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Staatliches Krisenmanagement

Erstellt am: 25.11.2021 | Stand des Wissens: 17.01.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Die staatlichen Zuständigkeiten für das Krisenmanagement im Fall eines Extremereignisses werden auf oberster gesetzlicher Ebene durch das Grundgesetz geregelt. Nach Grundgesetzartikel 73 ist der Bund für Zivilschutz im Verteidigungsfall und bei Terroranschlägen zuständig. Der darüberhinausgehende Katastrophenschutz obliegt den Ländern, doch kann der nach Artikel 35 und 87a Grundgesetz Katastrophenhilfe im Rahmen der Amtshilfe leisten und die Länder im Katastrophenfall unterstützen; bei besonderen Gefahrenlagen kann er den Ländern sogar Weisungen erteilen, sofern der Bundesrat nicht widerspricht. Die Wechselwirkungen zwischen Zivil- und Katastrophenschutz werden im Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz geregelt [ZSKGa]. Das Zusammenwirken der Krisenstäbe des Bundes und der Länder wird seit dem Jahr 2004 in ressort- und länderübergreifenden Krisenmanagementübungen (LÜKEX) durchgeführt. Diese Übungsserie wird in einem 2-jährigen Rhythmus fortgeführt [BBK20].

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ist 2004 gegründet worden und liegt als Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums. Es dient als zentrale Stelle für zivile Sicherheit, die alle einschlägigen Aufgaben an einem Ort bündelt. Eine Aufgabe des BBK besteht darin, die Bevölkerung im Verteidigungsfall zu schützen. Es unterstützt beim Schutz von Kulturgütern und kritischen Infrastrukturen. Naturkatastrophen, die beispielsweise kritische Infrastrukturen gefährden, sind ebenfalls Teil des Zuständigkeitsbereichs des Bundesamts. Darüber hinaus informiert das BBK die Bevölkerung über Zivilschutz- und Hilfeleistungsmöglichkeiten und sensibilisiert für Katastrophenfälle. Das BBK plant den Aufbau eines Gemeinsamen Kompetenzzentrums Bevölkerungsschutz. [BBK20a]

Im Übrigen ist der Katastrophenschutz Ländersache (dies folgt aus den allgemeinen Regeln föderaler Zuständigkeiten in den Artikeln 30 und 70 des Grundgesetzes). Die Länder können in Krisensituationen eigenständig entscheiden und Gesetze zum Katastrophenschutz erlassen. Sie stellen Notfallpläne auf und Einsatzkontingente bereit, die im Katastrophenfall für eine schnelle und strukturierte Hilfe sorgen sollen.

Auf kommunaler Ebene werden Verantwortungen im Katastrophenschutz auf öffentliche und private Akteure übertragen. Solche Akteure sind vor allem die örtlichen Feuerwehren, aber auch Hilfsorganisationen wie Deutsches Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, Johanniter-Unfall-Hilfe oder Malteser-Hilfsdienst. Das Technische Hilfswerk, die Bundespolizei und Bundeswehr können im Katastrophenfall ebenfalls Unterstützung leisten. [DKKV19] Das Zusammenwirken von Bundesebene und Länderebene im Katastrophenschutz wird mit den wesentlichen rechtlichen Grundlagen und einigen weiteren Akteuren in Abbildung 1 dargestellt.
4 Krisenmanagement.pngAbb. 1: Verfassungsrechtliche Grundlagen (Darstellung basierend auf [BBK20b])
Der Katastrophenschutz wird am Beispiel des Landes Sachsen exemplarisch dargestellt. Der Behördenaufbau ist in Sachsen dreistufig. [SBRKG]
Das sächsische Staatsministerium des Innern ist die oberste Katastrophenschutzbehörde. Zu seinen Aufgaben gehören die Unterhaltung der Landesfeuerwehr, die Anforderung und Zuweisung von Kräften und Mitteln anderer Bundesländer oder des Bundes und die Bereitstellung von Geräten und Mitteln für die freiwillige Feuerwehr und private Organisationen zum Zwecke des Katastrophenschutzes.
Die Landesdirektion ist die obere Katastrophenschutzbehörde. Sie unterstützt die Landkreise beim Aufbau und der Unterhaltung des Katastrophenschutzes, organisiert landkreisübergreifende Kräfte und Mittel und gewährt Fördermittel für Organisationen.
Die Landkreise und kreisfreien Städte bilden die untere Katastrophenschutzbehörde. Sie sind zuständig für die Vorbereitung der Bekämpfung von Katastrophen, die Leitung der Katastrophenbekämpfung vor Ort und die dringliche Beseitigung von Katastrophenschäden.
Nach dem Eintreten eines Katastrophenereignisses leitet die untere Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde den Einsatz. Sie unternimmt dabei alle Maßnahmen, die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich sind, insbesondere
  • den Einsatz von Kräften, die zur Bekämpfung des Katastrophengeschehens und zur Minderung seiner Auswirkungen geeignet sind, anzuordnen,
  • erforderliche Hilfeleistungen anzufordern,
  • Auskunftsstellen zur Erfassung von Personen zum Zwecke der Vermisstensuche und der Familienzusammenführung einzurichten,
  • die Sammlung und Auswertung von Schadensmitteilungen zu veranlassen. [SBRKG]
Als untere Katastrophenschutzbehörde ist in Sachsen beispielsweise die kreisfreie Stadt Dresden für Katastrophenschutz verantwortlich. Hier gibt es das Brand- und Katastrophenschutzamt, das für das Sirenenwarnsystem, die Feuerwehr und Rettungsdienste verantwortlich ist. Zusätzlich informiert das Brand- und Katastrophenschutzamt die Bevölkerung durch Präsenz vor Ort, in den sozialen Netzwerken und Medien. Die Feuerwehrsatzung regelt in Dresden die Zuständigkeiten der Feuerwehr und ist aufgrund des sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz beschlossen worden [FWS].
Der Katastrophenschutz ist in den anderen Bundesländern ähnlich organisiert. So sind in Nordrhein-Westfalen die Kreise und kreisfreien Städte die zuständigen Katastrophenschutzbehörden, die in Katastrophenfällen das Zusammenwirken von Feuerwehr und Hilfsorganisationen gewährleisten müssen. Auf der mittleren Verwaltungsebene sind die Bezirksregierungen verortet und darüber ist das Innenministerium zuständig. [BHKG] In Nordrhein-Westfalen sind fast 100.000 Einsatzkräfte der hauptberuflichen und freiwilligen Feuerwehr tätig, die im Katastrophenfall von circa 20.000 ehrenamtlichen Mitgliedern von Hilfsorganisationen unterstützt werden. [IMNRW20]
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Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Resilienz von Verkehrssystemen unter besonderer Berücksichtigung des Klimawandels (Stand des Wissens: 26.11.2021)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?543869
Literatur
[BBK20] Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hrsg.) Krisen­übung für den Bevölkerungs­schutz, 2020
[BBK20a] Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hrsg.) Das BBK stellt sich vor, 2020
[BBK20b] Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hrsg.) Organisation der Warnung, 2020
[DKKV19] Deutsches Komitee für Katastrophenvorsorge e.V. (Hrsg.) Was ist Katastrophenvorsorge?, 2019
[IMNRW20] Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) Hilfe in Ausnahmesituationen, 2020
Rechtsvorschriften
[BHKG] Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG)
[FWS] Satzung der Landeshauptstadt Dresden über die Feuerwehr
(Feuerwehrsatzung)
[SBRKG] Sächsisches Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz
[ZSKGa] Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?543686

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 23:22:30