Akteure und Interessenskonflikte
Erstellt am: 24.02.2023 | Stand des Wissens: 24.02.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Die Einführung und Nutzung von Wasserstoff im Verkehrssektor treffen auf ein bereits durch zahlreiche Konflikte gekennzeichnetes Spannungsfeld betroffener Akteursgruppen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen und Interessen. Die verladende Wirtschaft und Transportunternehmen haben klare Nutzungsanforderungen an Fahrzeuge, hinsichtlich Kosten, Reichweite und Flexibilität. Neben der Wasserstofftechnologie stehen andere alternative Antriebstechnologien zur Verfügung, welche sich bezüglich ihrer Marktreife, Kosten und Anwendungspotenziale stark unterscheiden. Neben der Verfügbarkeit von Fahrzeugmodellen und deren Kosten hat das Angebot einer entsprechenden Betankungs- und Ladeinfrastruktur einen wesentlichen Einfluss auf die Kaufentscheidung potenzieller Fahrzeugnutzer. Interessenskonflikte zwischen Akteuren zeigen sich zum Beispiel bei der Verteilung von Wasserstoff, wenn es um die Nutzung der Infrastruktur geht. Eine Beimischung von Wasserstoff in das bestehende Erdgasnetz wird von den Netzbetreibern befürwortet, um alle derzeit mit Erdgas versorgten Sektoren zu dekarbonisieren. Diese Beimischung wird von Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Verbänden und Behörden aus wirtschaftlichen Gründen mehrheitlich abgelehnt. Die kostenintensive Herstellung von Wasserstoff macht den Energieträger hochwertiger [SRU21].
Die Politik setzt in ihrem Handeln vor allem auf alternative Kraftstoffe und Antriebe unter dem Paradigma der Technologieoffenheit und Klimaneutralität. Mit Blick auf die Anwendung von Wasserstoff wurde von der Bundesregierung mit der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) ressortübergreifend ein kohärenter Handlungsrahmen für die künftige Erzeugung, den Transport, die Nutzung und die Weiterverwendung von Wasserstoff geschaffen. Neben der Etablierung von Wasserstofftechnologien als Kernelement der Energiewende sind sowohl die Schaffung von regulatorischen Voraussetzungen für den Markthochlauf als auch die Forcierung von Forschung und Entwicklung und der Technologieexport rund um innovative Wasserstofftechnologien wesentliche Ziele der NWS. Die Mittelplanung beläuft sich auf sieben Milliarden Euro national und weitere zwei Milliarden Euro international [BMWi20b]. Die Weiterentwicklung und Umsetzung der NWS wird von einem unabhängigen, überparteilichen Beratungsgremium, dem von der Bundesregierung berufenen Nationalen Wasserstoffrat (NWR), begleitet.
Auf der gesellschaftlichen Ebene stehen Umweltauswirkungen und soziale Auswirkungen zur Diskussion. So wird zur Deckung der perspektivisch steigenden Wasserstoffnachfrage ein zunehmender Bedarf an Anlagen zur Herstellung von erneuerbaren Energien (EE) notwendig. Dieser Ausbau steht hinsichtlich der Flächennutzung in Deutschland in Konkurrenz zum bereits geplanten und erforderlichen Ausbau der EE-Anlagen im Zuge der Energiewende. Auch die notwendigen Elektrolyseure zur Wasserstofferzeugung gehen mit einem zusätzlichen Flächen- und Wasserbedarf einher. Die Vermeidung von Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung, Ernährungssituation und Gesundheit der Bevölkerung müsse nach [SRU21] durch Verankerung von Sozialstandards entlang der gesamten Wertschöpfungskette sichergestellt werden.