Klimaschutzinstrumente der Europäischen Union
Erstellt am: 03.11.2023 | Stand des Wissens: 05.01.2024
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Insbesondere das Emissionshandelssystem der Europäischen Union (EU Emission Trading System EU-ETS) [EK21] sowie die Lastenteilungsverordnung (Effort Sharing Regulation ESR) [EU 2018/842] stellen zentrale Bausteine der EU-Klimaschutzinstrumente dar. In Ersterem wird eine jährlich sinkende Anzahl an Emissionszertifikaten festgelegt, die den Ausstoß einer festgelegten Menge von Kohlenstoffdioxid (CO2)-Äquivalenten (CO2-equivalents - CO2-e) erlauben. Der Preis der Zertifikate wird am Markt bestimmt. Trifft also ein niedriges Angebot auf eine hohe Nachfrage, ergibt sich ein hoher Preis. Allerdings betrifft das EU-ETS nur energieintensive Industrien, Strom- und Wärmeerzeuger sowie Luft- und Wassertransport und damit nicht den Straßenverkehrssektor. In der Lastenteilungsverordnung wird ein nationaler Zielwert für Emissionsreduktionen festgelegt, der in Summe in den Sektoren Transport, Gebäude, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft sowie weitere Industrie erreicht werden muss [EuR20a]. Die nationalen Reduktionsziele für das Jahr 2030 (Bezugsjahr 2005) wurden im Rahmen des European Green Deal erhöht und liegen zwischen -10 Prozent (Bulgarien) und -50 Prozent (unter anderem Deutschland und Schweden) [EuKo19a; Änderung EU 2018/842].
Da sich die nationalen Reduktionsziele im Rahmen der Lastenteilungsverordnung stark unterscheiden und eine Erreichung der Gesamtziele auch mittels einer Überkompensation in anderen Sektoren erfolgen kann, ist der direkte Einfluss auf den Verkehrssektor als eher gering einzuschätzen. Aus diesen Gründen wurde in Deutschland im Jahr 2021 ein nationales Emissionshandelssystem (nEHS) eingeführt, das auch Sektoren außerhalb des Emissionshandelssystems der Europäischen Union (EU-ETS) abdeckt. Auch die Europäische Union plant mit dem EU-ETS II ein Emissionshandelssystem für die Sektoren Gebäude und Verkehr einzuführen. [DB23a]
Neben sektorübergreifenden Reduktionszielen und der Bepreisung von Emissionen spielen auch der Infrastrukturausbau für alternative Kraftstoffe sowie die Flottenzielwerte für Lkw und Pkw eine Rolle. Die 2014 verabschiedete Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe [AFIR] (Alternative Fuels Infrastructure Directive - AFID) legte daher Ziele zum Ausbau der Lade- und Tankinfrastruktur für Strom, Wasserstoff, Biokraftstoff und LNG fest. Da diese jedoch vage formuliert waren (Vergleiche Art. 4 Abs. 1 und 2 AFID) und zwischen den Mitgliedsstaaten große Unterschiede im Infrastrukturausbau festgestellt werden konnten, wird aktuell eine Anpassung der Richtlinie hin zu einer Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (Alternative Fuels Infrastructure Regulation AFIR) geplant [AFIR]. Diese würde sofortige rechtliche Wirkung entfalten und konkrete Ausbauziele für die maximale Distanz und Kapazität für Lade- und Tankmöglichkeiten umfassen. So müssten entlang des Kernnetzes des transeuropäischen Verkehrsnetzes beispielsweise alle 60 Kilometer Ladesäulen mit einer festgelegten Mindestkapazität für elektrische Pkw und alle 120 Kilometer für elektrische Lkw errichtet werden.
Flottenzielwerte für Pkw und Lkw können ebenfalls als zielführendes Instrument bezeichnet werden, da sie einen Anreiz zur Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen bieten und damit den Markthochlauf von Nullemissionsfahrzeugen fördern. [Agora18] Eine erste Einführung von Effizienzstandards im Straßengüterverkehr in Form von CO2-Flottengrenzwerten erfolgte für leichte und schwere Nutzfahrzeuge im Jahr 2019 mit den Verordnungen 2019/631 [Verordnung (EU) 2019/631] und 2019/1242 [Verordnung (EU) 2019/1242] des Europäischen Parlaments und Rates. Diese geben jeweils eine Emissionsminderung für leichte Nutzfahrzeuge von 15 Prozent bis 2025 und 31 Prozent bis 2030 (zum Referenzjahr 2021) und für schwere Nutzfahrzeuge von 15 Prozent bis 2025 und 30 Prozent bis 2030 (zu den Referenzjahren 2019/20) vor. Um eine Einhaltung der Grenzwerte durch die Hersteller zu gewährleisten, ist die Ermittlung von CO2-Emissionen entlang eines standardisierten CO2-Zertifizierungsverfahrens beruhend auf dem Simulationsprogramm VECTO der Europäischen Kommission notwendig. [HeLa19]
Da die direkte Nutzung elektrischer Energie generell einen höheren Wirkungsgrad aufweist als die künstliche Herstellung flüssiger klimaneutraler Kraftstoffe, sogenannter Power-to-Liquid (PtL)-Kraftstoffe, wird erstere zumeist als das bevorzugte Mittel zur Dekarbonisierung betrachtet. In einigen Wirtschafts- und Verkehrszweigen, wie beispielsweise der Schifffahrt oder dem Flugwesen, ist dies jedoch unpraktikabel bis unmöglich, da die benötigte Batteriekapazität sehr hoch sein müsste. Die PtL-Roadmap beschreibt, wie die Nutzung dieser Kraftstoffe gelingen soll. Relevante Klimaschutzinstrumente umfassen dabei die Erneuerbare-Energien-Richtlinie II (Renewable Energy Directive II RED II), die Kriterien zum genutzten Strom zur Herstellung von PtL-Kraftstoffen vorgibt, die Initiative RefuelEU Aviation, Angebot und Nachfrage für Kraftstoffe im Gleichschritt zu erweitern und so einen Markt aufzubauen, das EU-ETS, das seit 2012 auch Luftfahrt umfasst sowie staatliche Förderungen des Bundes. [BMU21d]