Herausforderungen an Bike and Ride (B+R)
Erstellt am: 25.09.2003 | Stand des Wissens: 02.12.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
Eine funktionieredne Vernetzung von öffentlichem Verkehr (ÖV) und Fahrradverkehr kann als wesentlicher Grundbaustein einer systematischen Radverkehrsförderung im Rahmen einer integrierten Verkehrspolitik verstanden werden. Einer Verknüpfung beider Verkehrsmittel durch
- die Fahrradmitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie
- das Abstellen von Fahrrädern vor Bahnhöfen oder an Haltestellen
stehen jedoch eine Vielzahl von Hemmnissen und Problemen gegenüber [BMVBW02c].
Generell mangelt es vielfach an einer auf den Radverkehr abgestimmten Erreichbarkeit von Haltestellen, an Hinweisen auf Bahnhöfen und an ausreichenden beziehungsweise diebstahlsicheren sowie möglichst witterungsgeschützten Abstellmöglichkeiten für Fahrräder in Bahnsteignähe [BMVBW02c].
Zudem werden Fahrradvermietung oder -verleih nur selten angeboten. Defizite in der Information für ortsfremde Besucher runden die mangelnde Verknüpfung beider Verkehrssysteme ab [BMVBW02c].
Weiterhin problematisch gestaltet sich die Fahrradmitnahme in den Fahrzeugen des ÖV. Die Mitnahme von Rädern im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) ist oft zeitlich begrenzt. Darüber hinaus ist das Preis- und Tarifsystem oftmals uneinheitlich und wechselt an den Verbundgrenzen oder den -grenzen der SPNV-Aufgabenträger*innen. Probleme bereitet der Einstieg in die Fahrzeuge, die durch zu enge Türen gekennzeichnet sind. Außerdem liegen die Bahnsteige an manchen Fernbahnhöfen so tief, so dass zum Einstieg in die Fahrzeuge eine Höhendifferenz zu überwinden ist. Im Fernverkehr können Fahrräder in Intercity- und Eurocity-Zügen, im ICE 3 neo und ICE 4 mitgenommen werden (4. Generation)
Auch die neuen Fernbuslinien sind auf die Möglichkeit und Attraktivität der Fahrradmitnahme aufmerksam geworden und bieten diese innerhalb Deutschlands auch an.
Die Ursache hierfür liegt in den sich unterscheidenden Problemverständnissen der an den Beförderungsketten beteiligten Akteure (Pendler, gelegentliche Nutzer, Tagesausflügler und Urlauber). Ferner sind die Mitnahmemöglichkeiten aufgrund einer defensiven Informationspolitik der Verkehrsunternehmen vielen Nutzern nicht bekannt oder gestalten sich durch undurchsichtige Tarifbestimmungen unattraktiv [BMVBW02c].
Weiterhin wird das Fahrrad zum Teil immer noch als Konkurrenzverkehrsmittel zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angesehen. Konkurrenzeffekte bezüglich der Marktanteile ergeben sich insbesondere
- im Entfernungsbereich zwischen zwei und fünf Kilometern sowie
- im Einkaufsverkehr und im Ausbildungsverkehr [Brach92],
wobei gerade im städtischen Verkehr das Fahrrad nicht als Konkurrent, sondern als Ergänzung zum ÖV angesehen werden sollte. Fahrradverleihsysteme bilden genau die Schnittstelle zwischen dieser Ergänzung (mit dem eigenen Fahrrad) und dem ÖV.
In Regionen, in welchen ein grundsätzlicher Anstieg des Fahrradverkehrs sowie eine große Akzeptanz von Bike and Ride-Anlagen verzeichnet werden kann, kommt es zunehmend zu Kapazitätsproblemen. Das Angebot an Abstellmöglichkeiten für Fahrräder reicht an vielen Haltestellen nicht mehr aus. Erweiterungen sind in vielen Fällen jedoch aufgrund mangelnder Flächenverfügbarkeit nur begrenzt umsetzbar und vom Bahnhof weiter entfernte Angebote werden weniger angenommen. Aufgrund dessen kommt es häufig zum unkontrollierten und ungeordneten Abstellen innerhalb des öffentlichen Raumes, wodurch besonders mobilitätseingeschränkten Personen durch auf oder an Zuwegen abgestellte Fahrräder der Zugang erschwert wird. Doch nicht nur an den Abstellanlagen kommt es zu Kapazitätsproblemen; auch in den Fahrzeugen sowie an Umsteigebahnhöfen ist die Mitnahme von Rädern aus Platz- und Sicherheitsgründen problematisch. Sperrzeiten zum Mitführen von Fahrrädern lösen diese Problematik jedoch nur bedingt. Durch die allgemeine Zunahme des Radverkehrs steigt der Bedarf, Fahrräder in öffentlichen Verkehrsmitteln mitzuführen. Als Alternative zur Fahrradmitnahme werden diese daher zunehmend auch an Zielbahnhöfen (auch über Nacht und am Wochenende) abgestellt (Ride and Bike). Dies führt dazu, dass mehr Abstellanlagen an den Stationen benötigt werden. Darüber hinaus werden die Fahrräder beschädigt und befinden sich in einem nicht mehr fahrbereiten Zustand. Als Lösungsansatz für diese Problematik gilt das Faltrad, da für dieses kein Abstellplatz notwendig ist und es zusammengeklappt platzsparend auch während der Sperrzeiten als Gepäckstück mitgeführt werden kann [VDV12a]. Eine weitere Lösung stellen Fahrradverleihsysteme dar, welche in den letzten Jahren immer größere Beliebtheit erfahren.
Zur Verbesserung der Abstellsituation von Fahrrädern zum Beispiel an bestehenden Bahnhofsanlagen oder wichtigen Bushaltestellen können die Länder, im Rahmen ihrer ÖPNV-Förderung, die Finanzierung von Umbauten an die Schaffung von Bike and Ride-Anlagen knüpfen oder gegebenenfalls zusätzliche Bike and Ride-Programme entwickeln [BMVBS12q, S. 52 f.].