Radverkehrsführung an Haltestellen des ÖPNV
Erstellt am: 26.09.2003 | Stand des Wissens: 05.12.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Haltestellen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) stellen - unabhängig von ihrer Lage - häufig aufgrund der sich überlagernden Nutzungsansprüche Problembereiche dar. Hauptanliegen der Haltestellengestaltung ist der Abbau des Konfliktpotenzials. Für den Radverkehr erweisen sich Konflikte mit Ein- und Aussteigenden und wartenden Fahrgästen zum Zweck des Erreichens und Verlassens der Haltestellenanlagen als besonders gefährlich. Des Weiteren ergeben sich Probleme mit querenden Fahrgästen, haltenden bzw. abfahrenden Fahrzeugen des ÖPNV sowie Konflikte zwischen Radfahrern, die ein haltendes Fahrzeug fahrbahnseitig passieren [Bast00c].
An die Gestaltung von Haltestellenanlagen werden folgende Anforderungen gestellt [Bast00c]:
- Sicheres Ein- und Aussteigen der Fahrgäste in ein Nahverkehrsfahrzeug sowie störungsfreies und angenehmes Warten
- Minimale Zeitverluste der Nahverkehrsfahrzeuge durch zügiges Erreichen, Einsteigen der Fahrgäste und Verlassen der Haltestelle
- Barrierefreie Zugänglichkeit zu den Nahverkehrsfahrzeugen; insbesondere für mobilitätsbehinderte Menschen
- Ungehindertes Passieren der Haltestelle durch Fußgänger
- Störungsfreie Nutzung der Radwegeanlagen durch den Fahrradverkehr ohne eine Aneinanderreihung punktueller Störungen im Radwegenetz
- Berücksichtigung der Belange des MIV
- Ansprechende und in das Stadtbild integrierte Gestaltung der Haltestellen.
Fahrbahnführungsvarianten (Radfahrstreifen, Schutzstreifen und andere) sind im Gegensatz zu der Seitenraumführung des Radverkehrs als konfliktärmer anzusehen. Wird der Radverkehr bereits im Vorfeld der Haltestelle auf der Fahrbahn geführt, so sollte diese Führung im Haltestellenbereich beibehalten werden. An Haltestellen mit Fahrbahnrandhaltestellen soll der Radfahrstreifen vor der Haltestelle enden und im Anschluss wieder aufgenommen werden. Der Bereich der Haltestelle ist durch das Zeichen 299 Straßenverkehrsordnung (StVO) [StVO] kenntlich zu machen. An Busbuchten wird der Radfahrstreifen ausgesetzt [ERA10].
Bei der Seitenraumführung besitzt die Haltestellenform Einfluss auf die Radverkehrsführung. Bei Bushaltestellenkaps steht in der Regel ausreichend Fläche für einen durchgehenden Radweg zur Verfügung, der sich dann hinter der Wartefläche für die Fahrgäste befindet. Dabei ist auf eine ausreichende Sicht zwischen Radfahrern und Fahrgästen zu achten. Die Führung des Radverkehrs auf Bussonderfahrstreifen ist bei Haltestellenkaps nur bedingt geeignet. An Fahrbahnrandhaltestellen wird der Radweg bei ausreichender Flächenverfügbarkeit hinter dem Wartebereich vorbeigeführt. Ist dies nicht möglich, kann eine Kombination des Ein-/Ausstiegsbereiches mit der Wartefläche, eine verringerte Breite des Radweges oder ein gemeinsamer Geh- und Radweg, unter Umständen mit Wartebereich, vorgenommen werden. Bei Bushaltebuchten ist eine Seitenraumbreite von 10 Metern nötig, weshalb diese Führungsform nur bei absoluter Notwendigkeit (hoch belastete Straßen, lange Busaufenthaltsdauer) realisiert werden sollte [ERA10].
Zusammenfassend sind unabhängig von den Ausführungsmöglichkeiten die folgenden Maßnahmen zur Konfliktreduktion zu ergreifen [Bast00c]:
- Separation aller betroffenen Verkehrsteilnehmer bzw. der von ihnen genutzten Flächen
- Installation von baulichen und betrieblichen Warn- und Leiteinrichtungen
- Platzierung von Warteeinrichtungen in der Nähe des Ein- beziehungsweise Ausstiegs der ÖPNV-Fahrzeuge
- Transparente Haltestellenausstattung zur Optimierung der gegenseitigen Wahrnehmung
- Konfliktmindernde Anordnung der Ausstattungselemente
- Anhalten der Radfahrer bei Bus- und Straßenbahnhaltestellen zum Beispiel durch Führung des Radverkehrs über die Bushaltefläche
- Wirksame Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der Fahrbahn.