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Gründe für die Ertüchtigung der Binnenschifffahrt

Erstellt am: 26.11.2004 | Stand des Wissens: 18.10.2024

Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig

Mit dem Binnenschiff können Güter vergleichsweise energiesparend, sicher und umweltfreundlich befördert werden. Im Vergleich der relativen Energiekosten pro TEU (Twenty-foot Equivalent Unit) oder geleisteten Tonnenkilometer hat das Binnenschiff "auf Grund der größeren Transportmenge auf langen Relationen Vorteile gegenüber dem Verkehrsträger Lkw und in geringerem Maße auch gegenüber der Bahn" [UNIC09a].

Gleichzeitig weist die Binnenschifffahrt große Kapazitätsreserven auf, welche genutzt werden können, um das Straßen- und Schienennetz zu entlasten [BMVI19f]. Als verkehrspolitische Ziele gilt es daher zum einen den Anteil der Binnenschifffahrt am Seehafenhinterlandsverkehr der Nordseehäfen zu erhöhen [KeKa12], zum Anderen zur Verbindung europäischer Meere beizutragen sowie das Binnenschiff besser in intermodale Transportketten zu integrieren [BMVI19f].

Diesen Zielsetzungen stehen Defizite in der deutschen Binnenschifffahrt entgegen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit sowohl im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern als auch im internationalen Kontext beeinträchtigen. Insbesondere haben Transporte per Binnenschiff, mit Ausnahme des Rheins und seiner größeren angrenzenden Nebenflüsse, mit einer nicht optimal ausgebauten Wasserstraßeninfrastruktur zu kämpfen. Aufgrund unzureichender Fahrrinnentiefen oder Brückendurchfahrtshöhen ist die Ladekapazität der Binnenschiffe auf diesen Wasserstraßen geringer. [Hild08] Dies führt zu Nachteilen gegenüber anderen Verkehrsträgern und im internationalen Vergleich [PLANCO07a,Hild08]. Zudem ist die deutsche Binnenschiffsflotte durch ein vergleichsweise hohes und fortwährend steigendes Durchschnittsalter gekennzeichnet (47,1 Jahre im Jahr 2021). [WSV19a,WSV21b]

Der Bestand der deutschen Binnenschiffsflotte zeigt einen leicht rückläufigen Trend. Ebenso verzeichnet die Gesamttragfähigkeit, die 2015 noch bei etwa 2,6 Millionen Tonnen lag, bis 2022 eine abnehmende Tendenz. Auch das Transportvolumen der Binnenschifffahrt folgt diesem negativen Trend: Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden 2015 noch rund 221,4 Millionen Tonnen Güter auf deutschen Binnenwasserstraßen befördert, während diese Zahl bis 2023 auf etwa 171 Millionen Tonnen zurückging. [BMDV23u, Destatis24a]
Um das Potenzial und die freien Kapazitäten der Binnenschifffahrt nutzen zu können, müssen die Defizite der Branche beseitigt werden, um somit die Wettbewerbsfähigkeit der Binnenschiffahrt zu verbessern.
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Binnenschifffahrt (Stand des Wissens: 18.10.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?90920
Literatur
[BMDV23u] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Verkehr in Zahlen 2023/2024, 2024/03/05
[BMVI19f] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (Hrsg.) Masterplan Binnenschifffahrt, 2019/05
[Destatis24a] DESTATIS (Hrsg.) Statistik: Güterverkehrsstatistik der Binnenschifffahrt, 2024/09/01
[Hild08] Hildebrand, Wolf-Christian Management von Transportnetzwerken im containerisierten Seehafenhinterlandverkehr - Ein Gestaltungsmodell zur Effizienzsteigerung von Transportprozessen in der Verkehrslogistik, veröffentlicht in Schriftenreihe Logistik der Technischen Universität Berlin, Ausgabe/Auflage Band 6, 2008
[KeKa12] Kerstgens, Heinrich, Kahl, Kristin Perspektiven des Kombinierten Verkehrs mit Binnenschiff, veröffentlicht in Internationales Verkehrswesen, 2012/02
[PLANCO07a] Bundesanstalt für Gewässerkunde, PLANCO Consulting GmbH Verkehrswirtschaftlicher und ökologischer Vergleich der Verkehrsträger Schiff, Straße, Schiene, o.O., 2007/11
[UNIC09a] UNICONSULT Universal Transport Consulting Konzeptstudie zur Verkehrsverlagerung vom Lkw auf Binnenschiffe und zur Stärkung der Hinterlandverkehre, Hamburg, 2009/01
[WSV19a] Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (Hrsg.) Veränderungen des Schiffsbestandes der deutschen Binnenflotte im Jahr 2019 Zentrale Binnenschiffsbestandsdatei, 2019/07
[WSV21b] Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (Hrsg.) Veränderung des Schiffbestandes der deutschen Binnenflotte im Jahr 2021 Zentrale Binnenschiffsbestandsdatei, 2022/08/01
Weiterführende Literatur
[BVB09a] Bureau Voorlichting Binnenvaart Binnenschifffahrt: Gütertransport mit Power - Die Zukunft des Güterverkehrs und der Binnenschifffahrt in Europa 2010 - 2011, o.O., 2009
Glossar
Twenty-foot equivalent unit Zwanzig-Fuß-Äquivalente-Einheit (Twenty-foot Equivalent Unit). Eine statistische Hilfsgröße auf der Basis eines 20-Fuß-ISO-Containers (6,10 m Länge) zur Beschreibung von Verkehrsströmen oder -kapazitäten. Ein genormter 40'-ISO-Container der Reihe 1 entspricht 2 TEUs.
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
tkm tkm = Tonnenkilometer Die Einheit Tonnenkilometer [tkm] beschreibt die im Rahmen einer Güterbeförderung erbrachte Verkehrsarbeit. Diese definiert sich als Produkt der Gütermenge (Summe der beförderten Güter in Tonnen) und der von dieser dabei zurückgelegten Wegstrecke in km. Verkehrsarbeit [tkm] = Gütermenge [t] * Wegstrecke [km]

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?123506

Gedruckt am Dienstag, 4. März 2025 01:19:04