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Logistikmarkt, Fahrzeugbestand und Anforderungen an alternative Antriebe

Erstellt am: 03.11.2023 | Stand des Wissens: 29.12.2023
Synthesebericht gehört zu:

Der Logistikmarkt in Deutschland ist geprägt von starkem Wettbewerb und geringen Margen im meist einstelligen Prozentbereich. [Reim22] Während große Logistikfirmen wie DHL, Rhenus oder Dachser mehrere Milliarden Euro Umsatz allein in Deutschland erzielen, ist die Branche mit 70.000 kleinen und mittleren Unternehmen überwiegend mittelständisch geprägt [Zank18a; StSt23]. Der Gesamtumsatz der Speditions- und Logistikbranche belief sich dabei im Jahr 2021 auf 135 Milliarden Euro, wobei 2021 rund 48 Milliarden Euro auf die Güterbeförderung im Straßenverkehr entfielen [DSLV22; StaB23]. Damit ist die Speditionsbranche die drittgrößte in Deutschland. In den vergangenen Jahrzehnten konnte ein stetiges Wachstum sowohl der tätigen Unternehmen als auch des Gesamtumsatzes in dem Bereich erzielt werden [DSLV22]. Der Fahrzeugbestand der Logistikunternehmen im straßenseitigen Güterverkehr besteht dabei primär aus Fahrzeugen im niedrigen Gewichtsbereich, wie in Abbildung 1 zu erkennen ist. Nahezu die Hälfte der Fahrleistung und rund 70 Prozent der Treibhausgasemissionen entfallen jedoch auf schwere Fahrzeuge zwischen 12 und 40 Tonnen, wobei allein Sattelzugmaschinen mit einem zulässigen Gesamtgewicht (zGG) von bis zu 40 Tonnen fast die Hälfte der Treibhausgasemissionen ausmachen. Diese durch alternative Antriebe zu dekarbonisieren stellt auch die größte Herausforderung dar. Während Nutzfahrzeuge mit geringem zGG problemlos durch effiziente elektrische Batterien dekarbonisiert werden können, ist dies bei Sattelzugmaschinen aufgrund von notwendigen Batteriegewichten im Bereich mehrerer Tonnen eine deutlich unpraktikablere Option. [Bolt19, S. 37]
Güterverkehr nach GewichtsklasseAbb. 1: Gewichtsklassen im Güterverkehr [Eintrag-Id:576187] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Eine Befragung von Logistikunternehmen hat ergeben, dass insbesondere bereits bestehende Fahrmuster durch die Einführung neuer Technologien nicht geändert werden sollten, dass Mehrkosten gar nicht oder nur in sehr geringem Maße akzeptiert werden und dass Planungssicherheit eine besonders hohe Priorität einnimmt. [BuSc20] Dabei wünschen sich die Logistikunternehmen insbesondere keine zusätzlichen Pausen zum Laden der Batterie oder zum Nachtanken einlegen zu müssen. Mehrkosten sollten während des Markthochlaufs neuer Technologien idealerweise durch Förderungen ausgeglichen oder verringert werden und ein langfristiger politischer Fahrplan zur Einführung alternativer Antriebe sollte entwickelt werden, sodass die Unternehmen einen entsprechenden langfristigen Plan für zukünftige Investitionen erstellen können. Nach dem Markthochlauf rechnen verschiedene Experten mit einsetzender Massenproduktion von Nutzfahrzeugen mit Skaleneffekten und damit insbesondere im elektrischen Bereich mit geringeren Gesamtkosten im Vergleich zu aktuellen Diesel-Lkw. [Clae21]
Insgesamt handelt es sich beim Logistikmarkt somit um einen wachsenden, von starkem Wettbewerb geprägten Markt mit niedrigen Gewinnmargen. Im Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit schneller Dekarbonisierung, insbesondere durch Elektrifizierung in Wirtschaftszweigen, wo dies möglich ist, sowie der Gewährleistung von Stabilität in dieser für Deutschland wichtigen Branche, sollte daher eine Lösung angestrebt werden, die die eng getakteten Abläufe in der Branche möglichst nicht beeinträchtigt und maximal geringe Mehrkosten verursacht [SuMa21]. Insbesondere im Schwerlastverkehr für Lkw mit bis zu 40 Tonnen zGG stellt dies eine Herausforderung dar, da Wasserstoff ein Energieträger mit geringem Wirkungsgrad ist und auf einige Jahre bis Jahrzehnte nicht im erforderlichen Maß verfügbar sein wird und Batterien aktuell noch viele Tonnen wiegen müssten, um die benötigten Reichweiten zu ermöglichen. Experten betrachten daher eine Kombination aus elektrischen Straßensystemen und Schnellladepunkten als eine vielversprechende Kombination, die bereits heute implementiert und betrieben werden könnte. [PlSp21]
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Alternative Antriebe als Klimaschutzmaßnahme im Straßengüterverkehr (Stand des Wissens: 20.11.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?577534
Literatur
[Bolt19] Manfred Boltze eHighway - An Infrastructure for Sustainable Road Freight Transport, veröffentlicht in Innovation for Sustainable Infrastructure. Lecture Notes in Civil Engineering., Ausgabe/Auflage 54, Springer, Singapore, 2019/10/11, Online-Referenz doi:10.1007/978-981-15-0802-8_4, ISBN/ISSN 978-981-15-0802-8
[BuSc20] Uta Burghard, Aline Scherrer Der eHighway aus gesellschaftlicher Perspektive: Erkenntnisse zur sozialen Akzeptanz und den Akteuren rund um Oberleitungs-Lkw-Systeme in Deutschland und Europa, 2020/11/25
[Clae21] Fynn Joshua Claes The Market Ramp-Up of Electric Road Systems in Germany and the EU - A critical Analysis of the Economic and Regulatory Timeframe and its defining Variables, 2021/08
[DSLV22] Bundesverband Spedition und Logistik e.V. (DSLV) (Hrsg.) Beschäftigte in Spedition und Logistik, 2022
[PlSp21] Patrick Plötz, Daniel Speth, Till Gnann, Aline Scherrer, Uta Burghard, Florian Hacker, Julius Jöhrens Hochleistungsschnelllader und Oberleitung im Vergleich - ein Diskussionspapier, 2021/06
[Reim22] Sebastian Reimann Logistik-Margen: Konzerne und Kleine liegen vorne, 2022/10/17
[StaB23] Statistisches Bundesamt (Hrsg.) Umsatz der Güterbeförderung im Straßengüterverkehr, 2023
[StSt23] Christian Stamerjohanns, Anja Stubbe Logistikumsatz und Beschäftigung, 2023/07/21
[SuMa21] Simon Suzan, Lucien Mathieu Unlucking electric trucking in the EU: recharging along highways, 2021/04
[WiGn17] Martin Wietschel, Till Gnann, André Kühn, Patrick Plötz, Cornelius Moll, Daniel Speth, Jan Buch, Tobias Boßmann, Sebastian Stütz, Maximilian Schellert, David Rüdiger, Werner Balz, Helmut Frik , Volker Waßmuth, Daniela Paufler-Mann, Anne Rödl, Wolfgang Schade, Simon Mader Machbarkeitsstudie zur Ermittlung der Potentiale des Hybrid-Oberleitungs-Lkw. Studie im Rahmen der wissenschaftlichen Beratung des BMVI zur Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie der Bundesregierung, 2017/02
[Zank18a] Claus Zanker Branchenanalyse Logistik: Der Logistiksektor zwischen Globalisierung, Industrie 4.0 und Online-Handel, 2018/06, ISBN/ISSN 978-3-86593-302-7
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Wirkungsgrad
Der Wirkungsgrad gibt an, welcher Anteil der zugeführten Energie bei einer Umwandlung in die gewünschte Energieform umgewandelt wird, und beschreibt damit die Effizienz beispielsweise einer technischen Anlage.
H2 Wasserstoff ("H2" = grch.-lat. für hydrogenium "Wassererzeuger") ist das chemische Element mit der Ordnungszahl 1. Wasserstoff stellt sowohl bezogen auf die Masse (75%) als auch bezogen auf die Zahl der Teilchen (91%) das häufigste aller im All vorkommenden Elemente dar. Wasserstoff ist ein farb- und geruchloses Gas welches in der Natur aufgrund der hohen Reaktivität nicht in seiner elementaren Form vorkommt. Wasserstoff liegt gebunden in Form von Erdöl und Erdgas, in Mineralien, in Biomasse, aber vorwiegend in Form von Wasser vor. Wasserstoff ist somit ein Sekundärenergieträger (Energiespeicher)und muss erst aus den oben genannten fossilen oder nicht fossilen Primärenergieträgern unter Einsatz von zusätzlicher Energie hergestellt werden.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?576266

Gedruckt am Sonntag, 28. April 2024 19:31:32