Wettbewerbslage deutscher Seehäfen
Erstellt am: 16.01.2023 | Stand des Wissens: 30.08.2024
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Der Wettbewerb ist für die deutschen Nord- und Ostseehäfen getrennt zu analysieren. Dies ist nicht nur auf Grund ihrer unterschiedlichen geografischen Lage, sondern insbesondere wegen der verschiedenen Strukturen der Umschlaggüter notwendig. Grundsätzlich ist der Wettbewerb zwischen den Häfen einer Range stets in Bezug auf konkrete Güterarten mit ihren spezifischen Einzelmärkten zu betrachten. Die deutschen Nordseehäfen, in denen der Containerverkehr überwiegt, treten in Konkurrenz zu den großen Containerhäfen Antwerpen und Rotterdam, die zudem ein ähnliches Hinterland bedienen können. Die wichtigsten deutschen Ostseehäfen, geprägt vom ostseeinternen Fähr- und RoRo-Verkehr, finden ihre Wettbewerber in den Fähr- und RoRo-Häfen der anderen Ostseeanrainerstaaten.
An der deutschen Nordseeküste stehen die beiden großen Universalhäfen Hamburg und Bremerhaven im Wettbewerb untereinander und in unterschiedlicher Intensität mit den Häfen von Le Havre bis Göteborg und auch mit den britischen Häfen. Der vom Überseeverkehr geprägte Containerverkehr ist das wichtigste Wettbewerbsfeld. In der Nordrange sind die wichtigsten ausländischen Konkurrenzhäfen Rotterdam und Antwerpen.
Bei steigendem Güterumschlag veränderten sich die Marktanteile in den letzten zehn Jahren nur wenig. Nach der Jahrtausendwende stiegen, im Vergleich mit dem Ostseeraum, die Marktanteile Hamburgs und der Bremischen Häfen durch das überdurchschnittliche Wachstum der Containerverkehre, die mit Feederdiensten, also Zulieferern und Verteilern für große Seeschiffe, und Bahnverbindungen in erster Linie über die deutschen Nordseehäfen abgewickelt werden, deutlich [LeSt02, S. 51]. Abbildung 1 zeigt die Marktanteile der Nordrange-Containerhäfen im Jahr 2023.

Für den großen deutschen Mineralölhafen Wilhelmshaven (2023: 30,97 Millionen Tonnen Umschlag von Kohle, rohes Erdöl und Erdgas) ist Rotterdam (2023: 220,7 Millionen Tonnen Umschlag von Kohle, rohes Erdöl, Mineralölprodukte und LNG) wichtigster Wettbewerber. Andere kleine Nordseehäfen wie Brake, Nordenham, Cuxhaven, Emden und Brunsbüttel sind meist regional ausgerichtet und auf bestimmte Güterarten spezialisiert. So entgehen sie dem direkten Wettbewerb. In den Häfen der deutschen Ostseeküste stehen der Verkehr mit Dänemark und die küstenparallelen Verkehre mit dem Baltikum und Russland im intensiven Wettbewerb zum Landverkehr. Für die schleswig-holsteinischen Ostseehäfen treten dänische Häfen als Konkurrenten in Erscheinung, besonders im Verkehr mit Norwegen. Die ostdeutschen Häfen stehen im Wettbewerb mit den polnischen Häfen Szczecin und Swinoujscie sowohl im Fähr- und RoRo-Verkehr als auch im konventionellen Güterumschlag. Über die unmittelbar an Deutschland angrenzenden geografischen Regionen hinaus gelten auch Häfen im Mittelmeerraum als Wettbewerber.
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Tabelle 1: Containerumschlag der 10 umschlagsstärksten Ostseehäfen 2023 (in TEU) (Eigene Darstellung nach [IHKSH23]).
Neben der See- und Binnenschifffahrt nimmt die Bedeutung des Schienenverkehrs, auch für Transporte von Europa nach Asien, kontinuierlich zu und steht somit nun auch im Wettbewerb zur Seeschifffahrt. Prominente Beispiele hierfür sind die Projekte, die unter der Bezeichnung Neue Seidenstraße zusammengefasst werden und die Vernetzung Chinas mit Ländern in Afrika, Asien und Europa vorantreiben sollen.