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Staugebühr in Singapur

Erstellt am: 26.09.2024 | Stand des Wissens: 26.09.2024

Synthesebericht gehört zu:

Singapur führte bereits im Jahr 1973 eine Gebühr für ausländische Fahrzeuge ein, die schließlich 1975 durch ein "Area-Licensing-System" abgelöst wurde, welches eine Vignette zur Voraussetzung für alle Autofahrenden machte, die in die Innenstadt wollten. In den 1990er Jahren wurde das City-Maut-System schrittweise ausgedehnt und digitalisiert [Miets07]. Die 1998 erstmals eingeführte elektronische Mauterfassung nutzt On-Board-Units in den Fahrzeugen, um Mautgebühren automatisch beim Passieren von Mautbrücken zu erheben, wobei die Kosten nach Fahrzeugtyp, Uhrzeit und Standort variieren. Über die dynamisch anpassbaren Straßennutzungsgebühren werden außerdem die Verkehrsflüsse gesteuert [WEF21]. Das Mautmodell wurde später von anderen Großstädten weltweit übernommen [ARD23b]. Seit dem Jahr 2023 werden Fahrzeuge in Singapur nach und nach mit einer neuen On-Board-Unit ausgestattet. Mithilfe der neuen On-Board-Units im Fahrzeug kann das derzeitige terrestrische Mautsystem durch ein satellitengestütztes Mautsystem abgelöst werden. Dadurch verspricht sich die Verkehrsbehörde Möglichkeiten, das Mautsystem ausweiten zu können. Kontrovers diskutiert wird auch die Einführung entfernungsabhängiger Gebühren [Lee23; ITF201].
Die Mautgebühren fallen je Fahrt im mautpflichtigen Gebiet an und variieren je nach Tageszeit bzw. Verkehrsaufkommen. Für die Mauterhebung wird auf ein elektronisches Prepaid-System zurückgegriffen. Die Kosten für die Umstellung auf das elektronische Mautsystem betrugen etwa 131 Millionen Euro. Die Transaktionskosten belaufen sich auf etwa zehn Millionen Euro pro Jahr. Mit jährlichen Einnahmen von schätzungsweise 52 Millionen Euro bleibt ein Gewinn von etwa 42 Millionen Euro, der zur Finanzierung des Verkehrssystems genutzt werden kann [UBA21ai]. Die Mauteinnahmen werden größtenteils zur Finanzierung und den Ausbau des ÖPNV genutzt [ARD23b].
Durch die Einführung des elektronischen Mautsystem konnte das Verkehrsaufkommen während der Betriebszeiten des Mautsystems um 10 bis 15 Prozent reduziert werden. Das elektronische Mautsystem führte zu einer Erhöhung der durchschnittlichen Fahrgeschwindigkeit um 20 Prozent und einem Anstieg der Nutzung von Bussen und Fahrgemeinschaften [WEF21; UBA21ai; CTCN].
Neben der Citymaut setzt der Stadtstaat dabei auch auf eine teure Besitzberechtigung für private Pkw und ein gut ausgebautes ÖPNV-Angebot. Im Gegensatz zu vielen Großstädten weltweit hat Singapur es mithilfe dieser Instrumente geschafft, den Anstieg des Verkehrsaufkommens nachhaltig zu begrenzen [HaRe19, S. 23 f.].
Ansprechperson
M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Erhebung von Staugebühren zum Management knapper Kapazitäten (Stand des Wissens: 26.09.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?388207
Literatur
[ARD23b] Ratzow, Sandra Singapur: Weniger Autos, mehr öffentlicher Nahverkehr, 2023/11/07
[CTCN] Climate Technology Centre and Network, CTCN (Hrsg.) Road pricing, 2010
[HaRe19] Tobias Hagen, Monika Reining Übersicht über mögliche ökonomische Auswirkungen von City-Mauts, 2019/10/17
[ITF201] Theseira, Walter Singapores Experience with Road User Charges, 2021/01/25
[Lee23] Lee, Loraine Explainer: Why distance-based road pricing is unlikely anytime soon, 2023/10
[Miets07] Mietsch, F. City-Maut - Internationale Erfahrungen, Perspektiven für Deutschland, Berlin, 2007, ISBN/ISSN 978-3-89892-839-7
[UBA21ai] Blanck, Ruth, Zimmer, Wiebke, Mottschall, Moritz, Göckeler, Katharina, Keimeyer, Friedhelm, Runkel, Matthias, Kresin, Johanna, Klinski, Stefan Mobilität in die Zukunft steuern, 2021/11
[WEF21] World Economic Forum, Loane, Mary , Ketter, Wolfgang How road pricing is tackling congestion and pollution in cities like London and Singapore, 2021/12/21
Glossar
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
City Der in der Stadtforschung und im allgemeinen Sprachgebrauch für die Kennzeichnung des Stadtzentrums meist größerer Städte verwendete Begriff City ist nicht eindeutig, da er im Englischen eine völlig andere Bedeutung hat. Im englischen Sprachgebrauch kann der Begriff City für drei verschiedene Varianten stehen:
  1. allgemein für eine Großstadt,
  2. für eine historische Stadt mit Bischofssitz und Kathedrale,
  3. für eine Stadt mit königlicher Urkunde und zeremoniellen Privilegien.
Der deutsch Begriff der City leitet sich aus der frühen Konzentration von Bürofunktionen in der historischen City of London ab, da sich dort bereits im 18. Jahrhundert mit dem aufkommenden und rasch entfaltenden Banken- und Versicherungswesen der neue Typ des Bürohauses herausbildete, der den Prozess der Citybildung enorm beschleunigte. In erster Linie ist City ein Funktionsbegriff. Die City ist der zentralst gelegene Teilraum einer größeren Stadt mit einer räumlichen Konzentration hochrangiger zentraler Funktionen des tertiären und quartären Sektors.
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?584565

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 15:28:34