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Handlungsempfehlungen für das Verkehrssystem zur zukünftigen Bewältigung von Pandemien

Erstellt am: 17.06.2022 | Stand des Wissens: 15.10.2024

Synthesebericht gehört zu:

Bereits vor der Covid-19-Pandemie wurde die Widerstandsfähigkeit des Verkehrssystems diskutiert [BAST18]. Diese Diskussion hat aufgrund der Pandemie noch einmal zusätzlich an Bedeutung gewonnen, da hier Maßnahmen erforderlich wurden, die die Grundversorgung der Bevölkerung sicherstellten.

Im September des Jahres 2020 hat der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) ein Gutachten zu den Folgerungen für die zukünftige Verkehrspolitik nach den Erfahrungen und dem Umgang mit der Covid-19-Pandemie erstellt. Hierbei wurden zentrale Forschungsbereiche aus Sicht des Personenverkehrs und aus Sicht des Güterverkehrs identifiziert [BMVI20o]:

Im Personenverkehr steht im Fokus der Betrachtung, welches Leistungsspektrum in einer pandemischen Situation angeboten werden sollte und wie dessen Umsetzung aussehen kann. Dabei ist zu klären, welches Personenverkehrsangebot bereitgestellt werden kann, wie Unter- beziehungsweise Überkapazitäten ausgeglichen werden können, oder wie die Aufrechterhaltung des Betriebs aus wirtschaftlicher Sicht sichergestellt werden kann. Auch gilt es, Schutzmaßnahmen für das Personal zu definieren, um die Umsetzbarkeit dieser Maßnahmen bereits vor Ausbruch einer Pandemie sicherzustellen [BMVI20o].

Einige dieser Empfehlungen wurden im Laufe der Pandemie bereits in der Praxis umgesetzt und werden in den nachfolgenden Syntheseberichten weiter spezifiziert.

Im Jahr 2022 publizierte das Umweltbundesamt (UBA) die Studie Weiterentwicklung des ÖPNV in und nach der Pandemie, welche zeigte, dass sich die Nachfrage im öffentlichen Personennahverkehr nach einem starken Rückgang wieder weitestgehend normalisiert hatte. Die Branche versucht, die oben erläuterten Herausforderungen anzunehmen und setzt dafür verschiedene Lösungen wie das Anheben des Hygienestandards (zum Beispiel durch vermehrtes Reinigen und Lüften) sowie Maßnahmen zur Auslastungssteuerung um (zum Beispiel Auslastungsanzeige in App). Zusätzlich werden Nutzungsimpulse durch innovative (alternative) Tarifkonzepte wie beispielsweise dem 9-Uhr-Ticket als Reaktion auf die Veränderung im Nachfragemuster geschaffen [UBA22x].

Für den Güterverkehr wird durch den Beirat des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr die Ermittlung von Lager-, Bereitstellungs- und Bevorratungskonzepten empfohlen, um vor allem die 'kritische Infrastruktur' zu schützen. Auch die verbesserte, engpass- und bedarfsorientierte Steuerung von Güterverkehrs- und Logistiksystemen durch eine bewusste und intendierte Zusammenarbeit der ansonsten konkurrierenden Akteure im Krisenfall wurde als weiteres Forschungsfeld identifiziert. Es gilt zu klären, wie ordnungspolitische Entscheidungen zur Daseinsvorsorge mit marktwirtschaftlichen Lösungen in Einklang gebracht werden können. Darüber hinaus wird empfohlen, die Digitalisierung im Güterverkehr weiter voranzutreiben, um belastbare und eindeutige Entscheidungsprozesse in Krisensituationen zu fördern. Als Beispiel ist hier das EU-Projekt eFTI4EU (electronic freight transport information) zu nennen, an welchem das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) seit 2023 teilnimmt. Ziel ist die Entwicklung und Implementierung eines grenzüberschreitenden digitalen Systems zur Übermittlung von Frachtbeförderungsinformationen im Güterverkehr zwischen Unternehmen und Behörden um die Logistikkette effizienter und damit auch kostengünstiger zu gestalten [BMDV23x].

Einige dieser Empfehlungen wurden im Laufe der Pandemie bereits in der Praxis umgesetzt und werden in den nachfolgenden Syntheseberichten weiter spezifiziert.
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Auswirkungen von Pandemien auf Mobilität und Verkehr (Stand des Wissens: 09.08.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?553478
Literatur
[BAST18] Bundesanstalt für Straßenwesen (Hrsg.) Das Verkehrssystem resilient gestalten: Wie können wir eine ungewisse Zukunft meistern?, 2018
[BMDV23x] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Wissing: Digitalisierung im Güterverkehr beschleunigen, 2023/07/07
[BMVI20o] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Folgerungen für die zukünftige Verkehrspolitik nach den Erfahrungen und dem Umgang mit der COVID 19 Pandemie, 2020
[UBA22x] Umweltbundesamt (Hrsg.) Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Bus & Bahn, 2022
Glossar
App
Ist eine Abkürzung für den Fachbegriff Applikation (App) und bezeichnet eine Anwendungssoftware, die für mobile Endgeräte, wie Smartphone oder Tablet-PC entwickelt wurde. Apps können als Zusatzsoftware auf mobilen Endgeräten installiert werden und erweitern dadurch deren Funktionsumfang. Je nach Betriebssystem kann der Nutzer auf eine Vielzahl von mobilen Applikationen auf dem vom Betriebssystem bereitgestellten Marktplatz kostenpflichtig oder kostenlos zugreifen.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)
UBA Umweltbundesamt

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?553396

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 03:21:59