Verkehrsberuhigung im Stadtverkehr
Erstellt am: 27.04.2004 | Stand des Wissens: 13.09.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Mit der Zunahme des städtischen Straßenverkehrs in den 1960er und 1970er Jahren des letzten Jahrhunderts verschlechterte sich vielerorts die innerstädtische Wohnqualität und zunehmende Stadt-Umland-Wanderungen mit höherem Verkehrsaufkommen waren zu beobachten.
Die Aufnahmefähigkeit des Straßenhauptnetzes in Städten stieß deshalb zunehmend an Grenzen. Kraftfahrzeugführende versuchen verstärkt in das Nebennetz, d. h. auf Erschließungs-, Anlieger- bzw. Sammelstraßen auszuweichen [SCHNA11, S. 508]. Gerade in diesen Straßenräumen dominieren jedoch die Erschließungs- und Aufenthaltsfunktion.
Um den Nutzungsansprüchen in besonders sensiblen Straßenräumen gerecht zu werden, bot sich der Einsatz von Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung an. Wesentliches Ziel von Verkehrsberuhigungsmaßnahmen war die Absenkung des Geschwindigkeitsniveaus, womit eine:
- Erhöhung der Verkehrssicherheit, vor allem für Zu Fuß gehende und Radfahrende
- Verlagerung des Durchgangsverkehrs,
- Unterbindung des Schleichverkehrs,
- Steigerung der Umfeld- und Lebensqualität und
- Reduzierung der Lärm- und Schadstoffemissionen
erreicht werden sollte [BMV94, S. 6; SCHNA11, S. 508]. Neben den Nutzungsansprüchen der Straßenräume gibt es mittlerweile weitere Erkenntnisse, die verkehrsberuhigende Maßnahmen anregen.
Nach dem BMDV stehen [Mobilität und Verkehr] in den kommenden Jahren vor einer radikalen Transformation [BMDV23b]. Um die vom Klimaschutzgesetz [KSG] festgelegten Klimaschutzziele im Verkehrssektor zu erreichen, muss eine weitreichende Mobilitätswende stattfinden, bei der vor allem das MIV-Aufkommen stark reduziert wird. Hierfür ist eine Veränderung des Modal Splits hin zu aktiver Mobilität Radfahrende, Fußgängerinnen und Fußgänger und ÖV-Nutzung von Nöten.
Studien zeigen außerdem, dass mehr aktive Mobilität positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat [VCOE23].
Um signifikante Veränderungen im Modal Split zu erreichen, muss die Attraktivität nachhaltiger Mobilitätsformen gesteigert werden.
Zudem liegen Erkenntnisse über die direkten und indirekten Kosten von Infrastruktur für verschiedene Formen der Mobilität vor. Die Konstruktion von Infrastruktur für den MIV Parkanlagen, Straßen - fällt dabei stets deutlich teurer aus als Infrastruktur für andere Mobilitätsformen [VCOE22].
Nach dem BMDV stehen [Mobilität und Verkehr] in den kommenden Jahren vor einer radikalen Transformation [BMDV23b]. Um die vom Klimaschutzgesetz [KSG] festgelegten Klimaschutzziele im Verkehrssektor zu erreichen, muss eine weitreichende Mobilitätswende stattfinden, bei der vor allem das MIV-Aufkommen stark reduziert wird. Hierfür ist eine Veränderung des Modal Splits hin zu aktiver Mobilität Radfahrende, Fußgängerinnen und Fußgänger und ÖV-Nutzung von Nöten.
Studien zeigen außerdem, dass mehr aktive Mobilität positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat [VCOE23].
Um signifikante Veränderungen im Modal Split zu erreichen, muss die Attraktivität nachhaltiger Mobilitätsformen gesteigert werden.
Zudem liegen Erkenntnisse über die direkten und indirekten Kosten von Infrastruktur für verschiedene Formen der Mobilität vor. Die Konstruktion von Infrastruktur für den MIV Parkanlagen, Straßen - fällt dabei stets deutlich teurer aus als Infrastruktur für andere Mobilitätsformen [VCOE22].
Eine der wesentlichen Voraussetzungen für den Erfolg verkehrsberuhigender Maßnahmen ist deren flächendeckende Umsetzung.
In den aktuellen "Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen" [RASt06] wird anstatt von Verkehrsberuhigung von geschwindigkeitsdämpfenden Maßnahmen (in Erschließungsstraßen, in Ortsdurchfahrten, in Hauptverkehrsstraßen) gesprochen [RASt06].
Die Art der Verkehrsberuhigungsmaßnahmen ist abhängig vom [UBA00h]:
- Straßentyp,
- Verkehrsmenge und -zusammensetzung,
- Festgelegte Zielgeschwindigkeit und
- Länge des Straßenabschnittes bzw. Größe des Gebietes.
In den meisten Fällen kommen bei der Planung von verkehrsberuhigten Gebieten zwei unterschiedliche Elemente oder deren Kombination zur Anwendung:
- straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen und/oder
- bauliche Maßnahmen (fahrdynamisch wirksame Maßnahmen).
In Deutschland beschränkten sich Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in der Vergangenheit vorwiegend auf Straßen mit geringer verkehrlicher Bedeutung, d. h. auf das Nebennetz. Die seit langer Zeit von fachlicher Seite stehende Empfehlung von Tempo 30 Zonen in Innenstädten das heißt auch an einigen Hauptverkehrsstraßen findet mittlerweile immer mehr Anklang bei Entscheidungstragenden. So sprechen sich mittlerweile mehr als 800 Städte und Kommunen für eine Überarbeitung der StVO aus (vgl. lebenswerte-städte.de). Sie wollen das Tempo 30 Zonen an Hauptverkehrsstraßen, ohne die bisher üblichen ausführlichen Begründungen gegen eine Tempo 50 Zone, durchgesetzt werden können. Das Umweltbundesamt hat in einer Meta-Studie aus dem Jahr 2016 den bisherigen Erkenntnisstand zu den Wirkungen von Tempo 30 Zonen an Hauptverkehrsstraßen veröffentlicht. Neben Verbesserungen bei Lärm- und Schadstoffbelastung konnte eine höhere Verkehrssicherheit sowie kein Rückgang der Leistungsfähigkeit des Verkehrsnetzes nachgewiesen werden [UBA16j].
Neben den in der RASt [RASt06] festgelegten geschwindigkeitsdämpfenden Maßnahmen, die der Verkehrsberuhigung dienen sollen, gibt es auch neue Ansätze wie Shared Space. Der Shared Space Ansatz knüpft zwar an die Ideen der Verkehrsberuhigung an, verzichtet allerdings in Verkehrsstraßen auf straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen, das heißt auf Lichtsignalanlagen, Markierungen und Beschilderungen sowie auf Flächen für den ruhenden Verkehr auch auf höher belasteten Straßen [TOPP11, S. 314 f.]. Ansätze dieser Art werden zwar in konkreten stadtplanerischen Projekten genutzt, sind aber rechtlich als schwierig zu bewerten, da in Deutschland aus straßenverkehrsrechtlicher Sicht nicht auf solche regelnden Maßnahmen verzichtet werden darf [FGSV14].
Im Gegensatz zum Shared Space-Prinzip sind Verkehrsberuhigungsmaßnahmen in ihrer Wirkungsweise allgemein anerkannt und die Einsatzbereiche geläufig. So sind die Absenkung des Geschwindigkeitsniveaus und die damit einhergehenden positiven Einflüsse auf die Verkehrssicherheit, das Durchgangsverkehrsaufkommen, die Umfeld- und Lebensqualität sowie die Lärm- und Schadstoffemission bekannt. Folgerichtig kommen straßenverkehrsrechtliche und bauliche Maßnahmen der Verkehrsberuhigung nicht nur in Wohnquartieren zum Einsatz, sondern auch in städtischen Straßenraumbereichen, welche besondere Anforderungen an Aufenthaltsqualität und Querungsmöglichkeiten stellen.