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Herausforderungen bei der Neuplanung und Erhaltung von Straßeninfrastrukturen

Erstellt am: 12.09.2022 | Stand des Wissens: 24.10.2024

Synthesebericht gehört zu:

Bei der Erhaltung und Neuplanung der Straßeninfrastruktur stehen die Verantwortlichen vor der Herausforderung, ingenieurtechnische Aspekte mit politischen und gesellschaftlichen Anforderungen in Einklang zu bringen. Folgende Herausforderungen sind relevant:
  • Finanzielle Ressourcen
  • Fachkräftemangel
  • Materialknappheit
  • Öffentlichkeitsbeteiligung
  • Sanierungsbedürftige Infrastruktur
  • Steigende Verkehrsbelastung
  • Umweltauflagen
  • Technologische Anpassungen
  • Politische Einflussfaktoren
Neben finanziellen Ressourcen sind auch andere knappe Mittel wie Material und Fachpersonal für Planung, Bau und Betrieb von zentraler Bedeutung. Öffentlichkeitsarbeit und Beteiligungsverfahren sind erforderlich, um gesellschaftlich akzeptable Lösungen zu entwickeln. Aufgrund der wechselseitigen Abhängigkeiten erfordert die Bewältigung dieser Probleme einen ganzheitlichen Ansatz.
Finanzielle Engpässe behindern häufig die Verbesserung der Verkehrssicherheit. Die sanierungsbedürftige Infrastruktur wird durch die steigenden durchschnittlichen Achslasten schwererer und zahlreicherer Fahrzeuge, insbesondere Lkw, zusätzlich belastet [Bode16, S. 5]. Dies führt in Verbindung mit der zunehmenden Verkehrsbelastung zu einer Verkürzung der Erhaltungsintervalle für Straßen- und Brückeninfrastruktur [BMDV19c]. Die chronische Unterfinanzierung, insbesondere auf kommunaler Ebene, verschärft diesen Konflikt weiter, bedingt durch mangelnde Steuereinnahmen und steigende Ausgaben [Bode16, S. 6; RaSc21, S. 1]. Die Versäumnisse der vergangenen Jahre im Bereich der Sanierungsmaßnahmen haben den Investitionsstau weiter anwachsen lassen [RaSc21, S. 1].
Die finanzielle Knappheit der öffentlichen Haushalte wirkt sich auch auf den Arbeitsmarkt und somit auf den Zustand der Straßeninfrastruktur aus. Stellen im öffentlichen Dienst werden zunehmend nur noch für Bachelor-Absolventen ausgeschrieben, obwohl die Tätigkeiten häufig eine Ausbildung mit höherem und spezialisiertem Fachwissen erfordern, das nur durch ein Masterstudium erworben werden kann. Unzureichendes Fachwissen und fehlende Kenntnisse über Strukturen und Mechanismen der Verkehrsplanung und -wirtschaft führen zu Fehlplanungen und -entscheidungen, die den Zustand der Infrastruktur negativ beeinflussen können.
Der Fachkräftemangel in der öffentlichen Verwaltung wird durch einen generellen Nachwuchsmangel in der Verkehrsplanung verstärkt [Lahr19]. Dies führt zu Verzögerungen in den Abläufen oder sogar zur Verschiebung von Maßnahmen [Lahr19]. Die demografische Entwicklung der Beschäftigten, insbesondere im öffentlichen Dienst, führt zu einem hohen Ersatzbedarf an Personal [Niem16]. Der Wettbewerb um qualifiziertes Personal verschärft sich, wobei nicht alle Kommunen aufgrund begrenzter Ressourcen mithalten können [Niem16]. Insbesondere strukturschwache und unattraktive Kommunen haben Schwierigkeiten, qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen, was durch die Abwanderung in die Großstädte zusätzlich erschwert wird [Niem16].
Zusätzlich mangelt es an personellen Ressourcen sowie an apparativer und technischer Ausstattung in den Verwaltungen, Planungsbüros und der Bauwirtschaft. Diese Engpässe wurden zu Beginn der Pandemie besonders deutlich und führten zu einer verstärkten Digitalisierung bestimmter Prozesse [Horn21, S. 7]. In einer Studie des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) gaben 53 Prozent der befragten Kommunen an, in technische Ausstattung investiert zu haben oder investieren zu wollen [DStGB20].
Ein weiteres Defizit besteht in der zeitlichen Verzögerung bei der Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in das technische Regelwerk der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV). Die Aktualisierung der Regelwerke erfolgt häufig erst nach zehn Jahren oder mehr.
Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Vision Zero: Herausforderung Straßeninfrastruktur (Stand des Wissens: 24.10.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?575672
Literatur
[BMDV19c] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Erhaltung von Bauwerken, 2019/06/19
[Bode16] Bodewig, Kurt Reformkonzept Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes. Abschlussbericht, 2016
[DStGB20] Deutscher Städte- und Gemeindebund (Hrsg.) Digitalisierungsschub in Kommunen, 2020
[Horn21] Horn, Burkhard Experimentierräume und Handlungsempfehlungen für die Mobilitäts- und Verkehrswende auf kommunaler Ebene, 2021
[Lahr19] Lahrsow, Tobias Austausch Verwaltung: Mobilität im Wandel #4, 2019
[Niem16] Niemann, Friederike-Sophie Vielen Kommunen in NRW drohen gravierende Personal-Engpässe, 2016
[RaSc21] Raffer, Christian, Scheller, Henrik KfW-Kommunalpanel 2021, 2021
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Radsatzlast Die Radsatzlast (auch Achslast) beschreibt den Anteil der Fahrzeuggesamtmasse in Tonnen, der vom Fahrzeug über eine Achse auf den Schienenfahrweg aufgebracht wird.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?557028

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 09:39:13