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Eignung der Finanzierungsquellen hinsichtlich unerwünschter Verdrängungseffekte

Erstellt am: 20.08.2024 | Stand des Wissens: 22.08.2024

Synthesebericht gehört zu:

Bei den Verkehrssteuern treten unerwünschte Nebeneffekte vor allem durch die verstärkte Nutzung des sogenannten Dienstwagenprivilegs auf. Unter den Dienstwagen finden sich häufig Pkw höherer Fahrzeugklassen mit höherem Verbrauch. Zwar sind die wachsenden Anteile an Hybridfahrzeugen zu beachten, doch zeigt die Praxis, dass die Batterie wenig extern geladen und vorzugsweise auf Geschäftskosten getankt wird. Dies wird vor allem von Umweltorganisationen angeführt [GrCi21]. Dagegen sieht der Verband der Automobilindustrie den Dienstwagen als wichtigen Treiber der Mobilitätswende [VDA24].
Bei der Energiesteuer sind Umgehungen durch Tanken im Ausland möglich. Dies betrifft den grenznahen Kfz-Verkehr und den Tourismus. Für den internationalen Lkw-Verkehr sind die Preisunterschiede bei Dieselkraftstoff zu Ländern wie Luxemburg, Polen oder Tschechien sehr relevant, weil auf diesem Markt mit geringen Margen operiert wird. So versorgen in Luxemburg rund 200 Tankstellen die Treibstoffnachfrage, während dies in Düsseldorf bei ähnlicher Einwohnerzahl nur 80 sind. Am Standort Luxemburg-Berchem befindet sich die größte Tankstelle der Welt [edit24].
Bei Gebührenlösungen sind vor allem Vollständigkeit und Differenzierung entscheidend für die Art und den Umfang von Ausweichbewegungen. Dies bezieht sich auf das Straßennetz und auf die betroffenen Nutzerkategorien. In Deutschland werden Nutzungsgebühren nur auf den Bundesfernstraßen erhoben. Dies kann zu Ausweichfahrten in das nachgeordnete Netz der Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen führen. Während Fernfahrten mit schweren Lkw in geringem Maße solche Ausweichmöglichkeiten nutzen, weil die entstehenden Zeitverluste eine Just-in-Time-Belieferung erschweren, kann es bei Fahrten mit leichteren Lkw ab 3,5 Tonnen technisch zulässiger Gesamtmasse (t tzGm) im Kurz- und Mittelstreckenverkehr zu Verdrängungen in das nachgeordnete Netz kommen. Die vor der Einführung des 3,5-t-tzGm-Limits beobachteten Verlagerungen von Transporten von mautpflichtigen Lkw auf nicht mautpflichtige (unterhalb von 7,5 t tzGm) spielen dagegen keine Rolle mehr.
Dafür üben die Ausnahmen für Handwerksfahrzeuge Anreize aus, die Art des Betriebes der Ausnahmeregelung anzupassen. So gilt die Ausnahmeregelung nicht für gewerbliche Transporte, Werkstatt- oder Überführungsfahrten. Bei gemischten Fahrten zählt der überwiegende Zweck der Fahrt. Der Garten- und Landschaftsbau sowie der regionale Handel ist bei den Ausnahmen nicht enthalten. Trotz solcher rechtlichen Grauzonen wird der Anreiz zu Umfirmierungen als gering eingeschätzt.
Ansprechperson
M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Einnahmequellen für die Fernstraßenfinanzierung (Stand des Wissens: 20.08.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?345836
Literatur
[edit24] editus (Hrsg.) Tankstellen in Luxemburg, 2024
[GrCi21] Green City e.V., Green City e.V. (Hrsg.) Ein "Bonus" für Umweltverschmutzung: Dienstwagenprivileg als klimaschädliche Subvention?, 2021
[VDA24] Fritz, Alexander , Lemmer, Jens Warum Dienstwagen die Mobilitätswende fördern , 2024/01
Glossar
Just-In-Time "Just-In-Time" (JIT) ist ein Transportservice, bei dem die Auslieferung von Waren zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeführt wird. Der Kunde legt vorher fest, wann und wohin die Güter geliefert werden sollen. Häufig wird JIT in der Produktions-Logistik eingesetzt, um eine produktionssynchrone Beschaffung umzusetzen. Mit diesem Prinzip lassen sich beispielsweise Zwischenlager sparen und somit Kosten senken.
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Mobilitätswende
Mit der Mobilitätswende soll der Endenergieverbrauch des Verkehrssektors gesenkt werden, ohne dass die Mobilität der Menschen eingeschränkt wird. Diesem Ziel folgend, versucht man mit der Mobilitätswende Verkehr zu vermeiden (zum Beispiel durch stadtplanerische Maßnahmen), auf emissionsfreie und emissionsarme Fortbewegungsmittel zu verlagern (zum Beispiel auf den öffentlichen Verkehr) und effizienter abzuwickeln (zum Beispiel durch verkehrssteuernde Maßnahmen).

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?582922

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 15:12:56