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Der Kraftomnibus im aktuellen Unfallgeschehen

Erstellt am: 10.12.2003
Autoren:   Bende, J.
Gwehenberger, J., Dr. rer. nat.
Langwieder , K., Prof. Dr.-Ing.
Erscheinungsjahr / -datum:   2001/10
Seiten:   29
Zitiert als:   [Gweh01]
Art der Veröffentlichung:   Studie
Sprache:   deutsch
Review
Erstellt am: 10.12.2003 | Stand des Wissens: 10.12.2003
 
Ziel / Zweck
Der Kraftomnibus ist im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln ein sehr sicheres Verkehrsmittel. Dieser positiven Bewertung stehen einzelne Busunfälle mit hohen Personen- und Sachschäden entgegen.

Ziel der Forschungsarbeit ist es daher, auf Grundlage der Analyse des Unfallgeschehens von Kraftomnibussen weitere Verbesserungsmöglichkeiten im Bereich der aktiven und passiven Sicherheit aufzuzeigen.

Methodik und Durchführung
  • Datenanalyse
Auf Grundlage einer Gesamterhebung aller Busunfälle in Bayern (Erhebungsjahr 1998) und den statistischen Daten aus dem europäischen Projekt ECBUS wird das Unfallgeschehen von Kraftomnibussen auf deutscher und europäischer Ebene analysiert und daraus das Risikopotenzial für Linien- und Reisebuspassagiere abgeleitet.

In einem letzten Schritt werden aus den gewonnenen Erkenntnissen zum Unfallgeschehen von Kraftomnibussen Potenziale zur weiteren Verbesserung der Reisebussicherheit abgeleitet.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass aus dem Blinkwinkel der Unfallforschung die Bussicherheit insgesamt ein hohes Niveau erreicht hat. Gleichzeitig ist jedoch die Akzeptanz von Busunfällen sehr klein. Ein wesentlicher Grund dafür ist wohl die Tatsache, dass Buspassagiere fremdbestimmt sind, also nicht selbst in eine Gefahrensituation im Verkehr eingreifen können. Darüber hinaus gibt es immer wieder Katastrophenfälle, die enormes menschliches Leid zur Folge haben. Nach Meinung der Autoren ist daher weitere Verbesserungen unbedingt erforderlich.

Der europäische Vergleich von Busunfallstatistiken ist aufgrund einer fehlenden EU-weiten Harmonisierung der Unfallaufnahme, der statistischen Daten und der Exposure-Daten (z.B. Bestandsdaten), problematisch. Gerade für schwere Busunfälle, deren absolute Zahlen in den jeweiligen Ländern klein sind, ist zur Steigerung der statistischen Aussagekraft eine europäische Datenbasis unabkömmlich.

Zusammenfassend lassen sich die folgenden Aussagen aus dem vorgenommenen europäischen Vergleich ableiten:

  • Jährlich werden innerhalb der EU etwa 200 Businsassen bei Verkehrunfällen getötet.
  • Die Zahl der verunglückten Businsassen hat sich in Deutschland im Zeitraum von 1994 bis 1998 am günstigsten entwickelt (Abnahme von 8 %).
  • In allen acht Ländern ist die Zahl der verunglückten weiblichen Businsassen höher als die der männlichen Passagiere. Die Schwere der Verletzungen ist jedoch bei männlichen Verunglückten höher.
  • Ältere Passagiere verunglücken überproportional häufig in Kraftomnibussen.
  • Businsassen verunglücken in allen Ländern häufiger innerorts, schwere Unfälle mit Todesfolge ereignen sich jedoch überwiegend außerorts.
  • Alleinunfälle und Kollisionen mit schweren Unfallgegnern sind für Businsassen am gefährlichsten.
Auf Basis des aktuellen Stands der passiven Sicherheit von neuen Reisebussen und dem heutigen Stand der Technik formulieren die Autoren der Studie folgende Forderungen und Empfehlungen zur Verbesserung der Reisebussicherheit:

  • Einführung von Fahrdynamikregelungen mit Kippstabilisation
  • Einführung von Reifendruck- Überwachungssystemen
  • EU-weite obligatorische Einführung der Regelung zur Kippsicherheit gemäß ECE-R66
  • EU-weite obligatorische Einführung der Regelung zur Rückhaltevermögen der Sitze und deren Verankerungen gemäß ECE-R80
  • obligatorische Einführungen des UDS-System bei Reisebussen (insbesondere zur Rekonstruktion von Unfällen; Lernen aus Unfällen analog Blackbox Flugzeug)
  • Einführung von automatischen Unfallmeldern mit Panikknopf zur unmittelbaren Information der Rettungsdienststellen, wobei Informationen über die Anzahl der Fahrgäste und der Endlage des Busses weitergegeben werden sollten
  • Seitenscheiben als bruchsicheres Glas mit gleichzeitiger Realisierung von Notausstiegen
  • Sensibilisierung der Fahrgäste vor Fahrtantritt analog Flugzeug (Notausgang, Sicherheitsgurt)
Nach Meinung der Autoren besteht zudem Forschungsbedarf bezüglich der Themen Überrollsicherheit (statt Kippsicherheit), Verbesserung des Rückhaltevermögens der Sitze sowie zu den Vorteilen von Dreipunktgurten.

Darüber hinaus ist eine Risikoanalyse von Doppeldeckerbussen im Hinblick auf die Kippgefahr, Aufbaufestigkeit, Flankenschutz und Notausstiege erforderlich.
 

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?68415

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 15:53:38