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Merkmale und typische Defizite nach örtlicher Lage

Erstellt am: 12.09.2022 | Stand des Wissens: 24.10.2024

Synthesebericht gehört zu:

Eine wichtige Aufgabe zur Erreichung der Vision Zero ist die Identifizierung und Beseitigung von Infrastrukturdefiziten. Dadurch kann der Einfluss der Straßeninfrastruktur und der Umwelt bei Verkehrsunfällen minimiert werden (DVR12b, S. 37).
Diese infrastrukturbedingten Unfallursachen lassen sich nach ihrer örtlichen Lage in innerörtlich und außerörtlich einteilen. Darüber hinaus werden infrastrukturbedingte Unfälle begünstigt, wenn folgende Aspekte der Straßeninfrastruktur nicht ausreichend berücksichtigt werden: Sichtbarkeit, Erkennbarkeit, Begreifbarkeit, Dimensionierung, Nutzergerechte Gestaltung (Ortl20).
  • Sichtbarkeit bezieht sich auf die Fähigkeit der Verkehrsteilnehmenden, Infrastrukturelemente wie Fahrbahn, Fahrbahnmarkierungen, Verkehrszeichen, Lichtsignalanlagen, Fußgängerüberwege und Radwege rechtzeitig und deutlich zu erkennen. Eine gute Sichtbarkeit stellt sicher, dass diese Elemente bei unterschiedlichen Licht- und Wetterverhältnissen deutlich erkennbar sind und ermöglicht es den Verkehrsteilnehmenden, schnell und richtig auf Verkehrssituationen zu reagieren. Sie spielt eine entscheidende Rolle für die Verkehrssicherheit, da sie das Unfallrisiko insbesondere bei schlechten Sichtverhältnissen verringert. Optimale Sichtverhältnisse werden durch geeignete Gestaltung, Beleuchtung, Kontraste und regelmäßige Wartung der Infrastruktur erreicht.
  • Erkennbarkeit bezieht sich auf die Fähigkeit der Verkehrsteilnehmenden, die Funktion, Bedeutung und Nutzungsmöglichkeiten von Infrastrukturkomponenten wie Straßen, Fahrbahnmarkierungen, Verkehrszeichen, Kreuzungen oder Baustellen eindeutig und schnell zu erkennen. Dies ist entscheidend für die intuitive Navigation und die sichere Teilnahme am Straßenverkehr. Eine hohe Erkennbarkeit wird durch eine klare, konsistente und verständliche Gestaltung sowie durch eine Platzierung der Infrastrukturkomponenten erreicht, die den Erwartungen und Wahrnehmungsmustern der Verkehrsteilnehmenden entspricht.
  • Begreifbarkeit Verständlichkeit bezieht sich auf die intuitive Verständlichkeit der Infrastruktur für die Verkehrsteilnehmenden. Dies bedeutet, dass Straßen, Wege, Beschilderungen und bauliche Maßnahmen so klar und logisch gestaltet sind, dass ihre Funktion und Nutzung sofort und ohne großes Nachdenken erfasst werden können. Die Begreifbarkeit trägt dazu bei, Fehlverhalten zu minimieren und die Sicherheit zu erhöhen.
  • Dimensionierung bezieht sich auf die Auslegung und Größe der baulichen Elemente, wie Fahrbahnen, Geh- und Radwege, Brücken oder Knotenpunkte, im Hinblick auf die zu erwartenden Verkehrsmengen und Fahrzeugtypen. Eine angemessene Dimensionierung stellt sicher, dass die Infrastruktur ausreichend Kapazität bietet, um den Verkehrsfluss effizient und sicher zu bewältigen. Dabei werden Aspekte wie Verkehrsaufkommen, Fahrzeuggrößen, Sicherheitsabstände sowie mögliche zukünftige Entwicklungen berücksichtigt, um Überlastungen, Engpässe und Gefährdungen zu vermeiden.
  • Nutzergerechte Gestaltung bezeichnet die Planung und Gestaltung von Straßen, Wegen und Knotenpunkten, die den Bedürfnissen und Anforderungen aller Verkehrsteilnehmenden gerecht werden. Dies umfasst die Berücksichtigung von Aspekten wie Sicherheit, Komfort, Zugänglichkeit und Effizienz für unterschiedliche Nutzergruppen, einschließlich motorisierter Verkehrsteilnehmender, zu Fuß Gehender, Radfahrender und mobilitätseingeschränkten Personen. Eine nutzergerechte Gestaltung zielt darauf ab, eine optimale und integrative Nutzung der Infrastruktur zu gewährleisten, indem die spezifischen Bedürfnisse der einzelnen Nutzergruppen integriert werden.
Defizite können entstehen, wenn die oben genannten Eigenschaften beim Entwurf und Betrieb von Straßen nicht berücksichtigt werden. Obwohl diese Eigenschaften sowohl innerorts als auch außerorts gelten, kann die Ausprägung der Defizite je nach Ortslage sehr unterschiedlich sein. Dies ist vor allem auf die unterschiedlichen Funktionen zurückzuführen. Während außerorts die Hauptfunktion der Straße die Verbindung zwischen verschiedenen Orten ist, sind die Funktionen innerorts vielfältiger. Dementsprechend können sich innerorts Defizite aus der Multifunktionalität und aus Konflikten zwischen den verschiedenen Nutzergruppen ergeben.
Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Vision Zero: Herausforderung Straßeninfrastruktur (Stand des Wissens: 24.10.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?575672
Literatur
[DVR12b] Walter, Eichendorf Vision Zero. Grundlagen und Strategien , 2012
[Ortl20] Jörg Ortlepp Vision Zero. Verkehrssicherheit und Corona , 2020
Glossar
Verkehrsfluss
Unter Verkehrsfluss versteht man die Anzahl der Fahrzeuge, die eine vordefinierte Verkehrs(quer)fläche pro Zeiteinheit durchfährt.
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?557018

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 09:29:07