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Freie Flugverkehrsführung (Free Flight)

Erstellt am: 20.04.2004 | Stand des Wissens: 17.09.2018
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Um weitere Streckenkapazität im Luftraum verfügbar zu machen, wurden Konzepte für eine zunehmende Ablösung des Flugverkehrs vom starren, festgelegten Routennetz entwickelt. Die flächenhafte Verteilung der Flugstreckenführung durch die RNAV-Fähigkeit (Area Navigation, Flächennavigation) moderner Verkehrsflugzeuge und die flexiblere Luftraumnutzung sind bereits realistische Schritte in diese Richtung.

Das Programm EAM04, zur Entflechtung des Streckennetzes im oberen deutschen Luftraum, hat bereits neue Kapazität geschaffen. In weiteren Entwicklungsstufen wird die Verantwortung für die Routenführung und die sichere Trennung von anderem Verkehr, zunehmend von Bodenstellen der Flugsicherung auf die Bordsysteme des Flugzeugs verlagert werden. Mit dem Schlagwort Free Flight wird dabei die Endstufe eines vollständig freien Luftverkehrssystems umschrieben, bei dem Luftfahrzeuge ihre direkten Flugstrecken und gewünschten Flughöhen einnehmen und durch Bordsysteme eigenständig eine sichere Staffelung gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern herstellen. Zur Konzepterprobung haben sich 2008 acht europäische Staaten (Belgien, Dänemark, Finnland, Deutschland, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Schweden) im Free Route Airspace Project mit der Eurocontrol zusammengeschlossen. Ziel ist die Definition eines zusammenhängenden Luftraums zwischen den Flugflächen FL295 und FL435, in dem zwischen einem Ein- und Ausgangspunkt völlig unabhängig von festgelegten Strecken geflogen werden kann [ECTR02f]. Ende des Jahres 2017 haben insgesamt 51 Flugverkehrskontrollstellen (Area Control Center, ACC) einen "Free Route Airspace" vollständig oder teils implementiert [EURO18].
Prinzipdarstellung des Free Route Airspace ProjectAbbildung 1: Prinzipdarstellung des Free Route Airspace Project [ECTR02g]

Die Flugbewegungen werden dabei aber dennoch von der Flugsicherung überwacht. Die bisherigen Maßnahmen des Programms befassten sich mit der Definition der Lufträume, Verfahren und Hilfssysteme. Machbarkeitsstudien werden vorgenommen, Simulationen durchgeführt sowie eine Gefahrenabschätzung eingeleitet. Ein Entwicklungsplan und eine Einführungsstrategie wurden aufgestellt. Derzeit werden die Ergebnisse und möglichen Gewinne wie folgt eingeschätzt:
  • Schätzungsweise 30% weniger Konflikte im Luftraum,
  • Einsparpotential durch horizontal und vertikal optimierte Flugprofile,
  • Kostenersparnis der Luftraumnutzer in Höhe von 60 Mio. EUR pro Jahr durch verkürzte Flugstrecken,
  • Verringerter CO2 Ausstoß durch verbesserte Flugprofile und kürzere Routenführung.

Aus flugbetrieblicher Sicht eröffnen neue Technologien ein neues operationelles Spektrum, das mit den Begriffen Bordautonome Flugführung , Free Flight , und Collaborative Decision Making beschrieben wird. Die darauf basierenden Betriebskonzepte sehen einen größeren Freiraum bei den Luftfahrzeugführern, ihre Flugbahn in Eigenverantwortung selbst zu wählen und konfliktfrei Gate to Gate zu koordinieren. Solche Betriebskonzepte bedeuten die Realisierung von Funktionen an Bord der Luftfahrzeuge, wie:

  • Planungsfunktionen: Flugdurchführungsplanung, abschnittsweise konfliktfreie Flugbahnplanung;
  • Koordinationsfunktionen: Koordination der konfliktfreien Nutzung des Luftraumes mit anderen Verkehrsteilnehmern;
  • Kontrollfunktionen: Kontrolle der Einhaltung der Flugbahn durch die Luftfahrzeugführer [Mens14].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Sicherheitsaspekte der Flugsicherung (Stand des Wissens: 19.09.2018)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?87935
Literatur
[ECTR02f] k. A. Eight-States Free Route Airspace Project, Eurocontrol, Brüssel, Belgien, 2002/02/18
[ECTR02g] McFarlane, N. Cost-Benefit Analysis of Free Route Airspace-Final Report, Helios Technology Ltd., Bagshot, England, 2002/02/14
[EURO18] EUROCONTROL - European Organisation for the Safety of Air Navigation (Hrsg.) Free Route Airspace (FRA), 2018
[Mens14] Heinrich Mensen Moderne Flugsicherung, Organisation, Verfahren, Technik, veröffentlicht in VDI-Buch, Ausgabe/Auflage Auflage: 4. Aufl. 2014 (28. Oktober 2014), Springer Berlin Heidelberg, 2014, ISBN/ISSN ISBN-10: 364254293X
Weiterführende Literatur
[ECTR01f] k.A. Safety Assessment of the Free Route Airspace Concept, Eurocontrol, Brüssel, Belgien, 2001/10

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?82332

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 12:20:31