Der Nichtmotorisierte Verkehr als Wirtschaftsfaktor
Erstellt am: 19.09.2003 | Stand des Wissens: 13.01.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Wirtschaftliche Effekte und Wirkungen des Nichtmotorisierten Individualverkehrs lassen sich zunächst allgemein folgenden Bereichen zuordnen:
- Stadtplanung und Ressourcen
- Industrie und Handel
- Dienstleistungen
- Tourismus
Bisher wurden wirtschaftliche Effekte des Nichtmotorisierten Verkehrs (NMV) in der Literatur vor allem im Bereich des Radverkehrs ausgewiesen und zum Teil quantifiziert. Jedoch bestehen ebenso wirtschaftliche Effekte des Fußgängerverkehrs.
- Hersteller von Fahrrädern und Zubehör,
- Hersteller von funktionsgerechter Kleidung und Schuhwerk,
- Reiseveranstalter unter anderem für Fahrradreisen, Städtetrips und Wanderurlaub,
- Dienstleistungen (zum Beispiel Wartung und Reparatur, Beherbergung und Gastronomie),
- Fahrradkurierdienste,
- Tiefbau- und Baustoffunternehmen (Gehweg- und Radwegebau),
- Hersteller von Elementen der Begleitinfrastruktur (zum Beispiel Fahrradständer, Sitzbänke, Papierkörbe),
- Versicherungen (zum Beispiel Fahrraddiebstahlversicherung),
- Verkehrsunternehmen (zum Beispiel Fahrradmonatskarte) sowie
- Öffentliche Verwaltungen, Forschungsstellen, privatwirtschaftliche Planungs- und Beratungsbüros, Prüfinstitute.
Der direkte Arbeitsplatzeffekt aus der Fahrradnutzung wird als verhältnismäßig gering eingestuft. Potenziale werden im Servicebereich vermutet. Daneben profitieren einzelne Regionen von Impulsen aus dem Fahrradtourismus [BMVBW04g]. Insgesamt sind in der Deutschen Fahrradbranche 278.000 Menschen in Vollzeit beschäftigt. Das Gesamtvolumen der Fahrradwirtschaft beläuft sich auf 16 Milliarden Euro. Beide Zahlen verstehen sich inklusive des Segments Fahrradtourismus [Viva18].
Innerhalb der Freizeit- und Urlaubsgestaltung spielt sowohl der Fußgängerverkehr in Form von Stadtrundgängen oder Wanderungen in landschaftlich-, städtebaulicher- oder kultureller Umgebung als auch der Radverkehr als aktiver Urlaub oder Ausflug eine immer wichtigere Rolle [BMWI09e; DWV10a].
Weiterhin hat der NMV auch Einfluss auf die Wirtschaftsfaktoren Industrie und Handel. Die Entwicklung und der Bau beziehungsweise die Produktion von Fahrrädern sowie die funktionsgerechte Bekleidung und Schuhwerk sind ein aufstrebender Wirtschaftszweig [DWV10a]. Gleichzeitig bedingen sich der Fußgängerverkehr und (Einzel-) Handel gegenseitig. Belebte Quartiere mit hoher Aufenthaltsqualität für Fußgänger und Radfahrer tragen zu einer Attraktivität eines Handelsstandortes bei [ScHa04]. Dies gilt auch für den Radverkehr.
Die Service- und Dienstleistungsbranche erstreckt sich vornehmlich auf den Radverkehr, bei welchem bedingt durch die Nutzung eines Fahrrades Instandhaltungsarbeiten anfallen. Gleichzeitig ist der Bereich der Fahrradvermietung oder das Angebot von "Fahrradrikschafahrten" sowohl für alltägliche Fahrten als auch im Freizeit- und Urlaubssegment im Aufschwung. Daneben erzielen der Gastronomie- und Beherbergungsbereich im Zusammenhang mit dem NMV wirtschaftliche Effekte, die nicht zu vernachlässigen sind [BMVBW98h, BMVBW02c, BMVBS12q].
Gleichzeitig tragen die geringeren Kosten für den Bau und die Instandhaltung von Verkehrswegen des NMV zu Einsparpotenzialen für öffentliche Akteure bei. Durch Verlagerung des Motorisierten Individualverkehrs (MIV) auf den NMV werden nicht nur die Kosten für Verkehrswege des MIV reduziert, sondern auch externe Kosten vermieden [BMVBW98h].
Zugleich können für Arbeitgeber wirtschaftliche Vorteile in Form von Krankheits- und Sozialkosten entstehen, wenn die Arbeitnehmer durch die aktive Betätigung durch zu Fuß gehen und Radfahren weniger krankheitsbedingte Fehltage aufweisen [BMVBW98h].