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Zuflussdosierung und -regelung als Mittel des Verkehrsmanagements

Erstellt am: 10.02.2004 | Stand des Wissens: 24.10.2024

Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky

Zufahrtsdosierungen wurden bisher nur im Kontext des motorisierten Individualverkehrs (MIV) genutzt. Durch ihre zeitlich verkehrsverlagernde Wirkung tragen sie zu einer verträglicheren Verkehrsabwicklung bei.
Es lassen sich Zuflussdosierungen und Zuflussregelungsanlagen ("Ramp Metering") unterscheiden, mit denen primär die beiden folgenden unterschiedlichen Ziele verfolgt werden:
  • Zuflussdosierung zum Schutz städtebaulich sensibler Gebiete vor unverträglichen Verkehrsbelastungen:
    Durch die Begrenzung des Zuflusses zu kritischen Streckenabschnitten oder Netzbereichen lassen sich durch Überlastungen hervorgerufene negative Effekte verringern oder in weniger sensible Gebiete verlagern. Zuflussdosierungsanlagen können beispielsweise auch als Beschleunigungsmaßnahmen für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Form einer dynamischen Straßenraum-Freischaltung dienen [BoSc06].
  • Zuflussregelung zur Steigerung bzw. Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit einer Verkehrsanlage:
    Zuflussregelungsanlagen werden zur Aufrechterhaltung eines stabilen Verkehrsflusses auf der durchgehenden Fahrbahn sowie zur Optimierung der Verflechtung einfahrender Verkehrsströme eingesetzt. Mittels Signalgeber wird der Zufluss auf Bundesfernstraßen verkehrsabhängig dosiert [BoSc06].

Insbesondere auf stark befahrenen Autobahnabschnitten tragen Zuflussdosierungen zur erhöhten Verkehrssicherheit und Verbesserung des Verkehrsflusses bei. Sie sorgen dafür, dass die Verkehrsstärke stets unterhalb der kritischen Kapazitätsgrenze verbleibt und sichern somit die Leistungsfähigkeit des Streckenabschnittes, indem Zusammenbrüche des Verkehrsablaufs (Staus) verringert werden [Hink08a].
Beispiele für Zuflussregelungsanlagen sind Schilder, Fahrbahnmarkierungen und Lichtsignalanlagen. Diese sollten europaweit ein möglichst einheitliches Erscheinungsbild haben und müssen den Verkehrsteilnehmern möglichst vorab durch Informationskampagnen nahegebracht werden. Die EU hat sich dafür beispielsweise am Forschungsprojekt "EURAMP Delierable 6.3" beteiligt [NAP07].

Die Zuflussregelung ist jedoch nicht immer geeignet, beispielsweise wenn der Verkehrsfluss auf der Zuflussrampe zu hoch ist, führen Zuflussregelungsanlagen eher zu negativen Effekten auf Autobahnen und Ortsstraßen [FGSV08b; Zufl12].
2016 waren auf Autobahnen in Nordrhein-Westfalen 97 Anlagen zur Zuflussregelung in Betrieb [LSNRW16].

Untersuchungen zu Auswirkungen der Zuflussregelung an der A 40 haben zu den folgenden Erkenntnissen geführt:
  • Störungen und Unfälle mit Personenschaden treten im Bereich der Untersuchungsanlage deutlich seltener auf,
  • Das Geschwindigkeitsniveau auf der Hauptfahrbahn ist in kritischen Verkehrssituationen mit hohem Verkehrsaufkommen um zeitweise mehr als 10 Kilometer pro Stunde höher als ohne Zuflussregelung,
  • Geschwindigkeitseinbrüche werden häufig vermieden oder erheblich gedämpft,
  • Die Leistungsfähigkeit der Autobahn A 40 kann in kritischen Situationen besser ausgenutzt werden,
  • Negative Auswirkungen auf das nachgeordnete Netz treten nicht auf und
  • Die Akzeptanz der Maßnahme ist bereits nach wenigen Wochen sehr hoch [BMVBW01ab].

International existieren kaum Möglichkeiten, um die Wirksamkeit verkehrsbeeinflussender Maßnahmen vor ihrer Implementierung (ex ante) abzuschätzen. Im Rahmen des Projektes "Begleitforschung und Ergänzung des Merkblatts "Ermittlung der Wirksamkeit von Verkehrsbeeinflussungsanlagen"" wurden neue Verfahren für Zuflussregelungsanlagen zur ex-ante Wirksamkeitsschätzung hinsichtlich Verkehrsflusses und Verkehrssicherheit konzipiert [Wirk10].
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Verkehrsträgerspezifische Maßnahmen und Instrumente des Verkehrsmanagements (Stand des Wissens: 22.10.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?33559
Literatur
[BMVBW01ab] Stöcker, Konrad, Dr. , Trupat, Stefan Der Einfluss einer Zuflussregelung an Anschlussstellen auf die Verbesserung des Verkehrsflusses auf Autobahnen, veröffentlicht in Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Bundesdruckerei GmbH Bonn, 2001/01, ISBN/ISSN 0344-0788
[BoSc06] Schäfer, Petra K. , Wolfermann, Axel, Boltze, Manfred, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Leitfaden Verkehrstelematik, veröffentlicht in Internationales Verkehrswesen, Ausgabe/Auflage Nr. 10, Deutscher Verkehrsverlag, Hamburg, 2006/10, ISBN/ISSN 0020-9511
[FGSV08b] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. Hinweise für Zuflussregelungsanlagen (H ZRA), Ausgabe/Auflage 2008, Köln, 2008
[Hink08a] Hinkeldein, Daniel Verkehrsmanagement 2020: Wie verändern sich die Anforderungen an Verkehrsoperatoren?, 2008
[LSNRW16] Landesbetrieb Straßenbau NRW (Hrsg.) Telematik im Straßenverkehr, 2016
[NAP07] EURAMP - European Ramp Metering Project , 2007/10/08
[Wirk10] Technische Universität München, Lehrstuhl für Verkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Fritz Busch, TRANSVER GmbH, Dr.-Ing. K. Bogenberger, Busch, F., Grosanic, S., Dinkel, A., Schieferstein, A., Stadler, M. Begleitforschung und Ergänzung des Merkblatts "Ermittlung der Wirksamkeit von Verkehrsbeeinflussungsanlagen" , 2010
[Zufl12] Europäische Kommission Verkehrsmanagementdienste ZUFLUSSREGELUNG Einsatzempfehlung, 2012/01
Weiterführende Literatur
[Niel01] Nielsen, Sven-Martin Beiträge des Verkehrssystem-Managements zum stadtverträglicheren Straßenverkehr - Straßenbenutzungsabgaben, Zufahrtbeschränkung und elektrisch angetriebene Stadtautos im Vergleich, TU Berlin Fachbereich Verkehrswesen und Angewandte Mechanik Institut für Straßen- und Schienenverkehr, 2001
Glossar
Verkehrsfluss
Unter Verkehrsfluss versteht man die Anzahl der Fahrzeuge, die eine vordefinierte Verkehrs(quer)fläche pro Zeiteinheit durchfährt.
ex ante lateinisch: im Voraus
Motorisierter Individualverkehr Als motorisierter Individualverkehr (MIV) wird die Nutzung von Pkw und Krafträdern im Personenverkehr bezeichnet. Der MIV, als eine Art des Individualverkehrs (IV), eignet sich besonders für größere Distanzen und alle Arten von Quelle-Ziel-Beziehungen, da dieser zeitlich als auch räumlich eine hohe Verfügbarkeit aufweist. Verkehrsmittel des MIV werden von einer einzelnen Person oder einem beschränkten Personenkreis eingesetzt. Der Nutzer ist bezüglich der Bestimmung von Fahrweg, Ziel und Zeit frei (örtliche, zeitliche Ungebundenheit des MIV).
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Verkehrsstärke
Die Verkehrsstärke ist eine Kennzahl für die Stärke eines Verkehrsstroms an einem Querschnitt, gemessen in der Anzahl der Verkehrseinheiten, die diese Stelle pro Zeiteinheit passieren. Man spricht in diesem Zusammenhang von Streckenbelastung, wenn sich die Quantifizierung des Verkehrsstroms alternativ auf einen betrachteten Streckenabschnitt und nicht auf einen Querschnitt bezieht.
Verkehrsstärke = Verkehrseinheiten am Querschnitt / Bezugsperiode
Gebräuchliche Einheiten für die Verkehrsstärke sind z. B. Fahrzeuge [Fzg] pro Tag [24h] oder Stunde [h] (z. B. durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke, kurz DTV [Fzg/24h])
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?74536

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 15:40:49