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Wechselwegweisung zur Steuerung des Verkehrsablaufs

Erstellt am: 15.12.2003 | Stand des Wissens: 17.12.2019
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky

Eine verkehrsabhängig betriebene kollektive Wechselwegweisung (WWW) mittels Wechselverkehrszeichen (WVZ) dient der gleichmäßigeren Auslastung des Verkehrsnetzes und der Minimierung von Fahrtzeiten und Fahrtkosten. Durch einen Wechsel von Zielangaben auf Hinweistafeln an Knotenpunkten sollen Verkehrsteilnehmer auf weniger belastete oder verträglichere Alternativrouten umgeleitet werden. [FGSV02]

Wechselwegweisung wird bislang vornehmlich im Rahmen von Netzbeeinflussungsanlagen (NBA) auf Bundesfernstraßen realisiert. Es lassen sich die folgenden Ansätze unterscheiden:
  • Additive WWW weist im Störungsfall oder bei Überlastungen auf der Hauptroute mittels deutlich unterscheidbaren Wechselwegweisern eine Alternativroute aus. Auf der Alternativroute erfolgt die Verkehrslenkung mittels zusätzlicher statischer Verkehrszeichen (Umleitungspfeil, Delestage-Pfeil).
  • Substitutive WWW ersetzen (substituieren) Zielanzeigen auf den existierenden Wegweisern; die Routenführung erfolgt mittels der herkömmlichen Wegweisung.
  • Dynamische Wegweiser mit integrierten Stauinformationen (dWiSta) stellen neben Richtungsinformationen Hinweise zu Verkehrsstörungen und Umleitungsempfehlungen für Alternativrouten dar. [BoSc06]
Die Akzeptanz der gegebenen Umleitungsempfehlungen lässt sich nach [BMVBW00r] durch verbesserte und zusätzliche Informationen steigern, zum Beispiel über Stauort und -ursache oder über die momentanen Reisezeiten auf den Alternativrouten. Auch das Zusammenwirken von Radiomeldungen und kollektiven Zielführungssystemen trägt zur Erhöhung des Befolgungsgrades bei. Die Ergebnisse durchgeführter Befragungen, die in GrSa07a dargestellt sind, ergaben eine gute Akzeptanz von Routenempfehlungen durch dWiSta-Tafeln im Raum Leipzig. Individuelle Zielführungssysteme können bei entsprechend hohen Verbreitungsgraden Schaltungen von Wechselwegweisungsanlagen erübrigen, wenn die individuellen Systeme signifikante Entlastungen der Originalrouten bewirken. [BMVBW00r] verweist aber gleichzeitig darauf, dass auch künftig nicht auf kollektive Zielführungssysteme verzichtet werden kann. Synergieeffekte beider Systeme lassen sich durch einen Daten- und Informationsverbund, wie den vom Bundesverkehrsministerium geförderten Mobilitäts Daten Marktplatz (MDM) nutzen. Dabei werden dynamische Routenempfehlungen im Verantwortungsbereich der jeweiligen Gebietskörperschaft veröffentlicht und weiteren Akteuren (wie beispilesweise Herstellern von Navigationssystemen) zur Verfügung gestellt. Dies ermöglicht virtuelle Verkehrsbeeinflussungsanlagen, die Verkehrsinformationen nicht mehr nur über Schilderbrücken, sondern auch direkt ins Fahrzeug kommunizieren. Beispiele dafür sind das sogenannte strategische Routing in Ballungsräumen [Isaa13] oder das Verteilen von Routeninformationen an verkehrlich bedeutsamen Punkten, wie Baustellen. [Aktiv11]
Ein sinnvoller Einsatz von kollektiver Wechselwegweisung lässt sich nur bei günstigen Umwegesituationen realisieren. Als unerwünschte Wirkung kann dabei jedoch eine Verlagerung von Verkehr in das nachgeordnete Netz auftreten. [BoSc06]
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Informationsbereitstellung und Steuerung des Verkehrsablaufs als Maßnahme des Verkehrsmanagements (Stand des Wissens: 19.12.2019)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?33575
Literatur
[Aktiv11] Aktiv-Projektpartner Aktiv - Adaptive und Kooperative Technologien für den intelligenten Verkehr (Aktiv - gemeinsam die Zukunft erfahren), 2011
[BMVBW00r] Beckmann, Bernhard, Dipl.-Ing., Wehmeier, Thomas, Dipl.-Ing., Springsfeld, Christoph, Dipl.-Ing., Düsterwald, Michael, Beckmann, Klaus, Univ.-Prof. Dr.-Ing., Serwill, Dirk, Dr.-Ing. Leitstrategien individueller und kollektiver Zielführung in verkehrstechnischen Steuerungsverfahren, 2000
[BoSc06] Schäfer, Petra K. , Wolfermann, Axel, Boltze, Manfred, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Leitfaden Verkehrstelematik, veröffentlicht in Internationales Verkehrswesen, Ausgabe/Auflage Nr. 10, Deutscher Verkehrsverlag, Hamburg, 2006/10, ISBN/ISSN 0020-9511
[FGSV02] FGSV-Arbeitsausschuss 1.1 "Grundsatzfragen der Verkehrsplanung", FGSV-Arbeitsausschuss 1.7 "Sonderfragen des Stadtverkehrs" Verkehrsmanagement - Einsatzbereiche und Einsatzgrenzen [FGSV-Arbeitspapier Nr. 56], veröffentlicht in FGSV-Arbeitspapiere, Ausgabe/Auflage 1. , 2002
[GrSa07a] Grahl, Stefan , Sander, Günter Ausstattung von Anschlussstellen mit dynamischen Wegweisern mit integrierter Stauinformation - dWiSta , veröffentlicht in Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Ausgabe/Auflage BASt-Bericht V 162, Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bremerhaven , 2007
[Isaa13] Gordon Isaac Strategisches Routing zur Optimierung von Ballungsraumverkehr, VDE Verlag, 2013/02/20
Weiterführende Literatur
[Mole05] Molenschot, Toine Coastal Tide, veröffentlicht in traffic technology international, Ausgabe/Auflage Dec 05 / Jan 06, 2005, ISBN/ISSN 1356-9252
[SiFä05] Siegener, Wilfried, Dipl.-Ing., Träger, Klaus, Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing., Färber, Brigitte, Dr., Färber, Berthold, Prof. Dr. Dynamische Verkehrsinformationstafeln, veröffentlicht in Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Ausgabe/Auflage Heft 916, Wirtschaftsverlag NW / Bremerhaven, 2005, ISBN/ISSN 3-86509-275-6
[Fran10] Franke, R. Verkehrsmanagementsystem VAMOS im Großraum Dresden - Erfahrungen und Ausblick , 2010/12/15
Glossar
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)
Economies of Scope
Economies of Scope sind Verbundeffekte beziehungsweise Synergieeffekte, die entstehen, wenn die Kosten für die gemeinsame Betreuung zweier zusammengeführter Segmente in einem Unternehmen niedriger ist als die zweier voneinander isolierter Segmente.
MDM Der MDM: Mobilitäts Daten Marktplatz ist ein zentrales Online-Portal, das Verkehrsdaten bereitgestellt, um damit durch den vereinfachten Datenaustausch mit Dritten sowie durch den Zugang für private Dienstleistungsanbieter neue Möglichkeiten im Bereich des Verkehrsmanagements und Serviceangebote zu ermöglichen. Die Bundesanstalt für Straßenwesen ist im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums für den Betrieb dieser Austauschplattform zuständig.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?68931

Gedruckt am Donnerstag, 8. Juni 2023 14:34:41