Events
Erstellt am: 18.08.2005 | Stand des Wissens: 29.06.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Die Verkehrsmittelnutzung bei Events hängt sehr stark von der Lage, dem Einzugsbereich der Besucher, der Anbindung an den öffentlichen Verkehr (ÖV) und der Veranstaltungsart ab. Daher sind für eine Abschätzung der Nutzungsanteile für jedes Event die örtlichen Rahmenbedingungen zu prüfen [LuISB03c].
Die Gründe für die Verkehrsmittelwahl (Abbildung 1) sind besonders durch Komfort und Bequemlichkeit, der Reisezeit und der Flexibilität des Verkehrsmittels gekennzeichnet. Vor alle das vermehrte Stattfinden von Veranstaltungen an Wochenenden und am Abend gestalten die Wahl von Öffentlichen Verkehrsmitteln als Alternativmöglichkeit zum PKW als schwer. Dies ist vor allem in ländlichen Regionen der Fall, in denen der ÖPNV zu bestimmter Zeit nur noch selten fährt oder gar nicht mehr angeboten wird [Reub06].

Für einen generellen Überblick zur Verkehrsmittelnutzung und Reiseplanung liefert das Projekt "Eventverkehr" gute Hinweise: 2.466 Besucher wurden bei 17 Events (Konzerte, Gartenschauen, Stadtfeste, Umzüge, et cetera) unter anderem zur Verkehrsmittelnutzung befragt [nexu02, S. 37 ff.].
- Demnach nutzten 80 Prozent ein Verkehrsmittel und 20 Prozent zwei Verkehrsmittel für die Eventanreise.
- 42 Prozent der Besucher und Besucherinnen haben das Event unmittelbar mit dem Auto angesteuert, 28 Prozent haben den ÖV genutzt und 27 Prozent sind zu Fuß oder mit den Rad zum Eventgelände gekommen.
- Bei den Gründen der Verkehrsmittelwahl rangieren Komfort beziehungsweise Bequemlichkeit vor Schnelligkeit und Kosten.
- Während bei 87 Prozent das Verkehrsmittel für die Anreise von Beginn der Planung an feststand, wollten 13 Prozent ursprünglich ein anderes Verkehrsmittel wählen. Bei 60 Prozent der Besucher und Besucherinnen war der Besuch des Events zudem lange vorher geplant. Nur 8 Prozent der Besuchenden gaben an, dass sie zum ersten Mal bei einer derartigen Veranstaltung waren.
- Fast ein Drittel der Besuchenden reisten zu zweit an, 14 Prozent alleine und rund 10 Prozent in Gruppen von mehr als 10 Personen.
- Rund 30 Prozent der Eventpublikums betrachten die Anreise als "Teil der Veranstaltung".
- Rund 20 Prozent der Eventpublikums haben den Besuch mit einem anderen Anlass verbunden, meistens handelt es sich dabei um einen privaten Besuch, 16 Prozent machen einen "Kurzurlaub".
Küchler hat Orientierungswerte für ÖV-Anteile für verschiedene Standorte beziehungsweise Anbindungen angegeben [Küch97, S. 37 ff.]:
- Demnach kommen zu Standorten in der Peripherie (zum Beispiel Freizeitparks) ohne besondere ÖV-Angebote nur rund 2 - 5 Prozent mit Bus und Bahn; bei guten Shuttle-Verkehren zum nächstgelegenen Bahnhof sind bis 13 Prozent erreichbar.
- Bei Abendveranstaltungen (zum Beispiel Konzerte) mit großem Einzugsgebiet sind selbst bei gut angebundenen Anlagen wie der Dortmunder Westfalenhalle ÖV-Anteile von maximal 15 Prozent ermittelt worden.
- Zu Standorten mit regionalem Einzugsgebiet und Schienenverkehrsanbindung (zum Beispiel Zoo Duisburg) kommen bis zu 25 - 30 Prozent mit dem ÖV.
- Bei Stadionverkehren (zum Beispiel Fußball und Konzerte) sind ÖV-Anteile von 40 - 50 Prozent erreichbar. Bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland wurden im Durchschnitt sogar ÖV-Anteile von über 60 Prozent bei den Stadionverkehren erreicht [VDV06, S. 4].
Fastenmeier hat ermittelt, welche Verkehrsmittel mit Freizeit assoziiert werden. In Abbildung 1 ist zu erkennen, dass mit den Verkehrsmitteln Flugzeug, Fahrrad und Schiff der stärkste Freizeitbezug hergestellt wird. Auffällig ist, dass der ÖV den geringsten Freizeitbezug aufweist.

Lehning erläutert in [Haut03] die Gründe für die Verkehrsmittelwahl in der Erlebnisfreizeit. Danach sind die wichtigsten Entscheidungsgründe für die Pkw-Nutzung zeitliche Unabhängigkeit (20,5 Prozent der Nennungen), Bequemlichkeit (18,4 Prozent) und die kürzeste Fahrzeit (17,2 Prozent). Die ÖV-Nutzung wird hauptsächlich durch die günstigen Kosten (21,3 Prozent der Nennungen) und ebenfalls mit Bequemlichkeit (14,9 Prozent) begründet. Dazu kommt noch ein großer Anteil an Personen (21,3 Prozent), die keine andere Möglichkeit als die Nutzung des ÖV haben.
Generell gilt für die Freizeitmobilität das Alter als relevanter Faktor. In der Jugend ist die Unternehmungslust am größten. Aber auch die Gruppe der älteren Menschen wird zunehmende fitter, dementsprechend mobiler und unternehmungsorientierter. Nach Renteneintritt verfügen ältere Menschen über ein höheres Zeitbudget. Einschränkungen bei der Verkehrsmittelwahl ergeben sich bei Jugendlichen vor allem durch Zugangsbeschränkungen wie zum Beispiel der Führerscheinerwerb. Bei älteren Personen gelten Mobilitätsbarrieren insbesondere im öffentlichen Personennahverkehr als Problem. Zu nennen sind zum Beispiel die Entfernung zur nächsten Haltestelle, nichtbarrierefreie Fahrzeuge und Schwierigkeiten beim Ein- und Ausstieg. Eine Prüfung der barrierefreien Tauglichkeit des öffentlichen Nahverkehrs wird in der Eventplanung oft vernachlässigt [Anzi08, S. 28].