Forschungsinformationssystem des BMVI

zurück Zur Startseite FIS

Straßenverkehr

Erstellt am: 21.02.2023 | Stand des Wissens: 21.02.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.

Das Anwendungspotenzial von Wasserstoff in Brennstoffzellenantrieben im Straßenverkehr ist maßgeblich vom jeweiligen Fahrzeugtyp und Nutzungsszenario abhängig. Grob verallgemeinert gilt, dass die Eignung einer Brennstoffzelle mit zunehmender zugelassener Gesamtmasse und zu überbrückender Distanz der Fahrzeuge steigt (Vergleich siehe Abbildung 3) [VDE21].
Eignung Brennstoffzelle Strassengueterverkehr.jpgAbb. 1: Eignung einer Brennstoffzelle im Straßengüterverkehr [VDE21] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Im Individualverkehr werden batterieelektrische Fahrzeuge perspektivisch die zentrale Rolle spielen, da diese technisch die höchste Energieeffizienz aufweisen und die Nutzungsanforderungen in der Regel erfüllt werden. Im Vergleich zu einem Brennstoffzellenfahrzeug ist der Gesamtwirkungsgrad eines batterieelektrischen Fahrzeugs in einer Well-to-Wheel-Betrachtung, also unter Berücksichtigung der Bereitstellung der Antriebsenergie bis zur Umwandlung in Bewegungsenergie, rund 40 Prozent höher. Weiterhin ist die Marktreife der batterieelektrischen Fahrzeuge bereits vorhanden die Anschaffungskosten sinken, die Reichweiten der Fahrzeuge steigen und das öffentliche Ladeinfrastrukturnetz wächst stetig [SRU21]. In Deutschland sind im Dezember 2022 über 115 Baureihen verfügbar [ADAC22e]. Zudem waren gemäß Kraftfahrbundesamt nach den Bestandszahlen Anfang 2022 [KBA22f] sowie den Neuzulassungen im Jahresverlauf 2022 [KBA23] in Summe im Dezember 2022 1.089.019 reine Elektrofahrzeuge und weitere 928.049 Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge zugelassen. Weiterhin waren am 1. Oktober 2022 der Bundesnetzagentur 59.228 im Betrieb befindliche Normalladepunkte sowie 11.523 im Betrieb befindliche Schnelladepunkte gemeldet und standen somit der Öffentlichkeit zur Verfügung [BNetzA22]. Dennoch werden mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellenfahrzeuge zukünftig eine relevante Nischentechnologie darstellen, insbesondere wenn hohe Reichweiten und Fahrleistungen zurückgelegt werden müssen [SRU21]. Die Serienanwendung ist im Jahr 2022 primär im Mittel- und Oberklassensegment gegeben. Aktuell sind in Deutschland drei Modellreihen verfügbar, sowie 991 Brennstoffzellenfahrzeuge zugelassen. Zudem waren mit Stand Dezember 2022 in Deutschland 93 Wasserstofftankstellen eröffnet [H2MO23].
Im öffentlichen Verkehr werden neben batterieelektrischen Bussen sowohl Brennstoffzellenbusse als auch Oberleitungsbusse diskutiert und getestet. Heutige Batteriekapazitäten sind für städtische Busflotten bereits häufig ausreichend. Mögliche Einsatzbereiche für Brennstoffzellenbusse sind daher lange Umläufe im Stadtverkehr (größer 250 Kilometer) oder im Regional- und Fernverkehr, mit hohen Anforderungen an die Reichweite [Stre20]. Vorteile eines Brennstoffzellenbusses gegenüber der batterieelektrischen Variante sind eine größere Reichweite, ein niedrigeres Fahrzeuggewicht und eine schnellere Betankung. Im Vergleich zu Oberleitungsbussen, welche ein entsprechendes Oberleitungsnetz benötigen, beschränkt sich die zusätzlich notwendige Infrastruktur auf Wasserstofftankstellen. Der Einsatz von Wasserstoff im Busverkehr wird aktuell in einigen Pilotprojekten erprobt. Im Dezember 2022 waren in Deutschland 1.889 batterieelektrische und 68 Brennstoffzellenbusse zugelassen [NOW23].
Mit Blick auf leichte und schwere Nutzfahrzeuge zeichnet sich der Einsatz von Brennstoffzellen insbesondere im Segment schwerer Nutzfahrzeuge ab (Vergleich Abbildung 3). Auch hier sind weitere Optionen wie batterieelektrische Lkw, Oberleitungs-Lkw oder der Einsatz von elektrischen oder synthetischen Kraftstoffen auf Basis von Strom in der Diskussion. Es sind auch Hybridvarianten denkbar, beispielsweise ein Brennstoffzellen-Lkw, der zum Teil unter einer Oberleitung betrieben wird. Grundsätzlich herrscht heute Unsicherheit über die Entwicklung der unterschiedlichen Technologien und die volkswirtschaftlich günstigste Variante. Deshalb sind zunächst ein paralleler Ausbau, weitere Erprobung und Praxistests sowie staatliche Steuerungsinstrumente sinnvoll. Für leichte Nutzfahrzeuge sind vergleichbar mit Bussen im Nahbereich heutige Batteriekapazitäten häufig ausreichend, insbesondere in Nutzungsszenarien mit geringer Tagesfahrleistung. Dennoch hat auch in diesem Segment die Brennstoffzelle als Nischentechnologie für Nutzungsszenarien mit höheren Reichenweitenanforderungen Relevanz [VDE21].
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Klimaschutzpotenzial der Wasserstoffanwendung im Verkehrssektor (Stand des Wissens: 27.02.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?567750
Literatur
[ADAC22e] Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e. V. (ADAC) (Hrsg.) Übersicht: Diese Elektroautos gibt es aktuell zu kaufen, 2022/12/21
[BNetzA22] Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Hrsg.) Elektromobilität: Öffentliche Ladeinfrastruktur, 2022/12/23
[H2MO23] H2 MOBILITY Deutschland (Hrsg.) Das Tankstellennetz für Wasserstoffautos in Deutschland , 2023
[KBA22f] Kraftfahrt-Bundesamt (Hrsg.) Bestandsbarometer Personenkraftwagen am 1. Januar 2022 nach ausgewählten Kraftstoffarten, 2022
[KBA23] Kraftfahrt-Bundesamt (Hrsg.) Fahrzeugzulassungen im Dezember 2022 Jahresbilanz, 2023/01/04
[NOW23] Now GmbH (Hrsg.) Auswertung KBA Zahlen Dezember 2022, 2023/01/09
[SRU21] Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) (Hrsg.) Wasserstoff im Klimaschutz: Klasse statt Masse, 2021
[Stre20] Streichfuss, Martin Alternative Antriebe für ÖPNV-Busflotten: Was ist der beste Diesel-Ersatz?, 2020/03/05
[VDE21] Dörr, Nora, Dorrmann, Lydia, Dr. Klebsch, Wolfgang, Oleniczak, Annelie Logistik, Energie und Mobilität 2030, 2021/01
Glossar
Hybrid
Der Ausdruck Hybrid bedeutet "etwas Gebündeltes, Gekreuztes oder Gemischtes". Es stammt ab von dem lateinischen Fremdwort griechischen Ursprunges Hybrida. In der Technik wird ein hybrides System, aus zwei unterschiedlichen Technologien miteinander kombiniert.
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Zugumlauf
Der Zugumlauf beschreibt das vollständige Abfahren eines festen Streckenzyklus (Kursverlauf, Haltepunkte etc.) im Rahmen des Fahrplanbetriebs. Die Dauer des Zugumlaufs ist nicht auf einen Kalendertag begrenzt, sondern kann auch längere Zeit in Anspruch nehmen.
H2 Wasserstoff ("H2" = grch.-lat. für hydrogenium "Wassererzeuger") ist das chemische Element mit der Ordnungszahl 1. Wasserstoff stellt sowohl bezogen auf die Masse (75%) als auch bezogen auf die Zahl der Teilchen (91%) das häufigste aller im All vorkommenden Elemente dar. Wasserstoff ist ein farb- und geruchloses Gas welches in der Natur aufgrund der hohen Reaktivität nicht in seiner elementaren Form vorkommt. Wasserstoff liegt gebunden in Form von Erdöl und Erdgas, in Mineralien, in Biomasse, aber vorwiegend in Form von Wasser vor. Wasserstoff ist somit ein Sekundärenergieträger (Energiespeicher)und muss erst aus den oben genannten fossilen oder nicht fossilen Primärenergieträgern unter Einsatz von zusätzlicher Energie hergestellt werden.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?567070

Gedruckt am Dienstag, 16. April 2024 08:46:04