Lärmminderung im innerstädtischen Schienenverkehr durch Vegetationssysteme im Gleis
Erstellt am: 16.12.2003 | Stand des Wissens: 05.12.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
Eine Möglichkeit, den Schienenverkehrslärm in Stadtgebieten zu reduzieren, ist der Einbau von Vegetationssystemen in das Gleisbett (umgangssprachlich Rasengleis oder Grünes Gleis). Dieses schafft neben seiner schalldämmenden Eigenschaft zudem neue Grünflächen in teilweise hochversiegelten Innenstadtbereichen und kann damit zu einer Aufwertung des Arbeits- und Wohnumfeldes beitragen [HeSi03a, S. 7]. In Berlin gab es bereits 1917 37,5 Kilometer Rasengleise - diese waren bis in die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts verbreitet, wurden aber vor allem durch Anforderungen an den Korrosionsschutz stark zurückgedrängt [GlSc11, S. 26]. Ferner haben Rasengleise insbesondere durch die Kühlwirkung und die Wasserspeicherfähigkeit des Grüns positive Auswirkungen auf das Mikroklima in einer Stadt, wobei sich die Mehrkosten für die Installation eines Rasengleises volkswirtschaftlich durch die genannten Effekte schnell monetarisieren [BöKi10]. 2011 waren deutschlandweit über 400 Gleiskilometer in dieser Oberbauform gehalten.
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Die dominierende Funktion der Gleisbett-Naturierung stellt jedoch das Lärmminderungspotenzial dar. Nach Henze und Siemsen ist in vielen Fällen ausschließlich dieses Potenzial ausschlaggebend für die Installation von Vegetationssystemen [HeSi03a, S. 8]. So wird bei der Berechnung des Schallpegels gemäß der Richtlinie "Schall 03" Rasengleisen - unabhängig von hoch- oder tiefliegender Bauart - pauschal ein Bonus in Form eines Schallpegelabschlags von 2 Dezibel(A) gewährt [16. BImSchV, Anlage 2; Schall 03 (in Überarbeitung)]. Dieser Bonus ist in der Wissenschaft bereits seit einiger Zeit umstritten (siehe zum Beispiel [Gies00, S. 14]).
Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung initiierten Verbundforschungsprojekts "LERM: Low Emission Railway System" wurde das Schallminderungspotenzial von Vegetationssystemen im Gleis als ein Teilthema untersucht [BMBF03l, S. 16]. Die Untersuchungen zeigten, dass Vegetationssysteme im Gleis einen beachtlichen Schallabsorptionsgrad aufweisen, der in Abhängigkeit von der Gesamtsystembauweise und der Ausgestaltung einzelner Elemente des Naturierungssystems in unterschiedlichem Maße ausgeschöpft wird. In Bezug auf die Bauweise zeigten die schalltechnischen Untersuchungen, dass hochliegende Naturierungssysteme bessere Schallabsorptionsgrade aufweisen und bestätigten damit die Zweifel an einer pauschalen Bewertung der beiden unterschiedlichen Bauformen. "Die Einhausung der Schallquelle 'Schiene' und der erhöhte Anteil schallabsorbierender 'grüner Oberflächen' am Trassenquerschnitt im Vergleich zu den schallharten 'technischen Oberflächen' verbessert das Schallminderungspotenzial am wirksamsten" [BMBF03l, S. 26]. In den Versuchen gelang es, den Schallabsorptionsgrad des Schottergleises in wesentlichen Frequenzbereichen zu übertreffen. Durch den Einbau von Vegetationssystemen bei der Oberbauform Feste Fahrbahn könnten somit deren schalltechnische Nachteile behoben werden [BMBF03l, S. 25 f.].