Wohnstandortbezogenes Mobilitätsmanagement
Erstellt am: 23.09.2022 | Stand des Wissens: 23.05.2024
Synthesebericht gehört zu:
Der Wohnstandort als Ausgangspunkt personenbezogener Mobilität bietet einen weiteren Ansatzpunkt für Mobilitätsmanagementmaßnahmen. Bereits bei der Wohnstandortwahl von Haushalten spielen Erreichbarkeiten und Verkehrsanbindungen, neben anderen subjektiven und objektiven Faktoren, eine entscheidende Rolle. [BAFR22][BÖHM20]. Maßnahmen und Interventionen am Wohnstandort können Teilhabemöglichkeiten insbesondere für Haushalte ohne Pkw, mit geringem Einkommen oder mobilitätseingeschränkten Personen sichern und erhöhen [BÄUM10]. Durch ein mittel- und langfristig angelegtes Mobilitätsmanagement kann eine Verbindung zwischen unterschiedlichen Mobilitätsbausteinen erreicht werden: Sie können der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), private Verkehrsmittel wie Zweirad oder Pkw, Sharingangebote wie Carsharing und Lastenradsharing, und eine Flexibilisierung von Stellplätzen miteinander verknüpfen [REST19a]. Maßnahmen eines wohnstandort- oder quartiersbezogenen Mobilitätsmanagements zielen ab auf [BISC21]:
- eine effiziente Nutzung des Parkraums (in privaten Tiefgaragen als auch im öffentlichen Raum),
- Vorfahrt für Fußgänger und Zweiradfahrer erhalten Vorfahrt,
- Integration von Mobilitätsmittel, die nicht täglich gebraucht werden oder in der Anschaffung sehr teuer sind (z. B. E-Lastenfahrräder) in Sharingsysteme,
- Zentrale Steuerung der Mobilitätsangebote durch ein Mobilitätsmanagement (Verleih, Wartung, Reparatur und Abrechnung, z.B. über eine internetbasierte Buchungsplattform oder App,
- Entlastung des öffentlichen Raums und Gewinn an Aufenthaltsqualität durch Verzicht auf den eigenen Pkw,
- Senkung des privaten Stellplatzbedarfs, Kompensation baurechtlich notwendige Stellplätze durch Mobilitätsbausteine, Verringerung des Stellplatzschlüssels für Pkw im Wohnungsbau in den kommunalen Satzungen,
- Beitrag zur Klima- und Verkehrswende.
Kommunen, Wohnungsunternehmen und Mobilitätsdienstleistende können gemeinsam Mobilitätspläne und -angebote im Rahmen eines Mobilitätsmanagements für Quartieren entwickeln, die entsprechend den Anforderungen und Bedarfen der jeweiligen Bewohnendenguppe in Bezug auf Wohnlage (urban, suburban, ländlich), Lebenslage und -abschnitt, Lebensstil, Milieu, Einkommen Inter- und Multimodalität fördern. Dabei sind die räumlichen Strukturmerkmale des Wohnortes und des Nahraums ebenso wichtig wie die Eingebundenheit der Quartiere in den kommunalen und regionalen Kontext, z.B. Pendlerverflechtungen [BAFR22][BISC21].
Wohnstandortbezogenes Mobilitätsmanagement eröffnet dabei den Wohnungsunternehmen, Mobilitätsdienstleistenden und -anbietenden und Kommunen Vorteile und Chancen [BÄUM10]:
Für Wohnungsunternehmen kann durch ein wohnstandortbezogenes Mobilitätsmanagement und -konzept das eigene Produkt, die Wohnung, aufgewertet werden und bereits implementierte Serviceangebote ergänzen. Auch marketingstrategische kann ein ökologisch- innovatives Image und eine Verbesserung der Identifikation der Mieterinnen und Mieter mit dem Unternehmen erreicht werden, das zu einer höheren Mieterbindung führen kann. Im Neubau kann gegebenenfalls durch reduzierte Stellplatzpflicht in Verbindung mit tragfähigen Mobilitätsangeboten eine Kosteneinsparung resultieren.
Mobilitätsdienstleistende können durch quartiers- und wohnstandortbezogene MM-Maßnahmen neue Absatzmärkte erschließen, zielgruppengenaues Direktmarketing betreiben und durch (preislich) attraktive Angebote die Kundenbindung erhöhen.
Die Kommune profitiert durch ein wohnstandortbezogenes MM allgemein von einer Beeinflussung des Modal Split hin zu nachhaltigeren Mobilitätsmodi und hat zusätzlich die Chance die Mobilität für benachteiligte Bevölkerungsgruppen im Stadtgebiet sicherstellen und dabei Städte sozial gerechter zu gestalten. Zudem ergeben sich insbesondere bei Neubauvorhaben, aber auch im Bestand, städtebauliche Gestaltungsspielräume.