Europäischer Rahmen der ÖPNV-Gesetzgebung
Erstellt am: 30.09.2002 | Stand des Wissens: 06.12.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König
Mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft wurde das Ziel der Errichtung eines gemeinsamen Marktes sowie einer Wirtschafts- und Währungsunion geschaffen. Die offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb findet sich auch im öffentlichen Verkehr (ÖV) sowie im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) wieder.
Der europäische Eisenbahnverkehr wird vor allem durch Rechtsakte und so genannte Eisenbahnpakete bestimmt (Abbildung 1). Die darin enthaltenen Gesetze und Verordnungen sind im übertragbaren Sinne teilweise auch für den ÖPNV von Bedeutung.

Als Folge der Forderung zur Liberalisierung des ÖPNV-Marktes ist auch der deutsche ÖPNV-Markt zu öffnen. Die gemeinsame Wettbewerbsordnung nach der Verordnung (EG) 1370/2007 gilt seit dem 3.12.2009 unmittelbar und bedarf keiner Umsetzungsschritte des deutschen Gesetzgebers. Die neue Verordnung löst die Vorgänger-Verordnung 1191/69/EWG in der Fassung 1893/91/EWG ab und verfolgt den Ansatz des kontrollierten Wettbewerbs. Das Europarecht erkennt nunmehr an, dass Aufgabenträger im ÖPNV finanzierend eingreifen und unter Umständen auch ausschließliche Rechte gewähren dürfen. Mit Inkrafttreten dieser Verordnung entfällt die deutsche Unterscheidung nach PBefG in eigen- und gemeinwirtschaftliche Verkehre. Vielmehr schafft die Verordnung (EG) 1370/2007 nun Möglichkeiten, Leistungen im ÖPNV direkt und ohne förmliches Vergabeverfahren zu vergeben [(EG) Nr. 1370/2007]. Zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten gibt es teilweise große Disparitäten hinsichtlich der Umsetzung der Verordnung 1370, was mit Rechtsunsicherheiten verbunden ist.
Durch die Umsetzung der Richtlinie 91/440/EWG in das novellierte Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG), insbesondere mit
- der Trennung von Fahrweg und Betrieb sowie
- dem diskriminierungsfreien Zugang zur Infrastruktur auch für Dritte,
wurde in Deutschland ein zentraler Baustein für die Öffnung des Eisenbahnmarktes gelegt. Zielsetzung der EU-Richtlinie war die Überwindung der nationalen Ausrichtung der staatlichen Eisenbahnverkehrsunternehmen sowie das Aufbrechen ihrer Benutzungsmonopole an der Schieneninfrastruktur. Die diskriminierungsfreie Zugangsberechtigung von allen Verkehrsunternehmen auf die Schieneninfrastruktur ist Voraussetzung für einen Wettbewerb im Schienenverkehrsmarkt. Mit diesem Wettbewerb soll in Deutschland und in ganz Europa dem wirtschaftlich defizitären Betrieb staatlicher Eisenbahnverkehrsunternehmen durch wettbewerbsbedingte Innovationen und Effizienzsteigerungen entgegengetreten werden [RMV00]. Gleiche europaweite Standards sollen für die Technik und den Betrieb gelten, unter anderem für die Bahnsteighöhen, Spurweiten, Energieversorgung oder das Lichtraumprofil.