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Fahrgemeinschaften und Mobilitätszentralen

Erstellt am: 13.09.2002
Autoren:   Reinkober, Norbert, Dr.
Erscheinungsjahr / -datum:   1994
Veröffentlicht in:   Schriftenreihe f. Verkehr und Technik
Ausgabe / Auflage:   1
Verlag / Ort:   Erich Schmidt-Verlag
Zitiert als:   [Reink94]
Art der Veröffentlichung:   Habilitationsschrift / Doktorarbeit / Diplomarbeit
Sprache:   deutsch
ISBN oder ISSN:   3 503 03503 6
Review
Erstellt am: 17.09.2002 | Stand des Wissens: 05.07.2016

Ansprechperson:
Ziel / Zweck
Im Rahmen des EU Projektes DRIVE wurden Randbedingungen für die Ausweitung von Fahrgemeinschaften untersucht als ein Bestandteil differenzierter Bedienungsformen. Es sollte dargestellt werden, dass durch die Koordinierung dieser Dienstleistung über eine verkehrsmittelübergreifende Mobilitätszentrale ein neuer praktikabler, kommunaler Verkehrsansatz etabliert werden kann.

Methodik und Durchführung
  • Literaturauswertung
  • Datenanalyse
  • Fallstudie
  • Befragung
  • Theoretisch-konzeptionelle Arbeit
Zur empirischen Ermittlung des Fahrgemeinschaftsinteresses, des Verkehrsverhaltens und der Akzeptanz von Fahrgemeinschaften wurden Expertengespräche, schriftliche Befragungen und Telefon-Interviews eingesetzt.

Untersuchungsgebiet zum Verkehrsverhalten war die Gemeinde "Flecken Aerzen" im Landkreis Hameln-Pyrmont im Regierungsbezirk Hannover. Die Erhebung zu bzw. Einführung von Fahrgemeinschaften erfolgte bei zwei Aerzener Großbetrieben mit 650 bzw. 1.000 Mitarbeitern und dem BHW in Hameln mit 3.380 Mitarbeitern.

Nach Basisinformationen der Interessenten wurde mit Hilfe einer speziellen Software mögliche Fahrgemeinschaften entwickelt und den Interessenten schriftlich zugestellt. Ansprechpartner und Träger für den laufenden Betrieb war die bestehende Anruf-Sammeltaxen-Zentrale der Kraftverkehrsgesellschaft (KVG) Hameln, die ausgebaut wurde.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Mobilitätszentralen
Die Trägerschaft einer MZ wird vom Verfasser hinsichtlich Betrieb und Kosten am sinnvollsten bei Verkehrsunternehmen gesehen, wenn auf eine vorhandene Kundenberatungsstruktur aufgesetzt werden kann. Ist diese nicht vorhanden, sollten Kooperationen mit z. B. Verkehrsämtern, Planungsämtern oder Stadtteilbüros gesucht werden.

Kernaufgaben werden gesehen in:
  • Koordinierung von Fahrgemeinschaften und flexiblen Bedienungsformen des ÖPNV
  • Information und Beratung über öffentliche Verkehrsangebote (lokal und DB)

Zusätzlich wird empfohlen:
  • Beschwerde-/Verbesserungsmanagement
  • Awareness-Maßnahmen
  • Koordinierung von CarSharing und Zustelldiensten
  • Soziale Hilfsdienste

Eine (nahezu) 24-stündige telefonische Erreichbarkeit wird als wichtige Erfolgsvoraussetzung genannt.

Unumgänglich ist ein ständiges Marketing zur Existenz und zum Inhalt der MZ.

Fahrgemeinschaften
Bei der Einführung von Fahrgemeinschaften im Berufsverkehr ist die Unterstützung durch Geschäftsleitung und Betriebsrat erforderlich. Dort, wo dies gelang, ließen sich folgende Erfahrungen sammeln:
  • Die Vermittlung von neuen Fahrgemeinschaftsmitgliedern in bestehende Fahrgemeinschaften war nicht erfolgreich.
  • Motivationen neuer Teilnehmer sind hauptsächlich finanzielle und zeitliche Vorteile und die Nutzung von günstig gelegenen Firmenparkplätzen.
  • Gleitzeit wird als förderlich für die Bildung von Fahrgemeinschaft eingestuft
  • Eine Abwanderung vom ÖPNV konnte nur bei sehr schlechten ÖPNV-Alternativen festgestellt werden.
  • Reine EDV-gestützte Fahrgemeinschaftsvermittlungen versprechen weniger Erfolg als wenn Personal für Rückfragen, als Initiator und zur Motivation bereitsteht.


Einordnung in die Forschung / Relevanz für die Politikberatung
Reinkober stellt das Thema Fahrgemeinschaften in den Zusammenhang der differenzierten Verkehrsmittelnutzung und sieht die Vermittlung als Teilaufgabe von Mobilitätszentralen. Fahrgemeinschaften dienen u. a. als Strategie zur Abfederung der Verkehrsspitzen im Berufsverkehr.

Zu verkehrlichen Effekten von Fahrgemeinschaften wurden überwiegend qualitative Aussagen geliefert. Hier besteht noch Forschungsbedarf zu quanititativen Effekten.

Die hier initiierte Gründung der ersten deutschen Mobilitätszentrale in Hameln, die bis heute in Betrieb ist, war wichtiger Anstoßgeber für die in den nachfolgenden Jahren entstandenen Mobilitätszentralen, wobei der Aspekt der Fahrgemeinschaftsbildung andernorts kaum betrachtet wird. Durch die intelligente Nutzung bestehender Strukturen konnte es gelingen, auch im ländlichen Bereich eine Mobilitätszentrale erfolgreich zu etablieren.

Weitere Aspekte
Der Kundenkontakt der Mobilitätszentrale Hameln erfolgt im Gegensatz zu den meisten anderen Mobilitätszentralen nur telefonisch.
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?9439

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 06:55:32