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Datengrundlage und Statistiken zu Verkehrsunfällen in Deutschland

Erstellt am: 12.09.2022 | Stand des Wissens: 24.10.2024

Synthesebericht gehört zu:

Die Datengrundlage für die Straßenverkehrsunfallstatistik bilden die polizeilich aufgenommenen und dokumentierten Unfälle auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen mit Personen- und Sachschaden. Insbesondere Verkehrsunfälle mit ausschließlich Sachschaden oder Alleinunfälle von Radfahrern werden der Polizei häufig nicht gemeldet und sind daher untererfasst [Haut93]. Diese fehlende Erfassung führt zu einer sogenannten Dunkelziffer, die die tatsächliche Anzahl der Verkehrsunfälle unterschätzt. Die Dunkelziffer ist besonders bedeutsam, da sie aufzeigt, dass die offiziell erfassten Unfallzahlen nicht das vollständige Unfallgeschehen abbilden. Dies kann zu einer verzerrten Wahrnehmung der Verkehrssicherheit führen und die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Unfallverhütung beeinträchtigen.
Aufgrund der unterschiedlichen Charakteristika des Unfallgeschehens in Abhängigkeit von der Örtlichkeit wird in der Statistik zwischen Unfällen innerhalb und außerhalb geschlossener Ortschaften unterschieden. Diese Unterscheidung bezieht sich auf die Straßeninfrastruktur im öffentlichen Raum und teilt die Straßen in die Kategorien innerorts und außerorts ein. Dies bedeutet innerhalb der Orts- bzw. Stadtgrenzen durch entsprechende Beschilderung gekennzeichnet und außerhalb dieser Beschilderung. Je nach Ortslage unterscheidet sich die Straßenkategorie, die die bauliche Beschaffenheit der Straße definiert. Innerorts gibt es Anlieger- und Hauptverkehrsstraßen. Autobahnen werden ausschließlich als Außerortsstraßen klassifiziert. Bundesstraßen werden sowohl innerorts als auch außerorts gebaut.
Die differenzierte Kategorisierung der Ortslage von Unfällen hat neben der statistischen Erfassung zusätzliche Gründe. Zum einen unterscheiden sich die Unfallursachen und Unfallhäufungen statistisch voneinander. Daraus resultieren unterschiedliche Maßnahmen zur Behebung der Unfallursachen und zur Auflösung von Unfallhäufungen. Die Maßnahmen werden in Außerorts, Bundesautobahn und Innerorts unterteilt und dienen dazu ähnliche Defizite der Straßeninfrastruktur durch standardisierte Lösungen zu beheben. Somit begegnen Verkehrsteilnehmende möglichst sicheren und einheitliche Situationen im Verkehrsgeschehen.
Die Rechtsgrundlage ist das Gesetz über die Statistik der Straßenverkehrsunfälle. Nach Paragraph 1 Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz (StVUnfStatG) werden nur Unfälle erfasst, die infolge des Fahrverkehrs entstanden sind, das heißt, dass Unfälle, an denen lediglich Fußgänger als Verkehrsteilnehmer beteiligt sind, nicht zum Erhebungsgegenstand dieser Statistik gehören. Die Angaben der bundeseinheitlichen Verkehrsunfallanzeige werden elektronisch an die jeweils zuständige Landesbehörde für Statistik übermittelt. Von dort werden die Daten an das Statistische Bundesamt weitergeleitet, das die Ergebnisse der Bundesländer zusammenfasst und in Monats- und Jahresberichten veröffentlicht. Seit dem Berichtsjahr 2022 werden zahlreiche Fachserien durch digitale Datenbanken abgelöst, die fortan Open-Data-konform maschinenlesbar bereitgestellt werden [DeStatis23c].
Bei der Erfassung der Unfalldaten und des Unfallhergangs kommt es trotz gut geschulter Polizeibeamter vermehrt zu Fehleinschätzung. Zu diesem Ergebnis kommt eine qualitative Einzeluntersuchungen zur Erfassung der Unfalldaten. Dies äußert sich in subjektiver Interpretation bei der Datenerfassung durch die Polizeibeamten, die zum Beispiel im späteren gerichtlichen Verfahren nicht bestätigt werden [DeStatis13].
Das Unfallgeschehen und die Unfallentwicklung können auf vielfältige Weise abgebildet werden. Die Darstellung von absoluten Unfallzahlen gibt einen ersten Einblick ins Unfallgeschehen in einem räumlichen und zeitlichen Bereich des Straßenverkehrs.
Zur Beschreibung des Unfallrisikos werden die Unfalldatensätze mit externen Bezugsgrößen ins Verhältnis gesetzt. Als mögliche Bezugsgrößen werden die Einwohner, die Fahr- und Verkehrsleistung oder die Aufenthaltsdauer im Verkehr herangezogen (Hand96, S. 72; Brüh80). Die sich ergebenden Verhältniszahlen werden in Abhängigkeit der gewählten Unfalldatensätze unterschiedlich bezeichnet:

Unfallrate:
  • Bezogen auf eine Strecke: Anzahl der Unfälle auf einem Streckenabschnitt, bezogen auf dessen Länge, einen Zeitraum und die zugehörige Fahrzeugmenge.
  • Bezogen auf einen Ort: Anzahl der Unfälle an einer bestimmten Stelle, bezogen auf einen Zeitraum und die dazugehörige Fahrzeugmenge [FGSV20a].
Unfallkostenrate:
  • Bezogen auf eine Strecke: Summe der Unfallkosten auf einen Streckenabschnitt, bezogen auf dessen Länge, einen Zeitraum und die dazugehörige Fahrzeugmenge.
  • Bezogen auf einen Ort: Summe der Unfallkosten an einer bestimmten Stelle, bezogen auf einen Zeitraum und die dazugehörige Fahrzeugmenge [FGSV20a].
Die Gesamtzahl der polizeilich erfassten Unfälle betrug im Jahr 2022 2,4 Millionen, davon waren 203.226 Unfälle mit Personenschäden (8,5 Prozent). Insgesamt verunglückten im Jahr 2022 364.000 Menschen im Straßenverkehr, davon 2.788 tödlich [DeStatis2022].
ImStrassenverkehrGetoetete2022.pngAbb. 1: Im Straßenverkehr getötete Personen nach ausgewählter Verkehrsbeteiligung und Ortslagen
Abbildung 1 zeigt die im Straßenverkehr 2022 getöteten Personen nach ausgewählter Verkehrsbeteiligung und Ortslagen. Anhand dieser Statistik lassen sich mögliche Handlungsfelder des Sicherheitsmanagements ablesen. Dennoch bildet diese Statistik nur einen Bereich der umfangreichen Analyse ab, die benötigt wird, um den Sachverhalt des Unfallgeschehens im Straßenverkehr zu erfassen.
Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Vision Zero: Herausforderung Straßeninfrastruktur (Stand des Wissens: 24.10.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?575672
Literatur
[DeStatis13] Statistisches Bundesamt (Hrsg.) Allgemein Angaben zur StatistikStat, 2013
[DeStatis2022] Statistisches Bundesamt (Hrsg.) Unfallbilanz 2022: 220 Verkehrstote mehr als im Vorjahr, Pressebericht Nr. 073 vom 24. Februar 2023, 2023/03/24
[DeStatis23c] Statistisches Bundesamt (Hrsg.) Datenverbreitung auf neuen Wegen: Ablösung von Facherserien und Tabellenbanden, 2023
[FGSV20a] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.) Begriffsbestimmungen für das Straßen- und Verkehrswesen, 2020
[Haut93] Hautzinger, H., Prof. Dr. Dunkelziffer bei Unfällen mit Personenschaden, veröffentlicht in Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Wirtschaftsverlag NW Bremerhaven, 1993
Glossar
Verkehrsleistung
Die Verkehrsleistung gibt Auskunft über die Inanspruchnahme von Ressourcen. Als Verkehrsleistung wird die auf eine Zeiteinheit t (zum Beispiel ein Jahr) bezogene Verkehrsarbeit definiert und als Quotient dargestellt. Die Verkehrsarbeit wird dabei als Produkt von Verkehrseinheiten (zum Beispiel Güter oder Personen) und der durch diese zurückgelegten Strecke gebildet. In der Verkehrswissenschaft sind die Einheiten Personenkilometer pro Jahr [Pkm/a] oder Tonnenkilometer pro Jahr [tkm/a] gebräuchlich.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?557043

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 09:38:37