Vision Zero als Strategie der Verkehrssicherheitsarbeit zur Vermeidung von Unfällen
Erstellt am: 12.09.2022 | Stand des Wissens: 10.12.2024
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Die Ursprünge der Strategie Vision Zero liegen im Arbeitsschutz in den USA zum Beginn des 19. Jahrhunderts. In der Schwarzpulverfabrik des US-amerikanischen Unternehmers Eleuthre Irénée du Pont de Nemours ereigneten sich schon kurz nach der Gründung der Fabrik im Jahr 1802 immer wieder tödliche Arbeitsunfälle. Diese Ereignisse veranlassten ihn dazu, im Jahr 1811 ein Sicherheitskonzept zur Unfallvermeidung am Arbeitsplatz aufzustellen. Dabei wurden besonders die Grundannahmen Menschen machen Fehler und Die physische Belastbarkeit des Menschen ist begrenzt berücksichtigt (BeKe12, S. 3).
Die im Arbeitsschutz aufgestellten Grundannahmen führte jedoch erst in den 1990er Jahren zu einem Paradigmenwechsel in der Verkehrssicherheitsarbeit, nachdem lange Zeit akzeptiert wurde, dass Menschen im Straßenverkehr sterben (BeKe12, S. 4). Bis in die 1990er Jahre wurde in der Verkehrssystemplanung die Verkehrssicherheit in erste Linie auf Kosten-Nutzen-Analyse basiert. Das Versagen dieses Ansatzes hingegen wurde auf den Menschen als Verkehrsteilnehmer zurückgeführt und entsprechend hingenommen. Der Paradigmenwechsel bestand darin, dass das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit des Menschen in den Mittelpunkt der Verkehrssicherheit gestellt wurde und somit den Zielen der Mobilität und Kostenvermeidung übergeordnet wurde. Daraus folgte, dass sämtliche schweren Verletzungen und tödlichen Unfälle als moralisch nicht vertretbar angesehen wurden. Dies führte dazu, dass nicht nur die Teilnahme am Verkehr eine direkte Verantwortung für Unfälle bedingt, sondern ebenfalls die planenden und gestaltenden Institutionen des Straßenverkehrssystems eine eigenständige Verantwortung tragen (Abebe22, S. 2) Die drei Komponenten Fahrzeug, Verkehrsinfrastruktur und Mensch sind durch ihre gegenseitige Beeinflussung der Verkehrssicherheit nicht singulär zu betrachten. Beispielsweise wirkt sich die Gestaltung einer Straße auf das Verhalten der am Verkehr teilnehmenden Menschen im Straßenraum aus (BeKe12, S. 4). Im Straßenverkehr besteht eine Wechselwirkung zwischen Menschen, Straße, Umwelt, Verkehr und Fahrzeugen.
![Abb. 1: Einheit von Bau und Betrieb [Eigene Darstellung] 01_Sb_Verkehrssicherheit indiv.png](/servlet/is/557008/01_Sb_Verkehrssicherheit%20indiv.png)
Als erstes europäisches Land übertrug Schweden den Ansatz der Vision Zero in die Verkehrssicherheit. Dieser Ansatz basiert auf der ethischen Überzeugung, dass kein Verlust von Menschenleben im Straßenverkehr akzeptabel ist (TiNa99). Zudem spielt das schwedische Verständnis von Verantwortung eine zentrale Rolle: Die Verantwortung für die Verkehrssicherheit wird nicht nur den Verkehrsteilnehmenden selbst zugeschrieben, sondern auch denjenigen, die für die Planung und Gestaltung des Verkehrssystems verantwortlich sind. Schweden sah in der Vision Zero eine Möglichkeit, durch eine systematische und präventive Gestaltung der Verkehrsinfrastruktur, strenge Sicherheitsstandards und die Förderung eines sicheren Verkehrsverhaltens einen bedeutenden Beitrag zur Reduktion von Verkehrsunfällen zu leisten (TiNa99). Im Jahr 1997 wurde in dem skandinavischen Land die Vision Zero in der Verkehrssicherheit gesetzlich verankert (BeKe12, S. 4). Infolgedessen haben zahlreiche Länder diese Initiative aufgegriffen und adaptiert.