Sharing Dienste als Maßnahme des Verkehrsmanagements
Erstellt am: 26.01.2004 | Stand des Wissens: 24.10.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
TU Dresden, Professur für Kommunikationswirtschaft
Sharing-Angebote gibt es heutzutage für viele Verkehrsträger. Neben dem Car-Sharing, welches bereits seit 1980 ein Mittel in der Verkehrs- und Mobilitätsplanung ist, gibt es mittlerweile auch das Bike-Sharing sowie Sharing Angebote zu anderen Mikromobilitätslösungen zum Beispiel E-Scooter. Eine Verbesserung des Angebots von Sharing-Diensten kann zu einer verträglicheren Verkehrsabwicklung sowie zu einer modalen und räumlichen Verlagerung des Verkehrs beitragen und wirkt daher im Kontext der nachhaltigen Mobilität als eine Pull-Maßnahme weg vom Motorisierten Individualverkehr (MIV) beziehungsweise. dem persönlichen Fahrzeugbesitz.
Sharing-Dienste entfalten Ihre Potentiale, sobald sie in Kombination mit weiteren Verkehrsträgern betrachtet werden. Ausgehend von der Erwartung, dass der Nutzer individuell und situationsspezifisch eine optimale Verkehrsmittelwahl trifft, bieten Verknüpfungspunkte, an denen der Nutzer sich zwischen verschiedenen Verkehrsträgern entscheiden kann, große Potentiale die Mobilität zu verbessern und nachhaltigere Mobilitätsentscheidungen attraktiver zu machen. Besonders die Verknüpfung mit dem öffentlichem Personennahverkehr ermöglicht eine inter- und multimodale Verkehrsmittelwahl. Je nach Ziel und Zweck einer einzelnen Reise kann das passende Verkehrsmittel gewählt und durch ein weiteres passendes Verkehrsmittel ergänzt werden. Sharing umfasst eine intramodale Organisationsform (bezogen auf einen Verkehrsträger), in welcher mehrere Personen ein Fortbewegungsmittel nutzen beziehungsweise sich dieses teilen. Bei dem Fortbewegungsmittel handelt es sich um Eigentum einer Person oder eines Unternehmens/einer Körperschaft.
Um die Verknüpfung von Sharing-Angeboten und öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gewährleisten zu können, sind umfassende Mobilitätsangebote mit Schnittstellen in Zugang, Service, Information und räumlicher Verknüpfung erforderlich. Erste Ansätze hierfür zeigen sich in den vorhandenen Kooperationen von Verkehrsunternehmen mit Car-Sharing-Organisationen [MNRW24]. Die Integration von Car-Sharing und anderen Sharing-Angeboten in das öffentliche Personennahverkehrs-Angebot ist bisher allerdings nur ansatzweise entwickelt. Basierend auf bisherigen Erfahrungen sind die folgenden Anforderungen an eine kombinierte Mobilität zu stellen:
- Die jeweiligen Produkte sind an die lokale Situation anzupassen,
- Räumliche Schnittstellen sind als erkennbare Mobilitätspunkte (Mobilitätsstationen) auszubilden und
- Kundenbetreuung sowie einfache Preisstruktur mit geringer Nutzerhemmschwelle sind zu realisieren.
Die Wechselwirkung von Sharing-Angeboten mit dem öffentlichen Personennahverkehr gehen in beide Richtungen. Der öffentliche Personennahverkehr profitiert von der Modernität und Innovativität der Sharing Dienste und die Sharing-Dienste profitieren von einem starken öffentlichen Personennahverkehr, der für eine breite Kundschaft sorgen kann. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Gestaltung der Schnittstellen bei kombinierten Mobilitätsangeboten zu legen. Die hierzu gehörenden Bausteine werden im Folgenden näher erläutert [Huwe03a, S. 156]:
Die Integration von Sharing in das Angebot des öffentlichen Verkehrs
- Angebot spezieller Tickets zur kombinierten Mobilität
- Sharing-Dienste als integrativer Bestandteil der Jahreskarte: Abfragen beim Kauf jeder Jahreskarte, Option auf Vertragsformular
- Angebot von integrierten Zugangsberechtigung in (E-)Tickets
- Ausbildung von Mobilitätspunkten im öffentlichen Raum
- Förderung der internen Öffentlichkeitsarbeit
Service aus einer Hand
- Vertragsabschluss und Anlaufstelle an einem Ort (Kundenzentrum/Mobilitätszentrale)
- Enge Verknüpfung der Leistungen (bei Buchung, Anfragen und Problemen mit Sharing, Infos)
- Bündelung der Bezahlung aller genutzten Dienstleistungen in einer monatlichen Mobilitätsrechnung
- Leistungen selbst erbringen, feste Geschäftsverbindungen mit den Kooperationspartnern oder Dienstleistung als Kernleistung von Dritten einkaufen
Werbung für kombinierte Mobilität
- Werben mit Auto-Angebot für Car-Sharing
- Die Bereiche Information, optische Präsenz und Image abdecken
- Imagewerbung: Lust auf kombinierte Mobilität wecken
- Nutzen in Vordergrund stellen, zielgruppenspezifisch werben
- Informations- und Werbekampagnen langfristig anlegen, für sofortigen oder späteren Einstieg
- Testen/Ausprobieren ermöglichen auch von öffentlichen Personennahverkehr
Angebot umfassender Mobilitätsdienstleistungen
- Angebot von unterschiedlichen Mobilitätspaketen
- Angebot weitergehender Serviceleistungen
- Integration weiterer Kooperationspartner (beispielsweise Taxi, Fahrrad, Veranstalter)
Die konkrete Ausgestaltung der kombinierten Mobilität von verschiedenen Sharing-Diensten und öffentlichen Personennahverkehr kann sowohl vom Verkehrsunternehmen als auch je nach lokaler Situation vom Verkehrsverbund, dem Aufgabenträger oder einem eigens hierfür gegründeten Zusammenschluss organisiert werden. Mit der Erweiterung des Umweltverbunds um Car-Sharing und durch eine konsequente Vernetzung der Verkehrsmittel wird ein Beitrag für einen umwelt- und umfeldverträglichen Stadtverkehr geleistet. Gleichzeitig wird der ÖPNV durch einen innovativen Baustein attraktiver.
Nach einer Analyse von Öffentlichkeitswirkungen unterschiedlicher Car-Sharing-Kampagnen kristallisierten sich drei Bereiche heraus, die eine kombinierte Mobilität effektiv positionieren. Imagefördernde Werbemittel sind demnach Poster und Inserate in Zeitungen. Der zweite Bereich umfasst beispielsweise die Bereitstellung von Fakten und Erklärungen, wobei Informationsbroschüren und Internetseiten gleichermaßen Beachtung finden sollten. Der dritte Bereich ist die Präsenz im öffentlichen Raum. Hierbei müssen Car-Sharing-Fahrzeuge und deren Standorte für einen positiven Auftritt sorgen und die Verknüpfung an den Haltestellen des ÖPNV verdeutlichen.
Derzeit deuten verschiedene Anzeichen darauf hin, dass Car-Sharing in Deutschland am Beginn einer Umbruchphase steht. Als Ursachen können beispielsweise neue Techniken, Angebots- und Organisationsformen und die Erschließung neuer Nutzergruppen genannt werden, die Änderungen der Nutzungsweisen und in der Folge auch der klimawirksamen Emissionen von Car-Sharing bewirken. Dies gilt für das dominierende Car-Sharing für Privatkunden als auch für das Car-Sharing für Betriebe, das zunehmend Anwendung findet (siehe hierzu auch [Hirt12] zum Projekt "Carsharing 2020").